Mittwoch, 26. November 2008

23.11 - 25.11 - Aufbruchstimmung

23.11.2008 – Muskelkater
Diesen Muskelkater werde ich sicher mein ganzes Leben lang nicht vergessen. Schon während des Liegens in der Nacht spüre ich bei jeder noch so kleinen Bewegung jeden Muskel meiner Beine. Als es mich dann doch aus dem Bett treibt, erkenne ich erst das wahre Ausmaß dieser Verspannung. Jede Bewegung muss ganz vorsichtig getan werden, denn sonst sind die Schmerzen unerträglich. Es sind nicht nur die Beine davon betroffen, sondern eigentlich alles von Kopf bis Fuß.

Ich passe daher den Tagesablauf an meine körperliche Verfassung an. Michi und Gabi sind da schon etwas lebendiger und machen Mindelo wieder unsicher. Bewaffnet mit der Kamera begeben sich die beiden auf die Suche nach neuen Motiven. Werner genießt die Ruhe auch ohne Muskelkater und ich schreibe die Erlebnisse der letzten Tage nieder.

Die Zeit vergeht unheimlich schnell und bald ist es später Nachmittag. Ohne dass etwas sich etwas Wichtiges ereignet hat, beginnt es wieder dämmerig zu werden. Hier verlässt uns die Sonne etwa gegen 18.30, eigentlich noch viel zu früh. Und es wird dann sehr schnell dunkel. Auch am Nachbarschiff, auf der Marionette ist es heute schon den ganzen Tag sehr still. Markus und seine Crew haben im Anschluss an die Wanderung die Nacht noch bis um vier in der Disco verbracht. Es war dann nicht zu überhören, als sie wieder an Bord zurückkehrten, in Begleitung von zwei hübschen Schwedinnen, die Gustav, er ist auch Schwede, kennen gelernt hat und ihnen das Schiff zeigen will.

Im Nautic-Club gibt es Crepes, süß und pikant. Das wissen wir schon seit unserem ersten Besuch. Heute ist es endlich soweit, wir gehen Palatschinken essen. Die Wartezeit ist enorm. Anfangs waren wir noch sehr hungrig und jeder von uns wollte sich im Anschluss an eine Crepe mit Käse und Schinken auch eine mit Schokolade, Banane und Kokos bestellen. Während wir so warten, verlässt uns aber der Hunger und wir teilen uns schlussendlich noch zwei süße Crepes.

Wir kehren noch gar nicht spät zurück auf unsere Tattoo und ich falle sehr schnell wieder in meine Koje.

Gute Nacht!


24.11.2008 – Gabi muss uns verlassen
Heute ist Montag, der 24. November. Es ist Gabis vorletzter Tag auf den Kap Verden. Schade! Sie hat leider nicht viel von den letzen Wochen gehabt, außer Zahnschmerzen und Arztbesuche. Zum Glück konnte ihr Dr. Vera Spencer, Zahnärztin und Mutter eines einmonatigen Babys, aus Mindelo, soweit helfen, dass die Schmerzen nachließen. Wahrscheinlich war ein falsches Medikament für die zeitweise unerträglichen Schmerzen die Ursache. Gabi hat wirklich gelitten – und trotz allem waren wir viel gemeinsam unterwegs. Vielleicht hat das etwas geholfen, die Schmerzen zu vergessen?

Mit einem ausgiebigen Frühstück beginnen wir den Tag. Es fehlt uns hier an nichts, denn obwohl fast alles aus dem Ausland importiert werden muss, ist die Auswahl an Produkten in den Supermärkten gar nicht so gering.

In der Markthalle erhält man das Gemüse und Obst, dass auf den kleinen Feldern von den Bauern um Mindelo angebaut wird.

Die Preise der Nahrungsmittel unterscheiden sich allerdings auch nicht sehr von unserem europäischen Niveau. Diesen Unterschied merkt man an der sichtbaren Armut vieler Menschen in Mindelo, die sich hier nur durch Bettelei ihren Lebensunterhalt verdienen können.

Und es vergeht kein Einkauf, wo wir nicht zumindest einmal von einem Burschen oder einem Mann, nie aber von einem Mädchen und nur ganz selten von älteren Frauen, um ein paar Escudos oder auch nur für etwas zu essen angebettelt werden. Es sind meistens dieselben Gesichter – Carlos ist auch so einer, der sich auf eine wirklich liebenswerte Art bemüht, ein paar Escudos zu erhaschen. Und wenn ich eine kleine Münze in der Tasche habe, dann wandert sie in seine Hände. Er bedankt sich dann so intensiv, dass es mir fast unangenehm ist. Carlos ist 13 Jahre alt.

Um 18.00 legt die Marionette ab mit dem Ziel Martinique. Markus, der Skipper, hat jedem seiner Crew nur 450,00 Euro für die Überfahrt von Las Palmas nach Martinique abgenommen. Das war leider etwas zu wenig, wie er sich selbst eingestanden hat. Nun sind nur mehr 450.00 Euro in der Kassa. Zeit zum Ablegen.

Heute wird also der ganze Tag damit verbracht, Proviant zu besorgen, sich für die nächsten zwei Wochen noch einmal ordentlich zu duschen und beim Zoll auszuklarieren. Diese junge Mannschaft waren wirklich nette Nachbarn. Es ist Schade, dass sie uns nun verlassen. Vielleicht trifft man sich aber wieder in der Karibik. Wir wünschen ihnen eine gute Reise und winken ihnen nach, bis sie den Hafen verlassen haben.

Am heutigen Abend wird so gespeist wie am Abend zu Gabis Ankunft vor einer Woche. Es gibt wieder eine kräftige Suppe, diesmal mit Huhn, gekocht von Werner. Denn dass muss auch einmal gesagt werden – Suppe kochen kann er, der Werner!

Um 19.30 ist es dann soweit. Gabi und Michi begeben sich zum Taxi. Um ca. 22.00 geht ihr Flug nach Praia – die Hauptstadt der Kap Verden, auf der Insel Santiago - wo Michi dann auch noch den nächsten Tag verbringen wird.


25.11.2008 – Kiesl reist an
Werner und ich werden heute wieder ein paar Kleinigkeiten am Schiff erledigen. An erster Stelle steht die Montage der Leesegel.

Für alle, die nun wissen wollen, was das ist: Da unser Schiff unter Segel fast nie aufrecht segelt, ist es notwendig, wie bei einem Gitterbett eine Sicherung gegen unerwartetes verlassen des Bettes während der Stunden des Schlafes anzubringen. In unserem Fall sind das keine Holzstäbe, sondern einfach ein Stück Stoff, welches unter der Matratze befestigt wird und mit einem Gurt nach oben gespannt wird. Ob es wirklich hilft, werden wir erst merken.

Sonst tut sich heute nichts Aufregendes.

Abends werde ich dann Kiesl vom Flughafen abholen

Montag, 24. November 2008

17.11 - 22.11.2008 - Cabo Verde

17.11.2008 – In einer anderen Welt
Wir befinden uns nun seit einem Tag in Afrika. Meine Füße betreten erstmals den schwarzen Kontinent. Daher haben wir uns schon vor unserem Besuch von Cabo Verde besonders gründlich vorbereitet und alles, was wir an Informationen über diese Inseln auftreiben konnten, gelesen und mit Freunden gesprochen, die dieses Land und die Menschen schon ein wenig kennen. Trotzdem ist die Welt hier nicht so einfach in Worte zu fassen.

Die Menschen, die hier leben, besitzen ein unheimlich freundliches, offenes und lebensfrohes Wesen – für uns leider meist schon etwas sehr Fremdes und leider wird dadurch eher das Misstrauen als Zutrauen geweckt.

Diese Lebenslust ist für viele Menschen hier deren wichtigstes Kapital, um sich damit nur die lebenswichtigsten Bedürfnisse wie Nahrung und Kleidung verdienen zu können. Es gibt hier auf dieser Insel leider viel zu wenig Arbeit, wahrscheinlich ist es auf den neun anderen Inseln nicht viel anders. Es mangelt an Bodenschätzen und daher gibt es auch keine Industrie und nur sehr wenige Handwerksbetriebe – ich habe zwei Tischlereien in Mindelo gesehen, die aber auch ihre gesamten Rohstoffe importieren müssen. Zum betrieben einer Landwirtschaft fehlt es an Wasser und der Tourismus steckt noch in den Kinderschuhen. Trotzdem bekommt man an jeder Straßenecke ein Lächeln geschenkt. Das sich der Tourismus hier noch nicht so entwickelt hat wie anderswo, hat sicher auch seine guten Seiten.

Für junge Menschen gibt es zwar Schulen, doch danach beginnt der tägliche Kampf ums Überleben. Ausbildungsplätze sind fast keine vorhanden und oft müssen sich schon Kinder durch betteln ihren Lebensunterhalt verdienen, weil auch ihre Eltern keine Arbeit haben und sich als Taglöhner durch das Leben kämpfen müssen. Und oft sind es die Frauen und Mütter, die ganz ohne Unterstützung der Väter ihre oft sehr zahlreichen hungrigen Mäuler mit was essbaren stopfen müssen. Familien mit fünf bis sechs Kindern sind keine Seltenheit.

Wenn wir die wohlbehütete und durch Gittertore – man kann diese nur öffnen, wenn man eine entsprechende Karte besitzt - gesicherte Marina verlassen, werden wir an der Mole sofort von drei, vier, manchmal auch noch mehr Menschen mit einem freundlichen „bondia!“, „oi!“, oder „hello, from where are you?“ empfangen, hauptsächlich sind es junge Burschen, aber auch ältere Männern, aber nie Frauen, die uns ihre Hilfe bei diversen Erledigungen anbieten, natürlich gegen einen kleinen Obolus. Es fällt schon schwer, eine Wahl zu treffen, wem man nun sein Vertrauen schenken soll.

Carlos, dessen Alter ich schwer schätzen kann - ich würde sagen, so zwischen vierzig und fünfzig Jahre wird er alt sein - begleitet mich am ersten Morgen zum Einkauf von Brot und Gemüse. In den Läden führt er mit den meist weiblichen Händlerinnen die Vorgespräche über Auswahl und Preise meiner Einkaufswünsche und zum Schluss greife ich dann in meine Geldbörse und denke mir, dass ist ja fürchterlich teuer. Als sich unsere Wege wieder trennen, entlohne ich ihn mit zweihundert Escudos, das sind zwei Euro. Er hätte zwar gerne ein T-Shirt gehabt, doch das schien mir etwas zuviel für diese für mich nicht gerade günstigen Einkäufe.

Es fällt manchmal wirklich sehr schwer, besonders wenn Kinder zu dir kommen und um Geld für Essen bitten, diese Bitten abzulehnen, aber es kommen einfach zu viele.

An Bord ist heute ein Arbeitstag. Das Schiff muss nun für die Atlantiküberquerung endgültig vorbereitet werden. Ein Ölwechsel ist wieder erforderlich und Michi überprüft auch den Allgemeinzustand des Motors. Es gibt viele, sehr viele Kleinigkeiten zu erledigen, so müssen z.B. Leesegel angefertigt werden, damit wir bei Wind und Wellen nicht aus unseren Kojen fallen.

Mein Weg führt mich in das Büro der Einwanderungsbehörde, um unsere Visa offiziell bestätigen zu lassen. Der arme Polizist des „Emigration Office“ sitzt in einem Verschlag, ca. zweimal zwei Meter groß, nur mit zwei Stühlen und einem wackeligen Schreibtisch eingerichtet. Nur wenige Sonnenstrahlen können sich durch ein kleines Oberlicht und durch die geöffnete Eingangstüre zwängen. Vor sich hat er auf diesem uralten und hässlichen Schreibtisch ein dickes Buch liegen, wo er jeden neuen Gast der Insel mit der Hand einträgt. Aus einem winzigen Transistorradio krächzt Musik, die vom nahe gelegenen Radiosender ausgestrahlt wird. In einer Ecke steht noch eine alte Schreimaschine, zugedeckt und unbenützt, auf einem kleinen Beistelltisch. Sie wird wahrscheinlich nur für besondere Anlässe in Betrieb genommen. So hat es zumindest den Anschein. Ich werde sehr höflich und freundlich empfangen und bedient, alles ohne Hast und Eile.

Es ist heute schon den ganzen Tag über bewölkt und die Temperaturen sind angenehm. Wenn die Sonne jedoch einmal ihre Strahlen ausschickt, dann wird es gleich sehr heiß. Abends kehren wir in der Nähe des Hafens in ein kleines Restaurant ein, wo wir die Crew unseres Nachbarschiffes zufällig treffen.

Das ist eine bunt zusammen gewürfelte Runde. Der Skipper Markus mit Wurzeln sowohl in Belgien wie auch in Deutschland, war auch zur selben Zeit wie wir in Las Palmas und hat dort seine Mannschaft angeheuert. Alles junge und abenteuerlustige Menschen, die über den großen Teich in die Karibik wollen. Nun sitzen wir mit Markus, mit Anja aus der Schweiz, mit Mark aus London und mit zwei Schweden an zwei Tischen und erzählen uns gegenseitig von unseren Erlebnissen. Die vier sind mit Markus in die Karibik nach Martinique unterwegs. Dort werden sich ihre Wege dann wahrscheinlich wieder trennen. Anja trifft trampt bis Kolumbien, wo sie dann ihren Freund treffen will und Markus sucht für ein paar Monate einen Job als Skipper, um sich Geld für die nächsten Ziele seiner Reise zu verdienen.

Es ist schon ganz schön spät, als wir uns endlich auf den Heimweg machen. Aber auch zu später Stunde ertönt von jeder Ecke ein freundliches „Welcome, see you tomorow!“, dann fallen wir müde in unsere Kojen.


18.11.2008 – Gabi kommt
Auch heute gibt es noch viel zu erledigen, doch die Motivation scheint nicht allzu groß zu sein. Nur in sehr mäßigem Tempo setzen wir uns in Bewegung. Während Michi und Werner die Leesegel vorbereiten und dann einige Einkäufe erledigen, kümmere ich mich um die Anreise von Kiesel, der uns über den Atlantik begleiten wird. Im Büro der Kap-Verde-Airlines erkundige ich mich nach den Flugplänen von Sal nach Sao Vicente. Auf der Insel Sal befindet sich der internationale Flughafen. Von hier kommt man dann mit Inlandsflügen auf die anderen Inseln.

Nachmittags holen wir die Wäsche aus der Putzerei und besorgen Lebensmittel für unser Abendessen. Es gibt Heute Suppe und Toasts. Werner wirft sich heute ins Zeug und kocht uns eine herrlich schmeckende Suppe, das Geheimnis deckt Gabi auf, die die vermeintliche Petersilie als Koriander entlarvt.

Kurz nach neun treffen Gabi und Michi ein. Gabi hat eine höllische Woche in Las Palmas verbracht. Ein Zahn hat zu schmerzen begonnen und auch mehrere Besuche in der Zahnklinik konnten ihr Leiden bisher nicht lindern. Nun hoffen wir alle, dass die Medikamente endlich Besserung bringen.


19.11.2008 – Areia Branca
Um acht hab ich genug vom liegen, neben mir träumt Werner noch von Sandflöhen in Miniröcken, während sich Michi schon hin und her wälzt, und ich setz mich nun vor den Blechtrottel und versuche mich an die letzten Tage zu erinnern.

Es hat sich viel ereignet. Alleine die vielen neuen Namen bereiten mir Kopfzerbrechen. Aber es ist wirklich schön, wie man von den Einwohnern von Sao Vicente empfangen wird. Zum Beispiel von Carlos. Er entdeckt mich immer, ganz egal, wann und wo, irgendwann taucht er plötzlich auf und erinnert mich an das T-Shirt, welches ich ihm versprochen habe. Heute ist es soweit. Ich muss mich schweren Herzens von einem grauen Jamaica-T-Shirt trennen und übergebe es ihm feierlich.

Am frühen Nachmittag, nachdem alle wichtigen Dinge erledigt sind, brechen Werner und ich zu einem Spaziergang auf – in die Areia Branca. Vom Hafen geht es immer entlang derselben Straße in den Stadtteil Ribeihro, der an die Berge grenzt. Anfangs ist diese Straße noch relativ gut asphaltiert. Wenn man das Stadtzentrum verlässt, ändert sich der Straßenbelag in Stein grob gepflastert und am Fuße der kargen Berge, die eine natürliche Grenze von Mindelo bilden geht es über in Sand und Schotter. Ich komme vorbei an einfachsten Behausungen, die aber oft Lebensraum für Familien mit fünf oder noch mehr Kindern sind, gebaut, oder besser gesagt, zusammengeflickt aus alten Ölfässern, Autowracks und vielen anderen Dingen.

Hier trennen sich unsere Wege. Werner kehrt um, während ich weiter dem Ziel meiner Wanderung entgegenstrebe, dem kleinen Ort Salamansa an der Ostküste. Ich erblicke mein Ziel leider nicht, denn es ist schon später Nachmittag und ich kehre um, um noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder am Schiff zu sein.

Ich nehme den Weg zurück ins Tal an der anderen Seite der Schlucht, wo ich einen schmalen Pfad entlang wandere, bis ich dann an der Stadtgrenze von Mindelo in der Talsohle die Felder erreiche, auf denen Mais, Gemüse und etwas Obst angebaut werden. Zurück auf die Hauptstraße, die nun voll Leben ist, erreiche ich noch vor der Dämmerung in der Altstadt einen kleinen Park, in dem zufälliger Weise Michi und Gabi auf einer Parkbank sitzen und Gabi gerade vom Zahnarzt zurückgekehrt ist.

Heute Abend kehren wir wieder in das nette Restaurant „Pica-Pau“ ein, was angeblich in Kreolisch soviel wie Specht heißt. Wir lassen uns noch einmal die wirklich ausgezeichnete Fischsuppe servieren. Das wird zumindest durch unzählige Briefe aus aller Herren Länder bestätigt, die die Wände schmücken.

Es ist alles bis auf den letzten Platz voll mit Gästen, immerhin etwas mehr als 20 Personen auf einer Fläche von knapp 15m². Michi und Gabi haben aber klugerweise schon vorher einen Tisch reservieren lassen. Nachdem wir gespeist haben, kehren wir an Bord zurück und genießen die letzten Stunden des Tages.


20.11.2008 – Mindelo
Für heute ist nichts geplant, abgesehen von ein paar kleinen Handgriffen am Schiff. Die Sonne strahlt freudig vom Himmel und wir schwitzen, auch ohne etwas zu tun. Trotz einer Temperatur von fast 30° raffen wir uns am frühen Nachmittag aber auf und begeben uns, jeder mit seiner Kamera bewaffnet, zu einer Besichtigung der Außenbezirke von Mindelo.

Die Stadt mit ihren ca. 60.000 Einwohnern wird auf der einen Seite vom Atlantik umschlossen, die anderen Grenzen bilden trockene Täler, die als enge Schluchten an den Hängen felsiger Berge enden, deren Höhe zwar ca. 250 bis 350m nicht übersteigt, die aber trotzdem furchterregend wirken. Kein einziger Baum wächst in dieser faltigen Felslandschaft und auch andere Pflanzen sind kaum zu entecken.

Wir schlendern entlang der Uferpromenade, vorbei am Hafengelände, an halbverfallenen Industrieanlagen, an einer Wand voll mit handgemalten Bildern, deren Motive an Umweltschutz, Gesundheit und Bildung erinnern sollen und knipsen alles, was sich uns in den Weg stellt. Wir erreichen ein Kraftwerk, wo laute und stinkende Generatoren für die Stromversorgung arbeiten und verlassen hier die asphaltierte Hauptstraße. Nebenstraßen sind meist noch mit Natursteinen gepflastert. Alle anderen Gassen und Wege sind aber nur mehr staubige Feldwege mit großen Löchern in der Fahrbahn und auf so einem befinden wir uns nun. Hohe Mauern grenzen Privatbesitz von öffentlichem Grund ab und sind an der Krone mit Glasscherben bedeckt, um unwillkommene Besucher zu verscheuchen – der Anblick ist auch wirklich abschreckend.

Kleine Hügel, die die Ebene der Stadt unterbrechen, teilweise sogar mit etwas Grün bewachsen, werden aber leider immer mehr der hier herrschenden Wohnungsnot geopfert. An den Hängen mit einem herrlichen Blick auf den Ozean lassen die Reichen der Stadt ihre Villen bauen.

Als wir an so einer Baustelle vorbei kommen, werden wir von zwei älteren Herren eingeladen, deren fast fertiges Haus zu besichtigen. Würde der eine, er ist 74 und stammt von der Insel Santo Antao, die arbeiten am Haus seines Freundes nicht überwachen, so wäre ein Ende nicht abzusehen – versucht er uns in gebrochenem Englisch zu erklären. Wir sehen ein äußerst großzügig eingerichtetes Haus mit vier Etagen, drei Garagen, wunderbarer Aussicht, deren Besitzer weit über dem hier üblichen Lebensstandard leben müssen.

Nach diesem sehr kontrastreichen Ausflug besorgen wir Zutaten für ein Eintopfgericht. Wir probieren einmal Gemüsesorten, die wir daheim nur von Bildern oder vom Naschmarkt kennen. Aus Süßkartoffeln, Yamswurzel, Bananen, Karotten und noch ein paar anderen Zutaten entsteht ein köstliches Eintopfgericht.

Anschließend überlegen wir, ob wir morgen nicht die Insel Santo Antao besuchen sollen. Gabi hofft, dass die schon seit Tagen anhaltenden Schmerzen, verursacht durch einen winzigen, aber sichtlich sehr bösartigen Zahn, endlich nachlassen.

Jeder von uns hat sich schon mit Santo Antao beschäftigt. Es klingt alles wirklich sehr aufregend, was man über diese Insel liest und was man auf beeindruckenden Bildern zu sehen bekommt.

Diese Insel ist fast doppelt so große wie Sao Vicente, aber noch dünner besiedelte. Man kann sie am Tag im Dunst von Mindelo aus erahnen. Täglich verkehren zwei Fähren zwischen Mindelo und Porto Novo. Ganz im Gegensatz zu der sehr trockenen und wüstenhaften Landschaft von Sao Vicente ist Santo Antao eine Insel mit sehr üppiger Vegetation, mit steil in den Himmel ragenden Gipfeln und mit wild zerklüfteten Tälern, in denen an der Talsohle das Wasser als Lebenssaft für die hier sehr intensiv betriebene Landwirtschaft, in großen Steinbecken gesammelt wird. Die Hänge der Berge, deren höchste Gipfel über 1.800m in den Himmel ragen sind wie bei uns daheim mit Fichten- und Kieferwäldern bewachsen. Das klingt eigentlich unglaublich.

Michi und Gabi machen dieses Vorhaben aber von Gabis Befinden ab. Werner, den man mit so einem Ausflug nicht so richtig motivieren kann, schließt sich den beiden an. Nun muss ich mich aber schlafen legen, denn ich will in jedem Fall die Insel besuchen. Unser Nachbarschiff hat das ebenfalls vor und so muss ich in keinem Fall alleine nach Santo Antao reisen. Schnell fülle ich den Rucksack mit Schlafsack, Pullover, usw. und dann lieg ich auch schon im Bett und träume von morgen.


21.11.2008 – Santo Antao

Um Punkt sechs läutet mein Wecker. Michi und Werner sind auch schnell aus den Federn. Leider hat Michi aber keine guten Nachrichten. Gabi ist in der Nacht wieder von fürchterlichen Zahnschmerzen gequält worden und so wird heute nichts aus unserem gemeinsamen Ausflug. Werner, der verschlafen an seiner Morgenzigarette zieht, ist darüber scheinbar nicht so unglücklich und fällt auch sofort wieder in sein Bett.

Ich stopfe meinen Rucksack noch mit etwas Proviant, Fotoapparat, Hängematte und als ich ihn mir über die Schulter werfe, muss ich aufpassen, nicht hilflos wie ein Maikäfer am Rücken zu fallen. Hab ich zuviel mitgenommen? Egal, wer weiß, ob wir davon nicht doch einiges benötigen werden.

Meine Begleiter für dieses Abenteuer sind die Crew der „Marionette“ - Markus aus Belgien, mit deutschen Wurzeln, Anja aus Luzern in der Schweiz, Mark aus Portmouth bei London, Johann aus der zweitgrößten Stadt Schwedens (deren Namen ich aber wieder vergessen habe) und der Einhandsegler Klaus aus Düsseldorf. Zu sechst begeben wir uns zu morgendlicher Stunde an den Ticketschalter der Fährlinie Ribeira Paul. Hier gelangt man um 350 Escudos nach Porto Novo, während man für die etwas größere Fähre der Linie Amras gleich das Doppelte zahlen müsste.

Pünktlich um halb acht legen wir vom Fährhafen in Mindelo ab und nach etwa einer Stunde erreichen wir den kleinen Hafen von Porto Novo. Obwohl wir uns auf der Insel Santo Antao befinden, ist hier noch nichts von der so oft beschriebenen üppigen Vegetation zu sehen. Der Ort ist grau und staubig und man fühlt sich hier nicht sehr wohl. Ständig werden wir von eifrigen Taxilenkern angesprochen, ob wir nicht deren Dienste in Anspruch nehmen wollen. Als wir ihnen zum wiederholten Male erklären, zu Fuß die Insel entdecken zu wollen, bekommen sie einen fast verzweifelten Gesichtsausdruck und wollen uns mit allen erdenklichen Mitteln von diesem Vorhaben abbringen. Aber wir sind nicht umzustimmen.

In einem kleinen Lebensmittelladen versorgen wir uns mit Proviant für die nächsten zwei Tage. Dann heißt es, den Weg, der uns auf den zweithöchsten Berg der Insel, auf den Pico de Cruz, führen soll, zu finden. Eine kleine Straße zweigt nach rechts ab. Links und rechts stehen nur mehr wenige sehr einfache Häuser. Dieser Weg führt entlang eines ausgetrockneten Flussbetts direkt in die, von hier aus gesehen, noch sehr trockene Berglandschaft.

Wir kommen flott voran. Die Sonne glüht zwar am Himmel, doch ein kühler Windhauch macht die Hitze erträglich. Nach ca. 1 ½ Stunden erreichen wir Mesa, ein verlassenes Anwesen, inmitten einer steppenartigen Landschaft. Wir befinden uns nun am Fuße der immer steiler werdenden Hänge, die wir nun erklimmen müssen. Von hier wird aus dem bisher noch befahrbare Weg nun ein Pfad, der abwechselnd auf steinigen, dann wieder auf ausgetretenen erdigen Untergrund steil bergan führt. Bald haben wir auch die Höhe von tausend Metern erreicht, doch unsere Kräfte müssen noch einmal für fünfhundert Höhenmeter ausreichen. Der Rucksack wird immer schwerer und die Schritte werden immer kürzer. Endlich erreichen wir die Grenze, an der die Landschaft beginnt, grün zu werden. Zuerst wächst dünnes Gras aus dem trockenen Boden, dann werden die Wiesen immer dichter und höher, Sträucher bedecken den Boden und endlich erreichen wir die ersten Nadelbäume, die mit ihrem kühlenden Schatten für ein wenig Erholung sorgen.

Es ist schon spät am Nachmittag, als wir endlich unser Ziel erreichen, den Pico de Cruz. Wir stehen auf einer Straße, direkt am Kamm des Berges errichtet, in einer Höhe von ca. 1.500m über dem Meer und haben einen phantastischen Ausblick auf Sao Vicente. Als wir jedoch auf die andere Seite der Straße schauen, ebenfalls in Erwartung eines grandiosen Panoramas, werden wir herb enttäuscht. Nur eine undurchdringbare Wand aus weißen Wolken ist zu sehen.

Unsere Wasservorräte sind nach diesem Aufstieg fast vollständig geleert und wir müssen uns auf die Suche nach neuen Vorräten machen. Zu unserem Glück kommt genau in diesem Augenblick ein einsamer Wanderer die Straße entlang und er führt uns zu einem kleinen Hof, der im wertvollen Besitz einer eigenen Quelle ist. Eine sehr hilfsbereite Bäuerin nimmt unsere Flaschen und füllt sie mit klarem Bergwasser.

Wir begeben uns auf die Suche nach einem Schlafplatz für die kommende Nacht. Bald haben wir auch eine geeignete Stelle gefunden, direkt unter einer schützenden Felswand, darüber mit Bäumen bewachsen. Immer wieder werden wir von alten und jungen vorbeikommenden Menschen sehr freundlich begrüßt und jedes Mal versuchen sie mit uns ein wenig über uns zu erfahren. Manche wollen uns auch einladen, so glaube ich zumindest aus ihrer Gestik erkennen zu können. Es tut richtig weh, wenn sie trotz sehr viel Mühe dann merken, dass wir sie nicht verstehen können. Es sind die Bewohner der umliegenden Höfe, die es nicht glauben können, dass ein paar verrückte Touristen hier unter freiem Himmel schlafen wollen. Keiner schafft es aber, uns von diesem Vorhaben abzubringen.

Wir verbringen eine herrliche Nacht unter unendlich viel Sternen, trotz eines kühlen Windes. Nur Johann aus Schweden muss frieren, denn er hat keinen Schlafsack. Zum Glück hab ich mich mit meinem Rucksack nicht ganz umsonst abgerackert, denn nun kann ich ihm zumindest ein wenig aus seiner Not helfen.


22.11.2008 – Müde Knochen
Noch bevor die Sonne hinter den Bergen wieder auftaucht, sind wir auf den Beinen. Wir verzehren unsere restlichen Vorräte, packen unsere Schlafsäcke zusammen und suchen in der Karte den richtigen Weg nach Paul. Ein netter Herr, der sich gerade auf dem Weg zur Arbeit befindet, zeigt uns die Stelle, wo man von der Hauptstraße nach Paul abzweigen muss.

Das, was uns gestern unter den Wolken verborgen geblieben ist, zeigt sich dafür heute in voller Pracht. Wir blicken in einen riesigen Krater, dessen steile, stufenförmig abfallende Wände fast vollständig mit Grün bedeckt sind. Schon vor langer Zeit haben die hier lebenden Menschen auch an den extremsten Stellen in diesem Trichter Terrassen zum Anbau von Mais, Zuckerrohr und anderen Pflanzen in mühevoller Handarbeit errichtet. An den Stellen, wo die Felswand senkrecht in die Tiefe fällt, findet das Wasser seinen Weg in die dafür errichteten Sammelbecken im Tal. Je weiter der Blick nach unten fällt, umso üppiger wird das Grün. Hier wachsen tropische Pflanzen genauso wie Äpfel, Birnen und anderes Obst, welches auch in unseren Breiten gedeiht.

Der Weg führt eng an die Wand gepresst in das Tal. Teilweise ist der meist steil abfallende Pfad grob gepflastert, teilweise wird der Höhenunterschied durch Stufen überwunden, teilweise geht man auf Erdboden und manchmal muss man einen Umweg nehmen, wenn der Weg nach dem letzten Unwetter in zerstört wurde. In unzähligen Kurven windet sich dieser Weg entlang der faltigen Kraterwand und wir nähern uns nur sehr langsam der Talsohle.

Wir haben erst ein kurzes Stück des Weges zurückgelegt, als uns eine Familie mit drei Kindern, Mutter und Vater und Esel im Laufschritt überholt. Das kleinste der Kinder sitzt auf den Schultern der Mutter, die beiden älteren Mädchen, so zwischen acht und zwölf, tragen jede einen Bund Holz am Kopf und der Vater muss immer wieder an der Leine des Esels zerren, damit sich dieser auch bequemt, in das Tal zu bewegen. Was muss das für ein anstrengendes Leben hier in den Bergen sein?

Ich muss höllisch acht geben, um ja keinen falsche Schritt in diesem Gelände zu machen. Trotzdem schießen mir die wildesten Gedanken durch den Kopf. Es ist für uns Großstadtmenschen einfach nicht mehr vorstellbar, wie die Menschen hier oben am Berg ihr Leben meistern. Es gibt hier weder Autos oder LKWs - außer den Sammeltaxis - noch Traktoren für die Bearbeitung der Felder, denn diese sind meist nur zu Fuß zu erreichen. Oben am Berg gibt es keinen Strom und natürlich auch kein Flieswasser. Die Hütten, in denen meist eine Großfamilie lebt, sind winzig, haben meist keine Fenster und der Boden ist aus Lehm. Und wenn ich dann diese Lebensfreude in den Augen dieser Menschen sehe, diese Neugier in den Augen der Kinder und Erwachsenen, dann fühle ich mich gar nicht wohl in meiner so gut geschützten und verwöhnten Haut.

Langsam nähern wir uns dem Ende unserer Wanderung. Zwischen dem üppigen Grün stehen die ersten Höfe der Grundstückspächter. Die Eigentümer dieser fruchtbaren Böden sind meist noch immer Großgrundbesitzer, die gegen einen entsprechenden Zins ihre Gründe an die hier lebende Bevölkerung verpachten.

Endlich stehen wir vor der erlösenden Botschaft in Form einer einfachen Tafel an einem Lichtmast genagelt: Bar/Restaurant à 100m. Wir wandern die letzten Meter bis zur Einkehr durch den kleinen Ort Paul, der sich eigentlich über das ganze Tal erstreckt.

Sandro Lacerenza aus Toulouse lebt seit ca. fünf Jahren in dieser noch sehr verschlafenen Gegend. Er hat sich aber nicht nur in eine Frau aus diesem Dorf verliebt, sondern gleich in den ganzen Ort. Wir werden von Sandro schon am Eingang seiner Bar empfangen und in sein Lokal geführt. Man sitzt im Erdgeschoß auf einer sehr schmalen Veranda auf selbst gezimmerten Tischen und Stühlen, im angrenzenden Zimmer steht ein Doppelbett mit einem Stoff-Koalabären in der Mitte, dahinter befindet sich die Küche, in der nun fünf Hühner mit Pommes zubereitet werden. Wir werden vom Wirt auf ein Glas Zuckerrohr-Punsch eingeladen, um die Wartezeit auf das Essen zu überbrücken.

Nach einer Erholungspause bestellt uns Sandro um 13.00 Uhr ein Aluguer – ein typisches Sammeltaxi – das auf den Kap Verden als wichtigstes Verkehrs- und Transportmittel die Straßen bevölkert. Wir besteigen einen modernen japanischen Kleinbus und fahren dann irrwitzige Straßen bis wir zum Ausgang des Tales gelangen. Es gibt am Weg eine große Baustelle, wo die Straße erneuert wird. Hier führt der provisorische Weg durch das Flussbett. Dieses tolle Abenteuer ist 550,00 Escudes wert.

Als wir an die Küste kommen, wird unser Aluguer am Beginn einer kleinen Ortschaft von einem am Straßenrand wartenden Mann angehalten. Er mustert uns alle sehr genau und veranlasst dann, dass unser Gepäck auf den Dachträger umgesiedelt werden muss. Nach einer kurzen Zeit des Wartens stehen plötzlich neun Personen vor der Schiebetür, alle zum Einsteigen bereit. Nun wird es eng, denn wir sind nun 16 Insassen in dem kleinen Bus und haben noch den größten Teil des Weges, ca. 45km, nach Porto Novo vor uns. Einige der Fahrgäste sind zwar schon älter, jedoch so eine Enge trotzdem nicht gewöhnt und beschweren sich deshalb auch lautstark, aber ohne Erfolg, beim Agenten des Aluguers.

Ich bin in der letzten Reihe ganz gut untergebracht und versuche nun Blicke von der traumhaft schönen und manchmal sehr bizarren Landschaft zu erhaschen. Es geht nun steil hinauf in eine für uns unbekannte Berglandschaft, immer wieder unterbrochen durch enge Schluchten. Wir fahren durch kleine Dörfer, vorbei an einsam gelegenen Höfen und an unzähligen Menschen, die überall die Straßen bevölkern. Ich versuche mit meiner Kamera so viel wie möglich einzufangen, obwohl das in dieser Enge nicht leicht ist.

Endlich erreichen wir nach fast zwei Stunden Porto Novo. Am Verkaufsstand oberhalb des Hafens kaufen wir die Tickets für die Rückfahrt. Es ist noch eine Stunde zeit, bis die Fähre ablegt. Wir verbringen diese Stunde in einer Bar in der Nähe des Hafens.

Plötzlich tauchen drei mir sehr vertraute Gesichter auf. Gabi, der es heute zum Glück schon viel besser geht, Michi und Werner haben auch einen Ausflug nach Santo Antao gemacht. Sie haben sich den ganzen Tag vom Fahrer eines Aluguers die Insel zeigen lassen. Nun sind wir wieder vereint und kehren am Abend in das sehr gepflegte Cafe Casa Mindelo ein, wo wir auch ausgezeichnet Essen. Bald falle ich in meine Koje, denn ich bin heute wirklich todmüde.

Montag, 17. November 2008

09.11. - 16.11.2008 - La Gomera (Kanarische Inseln) - Sao Vicente (Kap Verdische Inseln)

09.11.2008 – Die zweite große Überfahrt
Wir sind heute mit den letzten Vorbereitungen zu unserer zweiten großen Übefahrt beschäftigt. Von San Sebastian nach Mindelo auf der Insel Sao Vicente sind es ca. 800 nm. Wir rechnen mit ungefähr acht Tagen, die wir für diesen Schlag benötigen werden.

Wir finden nach einigen Anfragen an die hiesige Bevölkerung einen respektablen Supermarkt, der auch sonntags geöffnet hat und können uns hier mit den noch fehlenden Nahrungsmitteln versorgen. Auch eine Bäckerei finden wir und bei einem Gemüse- und Obsthändler versorgen wir uns mit frischem Obst und Gemüse.

Dann eile ich noch schnell in ein Internet-Cafe und kann die Homepage am letzten Stand bringen, während Michi und Werner das Schiff für die Abreise fertig machen. Um 16.30 Uhr sind wir nach einer heißen Dusche zum Ablegen bereit. Wir verabschieden uns noch von Wolfgang und Christel, die nun bald ihrem Heimaturlaub antreten.

Unseren Liegeplatz haben wir schon mittags bezahlt, denn das Büro hat sonntags nur bis 13.00 Uhr geöffnet. Die Dame im Büro, die unsere Rechnung geschrieben hat, war zwar sehr nett, doch der Preis gefiel uns gar nicht. Bei der Anmeldung, gleich nach unserer Ankunft am Donnerstag, erkundigte ich mich noch extra nach den Liegeplatzkosten, und eine andere Mitarbeiterin der Marina nannte mir 13 Euro als Tagespreis, nicht exakt, aber in dieser Größenordnung. Und nun wollte man uns mehr als das Doppelte abknöpfen, 28 Euro. Man hat nämlich hier die Fläche des Liegeplatzes und nicht wie in Spanien bisher überall üblich, die Fläche unseres Schiffes (10,84 x 3,20m) zur Berechnung des Preises herangezogen. Und da wir eigentlich unfreiwillig im Paket mit einem zweiten Schiff einen Liegeplatz nutzen, hätte die Marina gleich doppelt verdient. Nicht mit uns!

Michi hinterließ eine stinksaure Marinadame, die zwar vielleicht gar nicht selbst schuld an der Misere war, sondern dieses EDV-Programm, wie sie uns immer wieder klar machen will, doch er bleibt hart und zahlt 42,00 Euro für 3 Tage, wie ursprünglich vereinbart war.

Um 16.50 (laut Logbuch) verlassen wir San Sebastian. Die Sonne lacht herab und der Wind versteckt sich – die See ist ruhig wie selten zuvor. Die Maschine brummt und es geht nun in südwestliche Richtung nach Sao Vicente, unserem ersten Ziel auf dem Kap Verdischen Archipel. Ich werfe einen letzten wehmütigen Blick auf die wunderschöne Insel La Gomera, bevor sie von der Nacht geschluckt wird. In der Dunkelheit folgen uns noch stundenlang die Lichter von Teneriffa, La Gomera und am längsten, nämlich bis fast am nächsten Morgen, die von El Hierro.

Michi wacht einsam an Deck und der Halbmond zieht seine Bahn über uns zurück.


10.11.2008 – Der Wind kommt
Pünktlich um Mitternacht: “Meixi, es ist soweit!“ und ich bin schon munter. Schnell in Trainingshose und Leiberl schlüpfen und die Nachtschicht beginnt. Deutlich sind die Lichter von El Hierro im Westen zu erkennen. Ansonsten ist es stockdunkel, abgesehen vom schon recht hellen Halbmond, nur wenige Sterne leuchten daher vom Himmel.

Mit der Stirnlampe am Kopf vertiefe ich mich in den Valle-Boten Nr. 62, der aktuellsten Ausgabe des absoluten Muss-Magazins der deutschen Enklave auf La Gomera. Damit bleibst du wirklich am Ball, weißt was los ist in Gomera, politisch, gesellschaftlich und sonst nicht viel. Es ist sehr amüsant, die witzigen Artikel zu lesen – das ist ehrlich gemeint. Und es ist wie am Rest unseres Planeten: Korrupte Politiker legen ihre Wähler aufs Kreuz, Nachbarschaftskriege werden um Esel ausgefochten, Umweltskandale wie der um die versiegenden Quellen von Epina, usw. – es ist was Los auf La Gomera.

Und es ist auch bald 02.00 Uhr – Werner übernimmt die nächste Wache – und ich liege in der Koje, lese noch ein paar Zeilen der „Sturmflut“ von M. und bin lande bald sanft im Land der Träume.

“Meixi, es ist soweit!“ – was, schon wieder? Michi weckt mich sanft, trotzdem brauche ich etwas Zeit, um dem Morgen in die Augen schauen zu können. Dann spring ich in mein Gewand und sitz nun von 06.00 bis 08.00 meine zweite Wache ab. Die schwachen Lichter El Hierros kann man im Dunst noch erkennen.

Um 07.00 Uhr schreit die Sonne: „Halt mich fest!“ Ich stürze in meine Kabine, hol die Kamera und beginn nun wie ein Irrer zu knipsen. Die Sonne steigt in wunderschönen Farben aus dem Meer empor und ich hoffe, dass zumindest ein Bild gelungen ist.

Es ist kurz vor 08.00 Uhr, als plötzlich Konturen eines Schiffes hinter uns am Horizont sichtbar werden. Ich starte nochmals das Radar, um seinen Kurs zu bestimmen. Es nähert sich schnell und gerade, als Werner seine Wache beginnt, zieht ein riesiger Tanker an unserem Heck vorbei. Dies war seit unserer Abfahrt von San Sebastian unsere zweite Begegnung mit Schiffen auf See. Wir rätseln, wie viele Schiffe uns bis Mindelo noch begegnen werden, sicher nicht viele!

Während Michi und ich noch faul in der Koje liegen, frischt der Wind auf und Werner setzt vorerst einmal das Vorsegel. Der Motor wird nach 15 Stunden gestoppt und nun ist es auf einmal herrlich ruhig.

Um 10.00 bereiten wir unser erstes Frühstück an Bord zu. Nicht einfach, wenn man nur mit einer Hand herrichten kann, mit der zweiten Hand immer etwas sucht, um sich daran festzuhalten. Doch beim derzeitigen Wellengang ist eine Hand unbedingt zum Festhalten abgestellt.

Während des Frühstückens klammern wir uns irgendwo im Cockpit dann fest und versuchen, Häferln, Thermoskanne, Teller, Besteck, Brotkörberl, Wurst und Käse, Müsli, usw. so gut es geht, entweder aufzufangen, wenn es schon fliegt oder festzuhalten, bevor es zu fliegen beginnt – nicht einfach, aber je mehr wir gefrühstückt haben, umso einfacher wird es.

Anschließend wird das Geschirr abgewaschen, alles weggeräumt und zur Morgentoilette übergegangen. Danach beginnt der Arbeitstag – lacht nicht – auch hier wird gearbeitet. Punkt eins unserer Liste: Setzen des Großsegels, der Wind hat inzwischen von NO auf O gedreht und wir können nun einen Halbwindkurs segeln. Der Windpilot wird aktiviert, jedoch müssen wir uns heute ganz schön anstrengen, bis unsere Tattoo den Kurs, den wir fahren müssen, auch halten kann. Schuld daran ist der Wind (wer sonst?), der leider nicht so konstant bläst, wie es die Windfahnensteuerung gerne hätte. Endlich können wir lautlos über den Ozean gleiten. Punkt zwei: Schleppangel ausbringen.

Arbeit gibt es immer und ausreichend. Wir führen dazu eine Liste, die wie ein Perpetum-Mobile immer in Bewegung ist, also nie endet. Man streicht oben einen Punkt als erledigt weg und schreibt unten einfach einen neuen offenen Punkt dazu. So einfach ist das Leben. Wir haben aber die Freiheit, die Arbeit auszuwählen, je nach aktueller Laune. Es soll damit aber nicht der Eindruck erweckt werden, die Tattoo sei eine ewige Baustelle – ganz im Gegenteil.

Es ist immer wieder erschreckend, was so auf anderen Schiffen los ist, zumindest was wir so bei einem oder zwei Bier zu hören bekommen.

Hier ist so eine Geschichte: Wir sitzen am Abend vor unserer Abfahrt von San Sebastian in einem gemütlichen Gastgarten einer Bar, zusammen mit Christel und Wolfgang von der Liv und Eva und Bernie von der Kismet. Die beiden kommen auch aus Bayern und sind nun schon seit zwei Jahren unterwegs. Begonnen hat die Reise in Berlin, von dort fuhren sie über Kanäle und Flüsse durch Holland, Belgien und Frankreich bis in das Mittelmeer.

In der Straße von Messina, eine der weltweit am stärksten befahrenen Wasserstraßen, sind sie ganz ohne Vorwarnung in einen Sturm geraten. Und dann ging es Schlag auf Schlag: der Motor war plötzlich defekt und zu allem Unglück brach auch noch der Großbaum, sodass die 11m lange Kismet fast manövrierunfähig den kurzen und steilen Wellen und 40 Knoten Wind ausgesetzt war. Zum Glück waren Fischer rechtzeitig zur Stelle und schleppten die Kismet in einen sicheren Hafen. Bei solchen Geschichten ist jeder von uns sehr froh, solchen Erlebnissen bis jetzt entkommen zu sein. Und so soll es bleiben!

Zurück an Bord der Tattoo. Plötzlich merken wir einen Zug an der Schleppleine. Wir erkennen das, wenn sich das rote Gummiband dehnt, welches zwischen Schleppleine und Reling fixiert ist. Und wenn sich das Gummiband dehnt, dann hängt etwas am Haken. Schnell werden alle anderen Arbeiten kurzfristig unterbrochen und alle Utensilien zur Beuteverarbeitung hervorgeholt. Dazu gehört ein Plastikkübel, ein Entschupper -bestehend aus einer 20cm langen und 1 x 1 cm starken Holzleiste, an einem Ende mit einem Kronenkorken bestückt, wie man ihn auf jeder Bierflasche findet und ein Schlachtmesser. Und natürlich ein Totschläger im Format eines Baseballschlägers, nur im Maßstab 1:10. Den bedient Werner, ich muss in diesen Momenten wegschauen.

Werner und Michi rollen die Leine langsam ein, das dauert immer einige Minuten. Plötzlich lässt der Zug an der Leine nach, kurz bevor unser Abendessen mit dem Cacher an Bord geholt werden sollte, gelingt dem Fisch aber die Flucht. Glück für den Fisch – als Trophäe trägt er nun einen Haken unseres Köderfisches im Maul (der Arme), Pech für uns. Die Leine wird wieder zu Wasser gelassen und ausgerollt.

Ich fasse mich kurz: erst im dritten Anlauf gelingt es uns, die Beute an Bord zu bringen. Die Sorte ist uns leider nicht bekannt, wir finden sie auch in keinem unserer Bücher. Eine kurze Beschreibung: Länge ca. 30 bis 35cm, flacher Körper, silberfarben, Bauch gelb, schwarze fast über die gesamte Länge durchgehende Rückenflosse und eine schön gegabelte Schwanzflosse, sehr gut im Geschmack.

Wir speisen heute erstmals im Salon, denn es ist sitzend an einem Tisch etwas gemütlicher. Es gibt Fischfilets mit kanarischen Kartoffeln, Gurke- und Karottensalat.

Mit vollem Bauch segeln wir nun in die zweite Nacht. Der Wind trägt uns mit 12 bis 15 Knoten sanft über die Wellen, wir machen dabei 5,5 bis 6 Knoten Fahrt und wir genießen das Leben.

Unser heutiges Tagesetmal betrug 127 nm, wir sind damit nicht unzufrieden. Seit der Schiffsbegegnung heut in der Früh waren völlig alleine unterwegs.


11.11.2008 – 100 Tage Bordleben
Und auch Faschingsbeginn um 11.11! Ich übernehme die dritte Wache, nach Werner und Michi, von 02.00 bis 04.00 Uhr morgens, und von 08.00 bis 10.00 die letzte Wache dieser Nacht. Der Wind hat an Stärke zugenommen, derzeit ca. 20 Knoten, die Wellen sind damit auch gewachsen und ab und zu verirren sich einige Spritzer Meerwasser in meine Kabine und ich beginne sofort, alle feucht gewordenen Sachen zu trocken zu legen und vom salz zu reinigen.

Die Wache erfordert heute etwas mehr Konzentration als sonst, denn Tattoo hat schon einige (allerdings erfolglose) Versuche unternommen, aus dem Runder zu laufen. Es ist wie verhext, aber wir benötigen sehr viel Geduld und Zeit, bis wir unseren kurs stabil halten können.

Es ist gerade 10.00 auf unserer Uhr, Michi und Werner schlafen noch tief und fest und ich schreibe Tagebuch. Es ist Zeit, das frühstück vorzubereiten. Mein Magen knurrt schon bösartig und ich will ihn nicht noch mehr reizen. Auch heute gibt es einiges zu erledigen. Zu allererst müssen wir unsere Windfahne neu justieren. Ein ständiges Korrigieren des Kurses durch das Hauptruder ist sicher nicht im Sinne des Erfinders. Unser Watermaker, der eigentlich wöchentlich in Betrieb genommen werden soll, liegt nun schon seit fast zwei Wochen in der Achterkabine. Es ist also höchste zeit, wieder einige Liter Salzwasser zu entsalzen. Der Geschmackstest fällt gut aus, obwohl das gewonnene Trinkwasser fad schmeckt.

Die Schleppleine wird auch wieder zu Wasser gelassen. Obwohl der Wind am Nachmittag schwächer wird, machen wir noch immer 5 Knoten Fahrt. Der Kanarenstrom trägt uns auch mit wenig Wind zum Ziel.

Plötzlich fliegt etwas kleines über unser Schiff, macht kehrt und setzt sich für einen kurzen Moment auf Michis Knie. Ein kleiner Vogel in der Größe eines Spatzes hat einen Landeplatz gesucht. Wir sind erstaunt, wie weit sich dieser winzige Vogel auf das offene Meer gewagt hat, denn bis zur nächsten Küste sind es fast 300 km.

Es ist schon am späten Nachmittag, als sich ein leichtes Zucken und Zerren an der Angelschnur bemerkbar macht. Frische Beute hängt am Haken. Michi und Werner holen die Leine behutsam ein und ein Fisch derselben Gattung wie schon am Vortag hängt am Köder. Wir sind sehr erfreut und Michi zerlegt den Fang fachmännisch, bevor er in den Kühlschrank wandert. Denn heut gibt es Fiakergulasch, mit Spiegelei und Essiggurkerl. Statt der Semmelknödel essen wir Brot dazu.

Bevor wir Abendessen, schläft der Wind gänzlich ein und wir starten wieder die Maschine. Es ist auch schon notwendig, die Batterien sind fast leer und müssen geladen werden.

Wir speisen wieder im Salon und einer von uns wirft alle 10 Minuten einen Blick nach draußen. Anschließend wollen wir eine Runde Domino spielen, als die friedliche Einsamkeit durch ein Licht am Horizont unterbrochen wird. Wir starren gebannt auf unseren Radarmonitor. Die Entfernung beträgt ca. 12 nm, wir nähern uns jedoch langsam aufeinander zu. Wir kehren an den Spieltisch und beginnen eine Dominopartie. Regelmäßig werfen wir aber einen Blick in die Ferne und nähern uns langsam an. Das Schiff scheint jedoch ein Fischer zu sein, der nur sehr langsam unterwegs ist, bis wir ihn schließlich an ihm vorbei fahren. In so einem Moment fragen wir uns dann, ob uns der auch gesehen hat?

Es ist stockfinster, der Mond versucht sich einen Weg durch die Wolken zu bahnen und die Luft bewegt sich wieder, sodass wir wieder Segeln können. Also rauf mit dem Großsegel, die Genua ausrollen und die Windfahne einstellen. Der Wind kommt direkt von hinten und wir müssen das Großsegel mit einem Bullenstander sichern. Leider reagiert die Windfahne manchmal etwas zu spät und die Segel stehen back. Wir ändern daher den Kurs und fahren nun in Richtung Süd, um den Wind etwas mehr von der Seite zu bekommen.

Die Wacheinteilung ist etwas aus dem Rhythmus gekommen. Meine Wache ist heute die erste. Immer wieder muss ich den Kurs korrigieren, den der Wind ändert leider ständig die Richtung, er ist einfach etwas zu schwach. Um Mitternacht beratschlagen wir, wie wir es besser machen können. Ich bin froh, in der Koje zu liegen und ein paar Stunden zu schlafen.


12.11.2008 – Alleine
Die Wache von ½ fünf bis um sechs verläuft ruhig, dann nochmals eine Runde schlafen bis um 09.00 Uhr. Ich löse Michi ab und schreibe währenddessen an meinem Tagebuch weiter. Ich genieße diese Zeit sehr – das gefühl, so mutterseelen alleine auf diesem riesigen Ozean zu sein ist einfach irre.

Gestern nach dem Abendessen spielten wir mit voller Lautstärke Wolfgang Ambros, dazu das Meer, der Mond – fast Vollmond – und die Sterne. Ich beobachte immer wieder die Wellen, wie sie sich langsam von hinten heranpirschen, und vereinzelt versucht es eine Welle, in das Cockpit zu gelangen. Und immer wieder suchen wir den Horizont nach Lichtern ab, die aber heute ausbleiben.

Es ist schon ½ zwölf, als Michi und Werner erwachen. Dann gibt es Frühstück. Heute steht nicht viel am Programm. Der Himmel ist strahlend blau und wolkenlos. Heute ist der dritte Tag unserer Überfahrt und wir dürfen duschen. Diese Maßnahme ist sinnvoll, da unsere Wasservorräte nicht sinnlos vergeuden dürfen. Vorher lassen wir die Maschine laufen, damit das Wasser schön warm ist.

Zum Abendessen gibt es Meixis Atlantischen Fischeintopf. Das Rezept zum Nachkochen für drei sehr hungrige Seebären:
Mindestens ein Fisch frisch gefangen, eine halbe spanische Paprikawurst fein geschnitten, 1 Zwiebel, 1 Karotte, 1 Birne, 1 Banane, Nüsse, Salz, Pfeffer, rote Chillipaste – guten Appetit.

Vor der Nachruhe kann ich heute noch einen Sieg im Domino verbuchen.


13.11.2008 - Halbzeit
Die erste Wache von 00.00 bis 02.00 verläuft genauso ruhig wie die zweite von 06.00 bis 08.00 Uhr. Der Himmel ist bewölkt und ich warte vergeblich auf die Sonne. Ein Schiff fährt an unserer Backbordseite vorbei, sonst nichts.

Ich freu mich nach der Wache noch auf ein bisschen Schlaf. Das Sudoku-Rätsel aus Lillis Buch hat mich geschafft. Wir segeln mit ca. 4,5 bis 5,5 Knoten auf Kurs 210° bis 220° und haben nun schon mehr als die Hälfte unseres Weges zurückgelegt. Wir rechnen mit der Ankunft in Mindelo Sonntag am Vormittag, also nach nicht ganz sieben Tagen – vorausgesetzt, es läuft weiterhin so gut.

Nach dem Frühstück geht’s wieder an die Arbeit. Da es unmöglich war, eine Flagge der Kap Verden aufzutreiben, greife ich zu Stoff und Ölkreide und bastle selbst diese Flagge. Die Vorlage mit genauen Maßen habe ich zum Glück schon in Wien eingepackt. Hoch oben unterhalb der Steuerbordsaling werden die farblichen Unterschiede dem Kap Verdischen Zoll hoffentlich verborgen bleiben.

Der Wind wird schwächer, dafür nehmen die Wellen an Höhe zu und irgendwann am Nachmittag rollen wir die Genua ein und motoren wieder.

Pünktlich um 17.00 Uhr Ortszeit (18.00 MEZ) wird das Satellitentelefon eingeschaltet, übrigens täglich, wenn wir uns auf Hoher See befinden. Nun ist zwei Stunden Atlantiksprechstunde. Wir warten nun, dass es klingelt. Das tut es fast nie, kein Wunder bei diesen Tarifen. So nützen wir die Zeit und rufen unsere Liebsten daheim an. Wir wechseln ein paar Worte, geben unser Position und unseren Gemütszustand (bin total auf der Welle, echt super) durch und dann verschwinden wir wieder in der Unendlichkeit des Atlantiks.

Um 18.30 beginnt die Sonne am Horizont zu verschwinden. Um diese Zeit öffnet das Wettbüro. Michi und Werner wetten, wann die Sonne hinter dem Horizont verschwindet. Bis jetzt verschwand die Sonne aber immer schon vorher im Dunst – leider. Dann öffnet die Küche und das Abendessen wird zubereitet. Heute zum Beispiel pikant gefüllte Tortillas: Man nehme sechs Tortillas Mexicana, eine Dose echtes Corned Beef (zur Not kann es auch falsches sein), 2 Paradeiser fein geschnitten, 1 Zwiebel fein geschnitten und frischen Schafkäse, den wir immer dabei haben. Als Beilage empfehle ich Gurkensalat, denn eine Gurke ist noch da. Im Handumdrehen ist alles wieder weg!

Anschließend schnapsen wir uns noch ein Bummerl aus, was aber nichts daran ändert, das Werner heute die Wache als erster antritt. Michi und ich nützen die Zeit zum Schlafen.


14.11.2008 - Schmetterlingsegeln
Heute hab ich wieder von 02.00 bis um 04.00 Wache. Die Stunden davor habe ich herrlich geschlafen, trotz Motorlärm und Schaukeln. Ich lese während meiner Wache, denn es ist vollkommen ruhig um uns herum, wenig Wind und kaum Wellen. Die Zeit verfliegt und um vier kriech ich wieder unter die Decke, bis mich um acht dann Michi wieder weckt. Die Sonne scheint, ein wunderschöner Tagesbeginn – es sieht nach einem guten Freitag aus.

Noch liegen 242 nm vor uns, das sind also bei gleicher Fahrt wie bisher noch zwei volle Tage. Nach einem üppigen Morgenmahl – wir legen nun alle Leinen im Cockpit aus und so kann nichts mehr rutschen – beginnt der Arbeitstag. Michi setzt seinen Antrag einstimmig durch, wieder zu segeln, und zwar mit Schmetterling.

Gesagt, getan, die Segel werden gesetzt – das Großsegel nach Steuerbord und mit einem von achtern. Alle, die mit Segeln nichts am Hut haben, vergessen diese ausschweifenden Beschreibungen – ich bitte um Verzeihung!). Es ist aber wirklich toll. Wir gleiten mit 5,5 Knoten über die Wellen, und das bei nur 10 bis 12 Knoten Windgeschwindigkeit.

Heute wird Brot gebacken, denn die Vorräte sind erschöpft. Anschließend entwickle ich ein viersprachiges Wörterbuch mit den wichtigsten Floskeln und Vokabeln, damit wir uns auf den Kap Verden zumindest ein wenig verständigen können. Man spricht dort nämlich offiziell portugiesisch, jedoch sind die meisten Inselbewohner Kreolen und die sprechen Kreolisch, und das in unterschiedlichen Dialekten. Schnell versuche ich noch, mir die wichtigsten Wörter einzuprägen, um bei der Ankunft einen guten Eindruck zu erwecken und daheim werde ich diese geniale Erfindung patentieren lassen.

Der Tag vergeht in bester Laune und abends sitzen wir im Salon und genießen Reisfleisch mit Karottensalat. Den Rest des Abends verbringen wir im Cockpit und erzählen uns die Träume der letzten Nacht. Ich habe folgendes geträumt: „Ich war beim Frisör, jedoch nicht wie sonst immer, bei meinem Haus- und Hoffrisör, sondern bei einem anderen. Ich wollte nur die Spitzen schneiden lassen, doch der Frisör verpasste mir eine Kurzhaarfrisur. Wie ich aus dem Geschäft ging und mir unbewusst auf das Haupt griff, merkte ich plötzlich eine kahle Stelle, kurz hinter dem vorderen Haaransatz an der Stirne und von der Scheitelmitte abwärts nach beiden Seiten – kreisrund! Aus, wach!“ Alles ist wie vorher, Wache.

Nun sitz ich im Cockpit und bewache das Schiff. Wir segeln ruhig dahin und ich schreibe, vielleicht manchmal etwas wirr, verursacht durch diese unbeschreibliche Stimmung, die ich hier erlebe, an meinem Tagebuch. In dieser unendlichen Weite zeigt sich, auch wenn man weit sieht, sieht man nichts!?

Werner aufwachen, Wache! Werner öffnet die Augen und zieht sich seine Ohrstöpsel aus den Ohren, nona!


15.11.2008 – Der sechste Tag
„Delfine!“ schreit Michi über das Deck. Sofort bin ich aus dem Bett, schnapp mir die Kamera und erlebe ein wunderbares Schauspiel. Ungefähr 30 Delfine begleiten uns nun schon seit einiger Zeit und scheinen mit unserer Tattoo zu spielen. In Gruppen zu dritt, zu viert oder zu fünft, flitzen ihre silbrig glänzenden Körper immer von einer Seite auf die andere, immer ganz knapp am Bug vorbei. Einmal taucht eine Rückenflosse auf, ein anderes Mal springt einer vor Freude aus der Welle und taucht nach ein paar Momenten wieder in das satte Blau ein. Wieder ein Anderer schießt senkrecht aus dem Meer und dreht sich dreimal um die eigene Achse und taucht, mit dem Schwanz zuerst, wieder ein! Es ist ein unglaubliches Erlebnis.

Das Ziel rückt immer näher. Wir sind wahrscheinlich in nicht ganz 24 Stunden in Mindelo. Was wird uns erwarten? Um dieser Ungewissheit zu entgehen, lese ich mir das „Sympathiemagazin – Kap Verde verstehen“ durch und bin nach den vielen positiven Berichten sehr gespannt, ob es auch wirklich so sein wird!

Die letzte Nacht bricht an und wir merken heute zum ersten Mal, das es merklich wärmer geworden ist. Wir führen diesen Umstand auf die Tatsache zurück, das wir uns nun schon sehr südlich befinden.

16.11.2008 – Mindelo, Sao Vicente
Entdeckt am Tag des St Vinzenz am 22. Jänner 1462 von portugiesischen Seefahrern, erblicken wir am morgen des 16.11.2008 im Morgendunst die Umrisse von San Antao, jedoch nichts von Sao Vicente. Wir wissen aber, der Kurs stimmt. Gespannt verfolgen wir an Deck die letzten Seemeilen bis in den Naturhafen von Mindelo, einer laut Reiseführer, verträumten Kleinstadt mit einer sehr gemütlichen Atmosphäre. Kurz nach zehn suchen wir in der Marina Mindelo einen Liegeplatz und während wir unsere Runden drehen, kommt uns ein Marinero im roten T-Shirt im Laufschritt entgegen gerannt und deutet auf einen freien Platz. Wir machen fest und stehen nun seit 172 Stunden das erste Mal. Welch tolle Tage waren diese sieben Tage. Ich möchte keinen Missen.

Wir begeben uns unverzüglich zur Rezeption und melden unsere Ankunft. Kai Brossmann empfängt uns mit einem Händedruck, nachdem ich ihm erzählte, dass uns das Hafenhandbuch seines Freundes Andre, den hier übrigens wirklich viele kennen, an diesen Ort geleitet hat. Wir bezahlen für vier Tage und Michi und ich gehen danach zur Hafenpolizei. Wir unterhalten uns vorher mit den beiden von der „Wanderer 2“, bevor wir uns auf den Weg machen. Nach Abschluss der bürokratischen Formalitäten schlendern wir durch Mindelo entlang der Uferstraße. Auf der einen Seite die Stadt mit ihren Wohnhäusern und Geschäften, riesigen nie fertig gestellten Rohbauruinen und dazwischen steil aufragenden Felswänden. Ein Blick auf die andere Straßenseite zeigt zuerst den Fährhafen, daran anschließend den Fracht- und Containerhafen und am Ende eine Werft mit rostigen Seelenverkäufern. Nun erstreckt sich ein sehr belebter Sandstrand bis an das Ende der Bucht, begrenzt vom tiefblauen Wasser des Atlantiks. Wir werden immer wieder von jungen Kap Verdienern angesprochen. Man bietet uns Hilfe in allen Bereichen an, sei es bei einem Einkauf, einer Inselrunde oder bei arbeiten am Schiff, alles ist möglich. Die Angebote sind aber keineswegs aufdringlich, die Menschen sind sehr höflich und sympathisch.

Abends erkennt ein netter Junge unsere Hunger und führt uns in das Restaurant Pico Pau – wahrscheinlich ist der Besitzer sein Vater oder ein naher Verwandter – und wir werden nicht enttäuscht. Das Essen ist ausgezeichnet. Bevor wir an Bord gehen, kehren wir noch in den Nautic-Club von Mindelo ein und hören den Klängen Kap Verdischer Musik zu. Wir lernen den 43-jährigen Baan kennen, der in Holland aufgewachsen ist, viele deutsche Freunde hat, ein wenig deutsch spricht und uns mit allem Versorgen kann, was wir wünschen – aber auf eine wundersame nette Art.

Sonntag, 9. November 2008

04.11. – 08.11.2008 - Fortalezza und andere Wanderungen

04.11.2008 – Besteigung des Fortalezza
Fast jedes mal, wenn ich mit Weuzi und Flinse die Insel La Gomera besuchte, haben wir auch dem ehrwürdigen Tafelberg Fortalezza bei Chipude, oberhalb des Valle Gran Rey, einen Besuch abgestattet. So muss es auch diesmal sein.

Das Wetter ist gerade richtig für diese Tour. Der Himmel ist zwar von dicken grauen Wolken bedeckt, im Gegensatz zu gestern ist es jedoch trocken und die Wolken hängen heute auch nicht so tief. Werner erklärt sich bereit, das Schiff während unserer Abwesenheit zu bewachen. Er verzichtet wie immer freiwillig auf erhöhte körperliche Anstrengung. Pitty, Weuzi und ich sind aber schon in Kletterlaune und voll Vorfreude zu diesem Abenteuer. Und in gewisser Weise ist es das wirklich, muss man doch durch einen Kamin steigen und über schmalen Felsgrat klettern, um auf das Plateau zu gelangen. Pitty, die unter leichter Höhenangst leidet, weiß aber noch nichts von diesen Tücken.

Die Fahrt geht in den kleinen Ort Arure, wo wir kurz an einem Aussichtspunkt halten, um den Blick von dort zu genießen. Dann zweigen wir von der Hauptstraße nach Vallehermoso ab und nun geht es zuerst durch Los Hayas in das kleine Bergdorf Chipude. Hier beginnt etwas außerhalb des Ortszentrums die Wanderung auf den Fortalezza. Anfangs führt ein mit Steinen gepflasterter Weg durch Terrassenfelder, wo jedoch nur mehr wenige Terrassen zum Anbau von Wein oder Gemüse genützt werden. Die meisten Terrassen sind nur mit staubiger Erde und dünnem Gras bedeckt.

Wir stehen am Fuße des Berges. Hier beginnt nun ein ca. 30. Minuten dauernder Anstieg über einen steilen und felsigen Weg, der dann knapp vor dem Ziel durch einen Felskamin führt und gleich danach mit der Übersteigung eines schmalen Grates endet, der direkt auf das Hochplateau führt. Diese Passage bewältigt man in der Regel auf allen Vieren. Oben werden wir dafür mit einem wunderbaren Fernblick belohnt, denn heute ist uns das Wetter wohl gesonnen.

Wir umrunden das karg bewachsene Plateau und wagen Blicke in tiefe baumlose Schluchten, wo einem nur alleine durch diesen Anblick der kalte Schauer über den Rücken läuft. In der Ferne zeichnen sich im Dunst Hierro und La Palma ab. Erschöpft, aber glücklich gönnen wir uns ein kleines Picknick, bevor wir den Abstieg in Angriff nehmen. Erst als wir wieder normale Wege erreicht haben, gesteht mir Pitty, dass sie ihren ganzen Mut gebraucht hat, um über den felsigen Steig wieder in das Tal zu gelangen.

Abends treffen wir uns mit Ortiz. Ortiz ist seit Jahren der Freund von Daria aus Wien, die wir schon seit vielen Jahren kennen. Gemeinsam kehren wir mit leeren Bäuchen in die Pizzeria „vom bladen Pizzakoch“ ein, die im alten Ortsteil von Vueltas direkt unter der Wohnung liegt, wo Daria zu der Zeit wohnte, als sie noch in Valle Gran Rey lebte und arbeitete.

Wir bestellen je eine Pizza mit Meeresfrüchten und eine mit Huhn und Gemüse. Beide schmecken ausgezeichnet. Der Höhepunkt ist aber die berühmte „Nutella-Pizza“, von der man eigentlich nicht genug bekommen kann. Und das sage sogar ich, der nicht unbedingt zu den absoluten „Nutella-Fans“ zählt.

Zum Abschluss kehren wir noch bei Christian in der Cacatua-Bar ein. Doch die Anstrengungen dieses Tages sind nicht spurlos vorüber gegangen und so befinden wir uns bald im Traumland.


05.11.2008 – Von Valle Gran Rey nach El Cercado
Mit Wanderkarte und Gomera-Führer bewaffnet, mit bergtauglichem Schuhwerk an den Füssen und zur Sicherheit auch mit einem Regenschutz ausgestattet, natürlich mit ein wenig Proviant im Rucksack, verlassen Pitty und ich um ca. halb zwölf die Tattoo. Weuzi fällt heute ausnahmsweise aus – er benötigt nach dem gestrigen Abend und ein paar Jägermeistern in der Cacatua-Bar einen Tag zur Regeneration – und Werner ist aus bekannten Gründen auch nicht mit von der Partie.

Wir verlassen den Hafen auf direktem Weg durch den Ortsteil Vueltas bis nach la Calera. Von hier weg zieht sich die Tour im ausgetrockneten Flussbett gemächlich in das Tal hinein, welches von mächtigen Felswänden begrenzt wird. Langsam ändert sich die Landschaft und wir nähern uns den Terrassen, wo auf kleinen Flächen Kartoffeln, Obstbäumen und viele andere nützliche Pflanzen von Hand angebaut werden.

Plötzlich endet unser Weg vor einem Grundstück und wir suchen in unserer Karte die Fortsetzung. Leider scheinen wir irgendwann eine Markierung übersehen zu haben, die uns am rechten Weg gehalten hätte, und so kämpfen wir uns zunächst einmal ab hier von einer Terrasse zur nächsten solange in die Höhe, bis wir endlich die Straße erreichen. Unser Führer beschreibt einen Weg mit Stufen, die von einer Kirche an der anderen Seite des Tales entlangführen sollte. Aus der Ferne sehen wir, dass die Beschreibung korrekt ist- Wir folgen nun der Straße, bis wir wieder an einer Einstiegsstelle ankommen.

Pitty hat es heute nicht leicht mit mir. Meine Stimmung erreicht den Nullpunkt und wir stehen kurz davor aufzugeben. Unser Taxi haben wir abbestellt, als sich auch der nächste Einstieg zu unserer Tour als falsch herausstellt. Endlich haben wir aber dann doch den richtigen Weg gefunden und nun sind wir wieder frohen Mutes und melden uns kurz bei Werner und Weuzi, dass wir nun doch unser Ziel erreichen werden und sie uns bitte von El Cercado abholen sollen.

Der Weg führt über unzählige grobe Steinstufen schnell in die Höhe und schlängelt sich immer tiefer in die Schlucht, entlang der steilen, oft senkrechten Wände. Immer wieder müssen wir Verschnaufpausen einlegen und dann werfen wir einen Blick zurück, wo uns von der Talsohle die netten, würfelförmigen Häuser zwischen den üppig grünen Terrassen, bewachsen von unzähligen Palmen, entgegenstrahlen.

Pünktlich um 16.00 Uhr erreichen wir den vereinbarten Treffpunkt. Ich wollte Werner noch schnell eine SMS senden, damit sie uns nicht zu lange warten lassen. Doch als wir die einzige offene Bar in El Cercado erblicken, sitzen Weuzi und Werner schon davor und erwarten uns. Glücklich und sehr verschwitzt bestellen wir frisch gepressten Orangensaft und freuen uns über die herrliche Wanderung.

Abends treffen wir nochmals Ortiz und enden so wie gestern in der Cacatua-Bar, denn heute ist Oldies-Night.


06.11.2008 – San Sebastian
Nach wunderschoenen Tagen in Valle Gran Rey wechseln wir heute den Hafen und uebersiedeln nach San Sebastian, die Hauptstadt von La Gomera.

Zeitlich am Morgen verlassen Pittz und ich das Schiff, um noch ein paar unvergessliche Eindruecke zu sammeln. Wir wandern um den Hafen in Richtung des Meditationszentrums und kommen in ein Tal, welches durch Felsen in den bizzarsten Formen umschlossen ist. Inmitten dieser Felslandschaft befindet sich ein tropischer Obstgarten, wo man sich mit Fruechten eindecken koennte. Leider sind wir zu frueh, denn sonst waeren wir sicher nicht mit leeren Taschen heimgekehrt.

An Bord werden wir von einem Fruehstueck ueberrascht, dass Werner und Weuzi herbeigezaubert haben. Ortiz hat leider unsere Abfahrt verschhlafen, wir wollten uns noch verabschieden, aber um 11.00 muessen wir los. Die Fahrt ist ungewoehnlich ruhig, es gibt heute kaum Wellen. Entlang der Kueste geht es vorbei an steilen Felswaenden, die immer wieder von tiefen Schluchten unterbrochen werden. Und fast in jeder dieser meist sehr gruenen Felseinschnitte sind Spuren menschlicher Tuns zu sehen. Einmal ist es eine verfallene Fabriksanlage, ein anderes Mal ein einsamer Weiler. In manche dieser Taeler schlaengelt sich ein schwarzes Asphaltband von hoch oben bis fast in die Wellen des Atlantiks.

Nach drei erholsamen Stunden treffen wir in der Marina La Gomera ein. Man weist uns einen der wenigen freien Plaetze an der Seite einer amerikanischen Yacht zu, neben Will und seiner Frau aus Texas (die uebrigens nicht sehr erfreut ueber den Wahlsieg Obamas sind – aber meinen, wir in Europa denken da etwas demokratischer. Ob das wirklich so ist?).

Die Marina sieht zwar nicht sehr grosz aus, steckt aber voller Leben und staendig laufen Schiffe ein, die dann doch noch irgendwo in einer freien Luecke untergebracht werden. Hier legen viele der Atlantikueberquerer das letzte Mal an, bevor sie in Richtung Karibik oder vorher noch zu den Kap Verden segeln, so wie auch wir es tun. So tat es uebrigens auch Columbus im Jahre 1492, bevor er Amerika entdeckte.

Abends kochen wir dann einen leckeren kanarischen Eintopf, bevor wir uns auf Landgang begeben und abschlieszend in einer Bar ein Gutenacht-Bier zu uns nehmen.


07.11.2008 – Letzter Tag in La Gomera
Pitty und Weuzi muessen uns morgen (leider) verlassen. Es waere so schoen, haette diese Woche kein Ende (dann wuerde es also nie ein Wochenende geben). Daher muessen wir diesen Tag dafuer richtig geniessen.

Zeitig am Morgen brechen Pitty und ich also wieder auf, waehrend Werner und Weuzi noch im Reich der traeume segeln. Schwitzend erreichen wir die obere Stadt von San Sebastion, von wo wir dafuer mit einem traumhaften Blick auf den heute einmal wolkenfreien Tide geschenkt bekommen. Ein Blick von oben auf die Tattoo sagt uns, dass noch alles zu ruhen scheint. Wir nuetzen die Zeit und schiessen wieder eine Menge Fotos fuer unsere Homepage.

Schnell noch vorbei beim Baecker, um frisches Brot und etwas suesses zu besorgen und dann knurrt der Magen schon so laut, dass unsere beiden Schlafmuetzen schnell aus dem Bett fliehen (Unsinn: das Fruehstueck wartet schon auf uns!)

Der Rest des Tages verlaeft gemaechlich, wir besichtigen nochmals San Sebastian und kehren abends in ein sehr nettes Spanisches Wirtshaus ein. Hier tischt man noch richtige kanarische Kueche auf. Heute fallen wir nicht allzu spaet in die Kojen, denn morgen laeutet der Wecker um sechs Uhr.


08.11.2008 – Abschied mit Traenen
Ich fasse mich kurz. Die Tickets fuer die Faehre haben wir schon gestern besorgt, um jede Hektik zu vermeiden. Knapp nach sieben Uhr stehen wir in einer Menschentraube am Faehrsteg. Um ½ acht werden die Gangways in Position gebracht und wir besteigen die hypermoderne Faehre nach Los Cristianos. Mit fast 40 Knoten gleitet dieses ueberirdische Ding in nicht einmal 45 Minuten nach Teneriffa. Ein Taxi wartet schon an der Mole und zwanzig Minuten spaeter stehen wir mit schwerem Gepaeck am Flughafen.

Der Abschied faellt uns allen sehr schwer, die Zeit war zu schoen und leider viel zu kurz. Doch um 11.07 ist es soweit und der Niki-Flieger steigt mit Pitty und Weuzi in den Himmel. Um 17.00 Uhr, noch bevor ich wieder zurueck bin am Schiff sendet mir Pittzy eine SMS, in der sie mir mitteilt, das sie schon daheim ist – eine verrueckte Welt!

Ich verbringe die Zeit bis zu meiner Rueckfahrt NACH La Gomera um 16.00 Uhr in einem Internetcafe und schlendere anschliessend durch Los Cristianos, wo ich aber froh bin, diesen Ort bald verlassen zu koennen. Hier ist es so, wie ich mir nie einen Urlaubsort vorstellen moechte. Trotzdem tummeln sich tausende Menschen in den Gassen, am Strand und in den vielen kleinen Laeden, die unheimlich viel Ramsch verkaufen.

Um acht holt Werner Michi von der Faehre in San Sebsatian ab und nun sind wir drei wieder gluecklich vereint. Michi erzaehlt von Teneriffa und wir schildern ihm unsere Woche, bis uns vor Muedigkeit die Augen zufallen.

Gute Nacht!

Dienstag, 4. November 2008

29.10 – 03.10.2008 – Pitty und Weuzi kommen

29.10.2008 –Wetter und andere Launen
Das derzeitige Wetter ist für die Kanarischen Inseln absolut untypisch. Seit es Wetteraufzeichnungen gibt, ist niemandem ein so kalter Oktober bekannt – meinen die Insulaner, die es wissen müssen. Und weil ich gerade vom Wetter und seinen Launen erzähle – da muss ich auch einmal schreiben, wie die Stimmung an Bord ist. Natürlich werden sich viele fragen, wie wir es nun schon fast drei volle Monate auf ca. 12m² Wohnfläche miteinander aushalten.

Bis zum heutigen Tag verstehen und lieben wir uns ohne Einschränkungen so wie vor der Abreise. Natürlich gibt es Momente, wo es zu Spannungen kommt. Jeder von uns ist Individualist und hat seine Launen und die muss man auch ausleben. Und ich muss fairer Weise auch ergänzend hinzufügen, dass ich selbst sehr stur sein kann, was aber auch ohne Einnahme von Medikamenten nach ein paar Stunden wieder ausgeheilt ist. In solchen Momenten gibt es bei nichtigen Anlässen schon einmal etwas unfreundliche Worte. Nach einigen Stunden des aneinander Vorbeiblickens setzen wir uns an unseren runden Tisch (oder zumindest tun wir so, als hätten wir diesen) und diskutieren über diese Launen und ihre Ursachen. Und nach einigen offenen Worten hat sich bis jetzt jede noch so miese Stimmung in gute Laune und vor allem ein gegenseitiges Verstehen gewandelt.

Heute ist aber ein ganz normaler Tag. Unsere Stimmung ist gut, vielleicht auch deshalb, weil wir vor kurzem Entschieden haben, die Abreise nach Teneriffa um einen Tag zu verschieben, denn das Wetter ist, ganz im Gegensatz zu uns, nicht so gut gelaunt – es ist regnerisch und der Wind pfeift noch ganz schön durch den Mastwald.

Gerade hat eine Schweizer Mannschaft neben uns angelegt. Das einzige weibliche Wesen der Crew redet sich nach Tagen der Einsamkeit bei Gabi ihren Kummer von der Seele. Sie heißt Karin, ist um die fünfzig und sehr sympathisch. Sie scheint einiges erlebt zu haben. Die Fahrt ging von Gibraltar direkt bis Gran Canaria. Irgendwo in den Weiten des Atlantiks hat sich nächtens ein Fischernetz in der Schraube verfangen und so war der Antrieb mit Motor lahm gelegt. Die Schweizer mussten unter Segel in den Hafen von Las Palmas einlaufen, was sicher ein sehr schwieriges Manöver ist. Die Stimmung schien auch nicht so optimal zu sein, denn die männlichen Mitglieder der Crew lebten sichtlich ihre Macho-Triebe aus.

Bei uns ist das anders. Wir sind alle gleichberechtigt, jeder kann Tun und Lassen, was er will. Und so begeben sich Gabi und Michi in die Altstadt von Las Palmas. Vorher sitz ich mit Gabi noch im Sotovento-Club und surfen wild im Internet.

Um ca. halb vier folgen Werner und ich. Mit der Linie 0A kommen wir bis vor die Altstadt. Nun beginnt wieder der übliche Fotowahnsinn. Ich bleibe stehen und visiere mit meiner Kamera jedes noch so uninteressante Objekt an, während Werner ca. 50m vor mir seinen Schritt sofort stoppt und dann geduldig wartet, bis ich meine Handlung abgeschlossen habe und wieder meinem nächsten Ziel entgegenstrebe. Trotzdem erreichen wir pünktlich den vereinbarten Treffpunkt vor dem Portal des Santa Ana Domes. Wir spazieren gemütlich durch ein ruhiges Viertel der Altstadt mit teilweise schon alten und verwahrlosten Häusern.

Am Heimweg kommen wir an einem Lokal vorbei, wo es ein Menü der typisch Kanarischen Küche gibt. Suppe und Vorspeise, dann ein Schweinsbraten mit Kartoffel und zum Dessert Mousse Chocolate und Pudding, dazu ein kleines Bier – das alles um 7,50 Euro. Und es war ausgezeichnet.

Zum Abschluss werfen wir noch einen Blick in die Sailor Bar, auf einen Cafe Solo. An Bord sitzen wir dann noch zusammen und reden schon über Morgen.


30.10.2008 –Wellenreiten
Heute legen wir ab –Pitty und Weuzi kommen übermorgen um 10.00 Uhr in Teneriffa am Flughafen Reina Sophia an und ich will Sie unbedingt abholen. Wir fahren dann gemeinsam mit der Tattoo nach La Gomera.

Bis dahin sind es aber noch einige Stunden und Gabi und ich begeben sich wieder in die Sailor Bar zum Surfen. Die Homepage muss auch wieder aktualisiert werden, während Michi und Werner das Schiff klar zum Ablegen machen.

Gabi und Michi sorgen noch für frisches Brot. Um 16.00 geht’s dann los. Schnell noch zur Tankstelle, um die Tanks zu füllen – die Dieselpreise sind hier so niedrig wie bis jetzt noch nirgendwo. Man bezahlt für einen Liter Diesel nur 74 Cent.

Wir bewegen uns langsam der Hafenausfahrt entgegen. Noch ist alles ruhig. Der Wetterbericht verspricht, dass der Wind von ca. derzeit 20 Knoten im Laufe der Nacht total einschlafen wird – was er auch macht. Aber vorher – wir sind nicht darauf vorbereitet – werden wir von ungeheuren Wellen überrascht, die sich direkt auf uns zu bewegen. Mit Vollgas pflügen wir diese Berge hinauf, dann geht’s wieder runter und gleich wieder in die Höh. Ab und zu kommt die Welle auch von der Seite, schiebt sich unten durch und lacht dann wild, wenn wir nicht wissen, wo man sich in der Eile Halt sucht und vielleicht auch noch daneben greift. Plötzlich rast direkt von Vorne ein Wasserschwall auf uns zu, gleitet über unsere Spreyhood und gießt sich in unser Cockpit. Ich bin etwas durchnässt.

Wir werden wirklich geschüttelt, und nicht gerührt. Und ich möchte hier an dieser Stelle keine Details veröffentlichen. Bald setzen wir Segel, in der Hoffnung, dass man sich dann wieder in Ruhe rasieren kann, ohne dabei zu verbluten - aber wann? Bald ist es Mitternacht und es sind noch keine Anzeichen zu sehen, dass dieser Tanz ein Ende hat. Wir haben auch den Plan aufgegeben, Thunfisch mit Reis zum Abendessen zuzubereiten – heute reicht Brot!

Meine Ruhezeit beginnt kurz vor dem Tagesende. Ich wecke Werner und der übernimmt mit Michi die nächste Wache.


31.10.2008 – Ankunft in San Miguel – Teneriffa
Diese Nacht verzichte ich auf den Schlaf, dafür komm ich in den Genuss eines traumhaft schönen Sonnenaufgangs und einen ungetrübten Blick auf den Pico del Tide. Um 07.30 erreichen wir San Miguel auf Teneriffa. Auch haben wir nun die 3.000. Seemeile überschritten, was wir allerdings nicht gesondert feiern.

Das Hafenhandbuch beschreibt uns eine Marina, die vor Jahren errichtet werden sollte, wo aber nach der Einfahrt sofort ersichtlich ist, dass seit damals nichts geschehen ist. Die Schwimmstege existieren nur auf dem Papier. Trotzdem erhalten wir einen der wenigen Transitplätze und können uns nun noch ein paar Stunden Ruhe gönnen.

Am frühen Nachmittag, nach einem etwas späten, dafür aber umso kräftigeren Frühstück begeben wir uns auf die übliche Erkundungstour. Das, was uns hier jedoch erwartet, ist alles Andere als befriedigend. Riesige Hotelkomplexe wachsen an der eher unwirtlichen Küste aus dem staubigen Boden. Dahinter schließen sofort die für Spanien so typischen Reihenhausanlagen an, unterbrochen durch das saftige Grün eines Golfplatzes. Neben diesen Anlagen ist die Landschaft durch Baustellen und Müll auch nicht einladender. Eine Landschaft, wie wir sie eher nicht wollen.

Ein teilweise gepflasterter, teilweise nur ausgetretener Weg führt direkt neben der felsigen Küste in die unscheinbare Ortschaft Abrigo, wo wir nach einer Bushaltestelle Ausschau halten, wo ich morgen zum Flughafen fahren könnte. Es gibt jedoch keine Verbindung, die mich dorthin bringen würde.

Abends wird heute gekocht, es gibt einen ganz köstlichen Faschierten Braten mit kanarischen Kartoffeln. Unruhig verbringe ich die letzte Nacht vor Pittys Ankunft.


01.11.2008 – Pitty und Weuzi kommen an Bord
Um 09.30 erreiche ich den Flughafen, nachdem ich den Weg nach Abrigo und dann weiter bis zur Autobahn zu Fuß gegangen bin, dort jedoch das Handtuch geschmissen habe (ursprünglich wollte ich zu Fuß zum Flughafen gelangen) und mir das nächste Taxi gestoppt habe.

Nun steh ich in der Ankunftshalle und suche auf der Anzeigetafel den Flug aus Wien – Ankunftszeit 10.00 – keine Verspätung wird gemeldet. Erst als es dann schon fast soweit ist, ändert sich die Anzeige und plötzlich kommt der Flug um 10.32, also um eine halbe Stunde später. Die Zeit scheint stehen zu bleiben, doch plötzlich stehen Sie vor mir: Pitty und Weuzi und ihre Rucksäcke, die mit Steinen gefüllt zu sein scheinen.

Wir laden das Gepäck in ein Taxi und sind in zwanzig Minuten im Hafen von San Miguel. Dort erwarten uns schon Gabi, Michi und Werner mit einem Willkommensdrink an Bord. Danach werden die Rucksäcke ausgepackt. Es lässt einem schon das Wasser im Mund zusammen rinnen, was da so alles zum Vorschein kommt. Meine Mutter hat uns wieder mit köstlichen Kuchen versorgt und auch zwei Gläser mit selbst gemachter Leberpastete sind für die schweren Rucksäcke verantwortlich. Und natürlich hat Patricia und Weuzi auch all die Dinge im Gepäck, die uns schon seit Wochen immer wieder eingefallen sind, was uns noch fehlt oder fehlen könnte. Dazu gehört vor allem Nahrung in Dosen, die uns für die langen Passagen das leben verschönern sollen.

Dann führen wir unsere neuen Passagiere durch die nicht wirklich sehenswerte Landschaft. Abends kehren wir in eines dieser vielen fast leeren Restaurants ein, doch die aufgetischten Gerichte sind von guter Qualität. Anschließend sitzen wir noch bis spät in die Nacht und nun zu sechst an Bord der Tattoo und erzählen uns gegenseitig das Leben der letzten Wochen.


02.11.2008 – Überfahrt nach La Gomera
Michi und Gabi verlassen uns heute. Gabi werden wir erst wieder auf den Kap Verden an Bord begrüßen dürfen, Michi kehrt am achten November an Bord zurück. Pitty und Weuzi sind nun für die nächsten Tage unsere Gäste und erhalten gleich am ersten Tag ihr Segeltaufe mit einer ordentlichen Atlantiküberfahrt nach La Gomera nach Puerto Vueltas – Valle Gran Ray.

Die Überfahrt verläuft im Großen und Ganzen ohne besondere Vorkommnisse, Weuzi wehrt sich nicht gegen den Verlust seines Frühstücks und seine Stimmung leidet auch nicht darunter. Auch heute werden wir von heftigen Wellen geschaukelt und der Wind bläst entgegen der Ankündigung in der Wettervorhersage mit kräftigen 25 bis 30 Knoten. Wir segeln, bis uns die Insel La Gomera den Wind aus den Segeln nimmt. Kurz vor der Ankunft sichtet Werner plötzlich mehrere schwarze Rückenflossen, die wahrscheinlich zu Grindwalen gehören.

Pünktlich um 17.00 erreichen wir unser Ziel, in der Zeitplanung sind wir schon recht gut. Vorher senden wir noch eine SMS an Ortiz, einem guten Bekannten, der uns als Einheimischer einen Liegeplatz in der neuen Marina reserviert hätte sollen.

Doch auch hier hat unser Hafenhandbuch mehr versprochen, als dann tatsächlich gehalten werden konnte. Diese Marina existiert ebenso wenig, wie der Fährbetrieb an der neuen Mole, die schon seit Jahren ohne irgendeinen Verwendungszweck zu verrotten scheint. Nur ein total zerstörtes Schiffswrack belebt die mit Unkraut bewachsene Anlage. Wir können aber am Kai anlegen, unmittelbar nach der Anlegestelle des Garajonay-Express (Fähre nach Los Cristianos – Teneriffa). Ein Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma weist uns diesen Platz zu. Glücklicherweise ist auch eine Leiter in die Kaimauer eingelassen worden, denn wäre es unmöglich, die vier Meter zwischen Meer und Land zu überwinden. Derzeit ist Ebbe, aber auch bei Flut ist der Höhenunterschied noch immer beträchtlich.

La Gomera ist für mich ein Wiedersehen mit einer guten alten Bekannten, die ich nun zum vierten Mal besuche – diesmal noch dazu auf eigenem Kiel. Damit hätte ich bei meinen ersten Aufenthalten auf dieser wirklich sehr schönen und dem Tourismus zum Glück nicht geopferten Insel sicher nie gerechnet. Doch nun ist es passiert.

Sobald am Schiff alles gesichert und alle notwendigen Arbeiten erledigt sind, steigen wir an Land. Ein kleiner Spaziergang führt uns zu dem Taramba-Cafe, das ich schon bei meinem letzen Inselurlaub sehr gern besucht habe. Dieses Cafe befindet sich in einem älteren Haus, hoch über dem felsigen Strand. Bei einem herrlichen Blick nach Westen auf den grenzenlosen Atlantik kann man hier die herrliche Abenddämmerung genießen.

Heute wird an Bord wieder typisch kanarisch gespeist. Es gibt Papas, die typischen kanarischen Kartoffel mit viel Salz gekocht und dazu Mochos, eine sehr würzige Sauce aus Gran Canaria und eine aus Mutters Küche, nämlich die Leberpastete, die sich vorzüglich als Speise dazu eignet. Die Überfahrt war auch anstrengend, sodass wir bald in die Federn fallen.


03.11.2008 – Inselrundfahrt
Um acht stehen Pitty und ich auf, spazieren in den noch sehr verschlafenen Ort und besorgen Obst und Schinken für ein Frühstück. Dann begebe ich mich in das Hafenbüro und in den Autoverleih „Carmen“ gleich neben dem Hafen. Für nicht einmal 25,00 Euro miete ich einen einfachen dreitürigen Citroen Saxo ohne elektrische Fensterheber und ohne Servolenkung (Hätte ich das gewusst!).

Um 11.00 sind wir startbereit und fahren nun aus dem Valle Gran Ray durch diese wunderbare, einzigartige Insellandschaft. Ich wüsste gerne die Höhenmeter, die man hier zurücklegt. Es geht wirklich hoch hinauf, dann wieder über enge und gewundene Straßen in einsame, fast menschenleere Schluchten, bis dann wieder ein kleines Dorf aus dem Nichts auftaucht. Erstes Ziel ist der Ort Argula, zu dieser Zeit total verlassen, bis auf ein paar wenige Individualisten. Nicht einmal die Bar hat heute geöffnet.

Weiter geht es nach Vallehermoso in den botanischen Garten. Hier war ich auch schon bei meinem letzten Besuch und es hat sich seit damals nicht viel verändert. Die Pflanzen gedeihen hier so üppig wie sonst niergendwo. Auch das toll restaurierte Kastell am Ende des Tales ist menschenleer, nur einige Besucher klettern in den Felsen um die Anlage herum. Nach einer Rast bei Kaffee und Salat aus einem Gemüse-Obst-Gemisch fahren wir nach Hermigua, an den Strand, wo Flinse, Weuzi und ich vor 14 Jahren völlig erschöpft nach einem Höllentrip an einem Sonntag ankamen, und es damals außer einem halben Müsliriegel, oder war es eine halbe Flasche Wasser nichts mehr gab.

Nun geht es in den Regenwald. Wir biegen von der befestigten Straße in dichten Wald und es wird stockdunkel. Die Stimmung ist unheimlich, niemand begegnet uns hier – glücklicherweise – denn zum Ausweichen gibt es kaum Platz. Endlich erreichen wir das Zentrum des El Cedro, wo es in einer richtigen Berghütte, wo im offenen Kamin schon ein wärmendes Feuer brennt, die Stimmung sehr gemütlich ist. Doch wir müssen leider bald aufbrechen, denn es beginnt schon zu dämmern. Wir wollen noch vor Einbruch der Nacht den Urwald verlassen haben.

Es geht nun endlos durch Wald, wo sich kaum ein Lichtschein durch das dichte Laub drängen kann, die Straße ist durch die heftigen Regengüsse aufgeweicht und wir fahren kilometerlang, ohne einem Lebewesen zu begegnen. Auch zeigt uns kein Wegweiser die Richtung und so müssen wir uns auf unser Gefühl verlassen. Zum Glück verlässt uns dieses nicht und irgendwann – es erschien uns wirklich endlos – erreichen wir eine asphaltierte Straße. Nun müssen wir noch einige Kurven und Höhenmeter zurücklegen, bis wir wieder den Hafen erreichen.

Und wir sind ganz schön erstaunt, als wir unsere Tattoo in einem Mastwald entdecken. Rund um uns haben es sich deutsche Chartersegler bequem gemacht – übrigens welche von der eher unsympathischen Sorte. Solche sind uns aber schon lange nicht mehr begegnet.

Abends kehren wir in eines der Lokale ein (vis a vis vom Kinderstrand), die uns Werner und Schini empfohlen haben. Wir genießen ein wirklich gutes Abendessen dank Schini und Werner.