Samstag, 28. März 2009

23.03 - 27.03.2009 - Der Heimaturlaub naht

23.03.2009 – Wieder vereint
Es ist 09.25, als wir den Anker heben. Die Nacht war angenehm ruhig. Die Fahrt nach St. Martin verläuft ereignislos. 26 Seemeilen sind zu bewältigen. Vor Philipsburg, der Hauptstadt des holländischen Inselteils liegen vier große Kreuzfahrtschiffe an der Pier.

Vor der Simpson Bay kommt uns ein Segler mit kanadischer Flagge entgegen. Er hat sein Funkgerät in der Hand und winkt uns damit zu. Ich hole unser UKW-Funkgerät aus dem Schiff und rufe auf Kanal 16: „Here ist Tattoo Island, Here ist Tattoo Island“. Eine Stimme antwortet: „Change to channel 17!“ Er will wissen, wo man auf St. Martin einklarieren kann. Ich hole mir das Hafenhandbuch und gebe ihm den Ort bekannt. Wir plaudern noch ein bisschen über woher und wohin und dann bedankt er sich und wir beenden das Gespräch.

Wir umrunden die Westspitze und fahren in die Marigot Bay ein. Unser Ziel ist die Marina „Fort Louis“. Um 14.30 liegen wir mit dem Heck am Liegeplatz E8.

Mit den Schiffspapieren begebe ich mich in das Marinabüro und melde uns an. Dann kaufe ich mir auch gleich einen Internetzugang für einen Tag. Heute Abend kommen Gabi und Michi von ihrer Kuba- und Guadeloupereise zurück. Da will ich mich vorher noch frisch machen.

Ich hole mir aus dem Marinabüro sechs Jetons zum Duschen. Ich werfe die erste Münze in den Automaten und das Wasser spritzt sofort aus dem Brausekopf. Die zwei Wasserhähne an der Wand sind nur Attrappen. Egal wie man sie bewegt, es ändert nichts – das Wasser rinnt. Ich seife mich also ein und dusche mich ab. Das Wasser spritzt noch immer. Also seife ich mich nochmals ein und genau jetzt kommt kein Wasser mehr. Ich werfe also erneut eine Münze ein und wasche mir die Seife vom Körper. Nun warte ich aber nicht mehr, bis das Wasser aufhört zu rinnen.

Werner und ich sind gerade dabei, unseren beiden Urlaubern entgegen zu gehen, doch da stehen sie schon am Steg vor dem Schiff, mitsamt ihrem ganzen Gepäck. Endlich sind die beiden wieder zurück. Umarmung. Es gibt unendlich viel zu erzählen. Wir sitzen im Cockpit und erzählen uns gegenseitig die Geschehnisse der letzten drei Wochen. Und dabei wächst unser Hunger bedrohlich an.

Heute feiern wir Gabis Geburtstag, leider schon etwas verspätet. Gabi lädt uns zu diesem Anlass zu einem Geburtstagsessen ein. Wir finden in der Lagune bei der Marina „Port la Royale“ ein nettes Lokal und bestellen Pizza und Schweinefleisch mit Champignonsoße. Zurück an Bord geht es weiter – erzählen, erzählen, erzählen.

Irgendwann fallen mir die Augen zu und ich beschließe, schlafen zu gehen. Auch Werner, Michi und Gabi folgen bald.


24.03.2009 - Marigot
In der Nacht hat es zweimal heftig geregnet. Gerade noch rechtzeitig kann ich die beiden Luken schließen. Denn sonst regnet es bis unter die Decke. Um acht steh ich auf. Michi ist auch schon an Deck. Ich mach mich auf die Suche nach einem Supermarkt. Gar nicht einfach bei der Unmenge an Schmuck- und Souvenirläden. Doch es gibt auch einen kleinen Supermarkt in einer der engen Gassen. Ich besorge Brot, Käse und Wurst.

An Bord steht schon alles bereit. Das Frühstück gehört zu unserer wichtigsten Mahlzeit, denn nun gibt es bis zum Abend keine feste Nahrung. Diesen Rhythmus haben wir ohne Zwang schon von Beginn unserer Reise eingeführt.

Die Zeit nach dem morgendlichen Mahl verbringen wir mit den vielen eindrucksvollen Bildern, die Michi und Gabi während ihrer Kubareise geschossen haben. Um die Mittagszeit ist der Fehler in der Internetverbindung behoben und ich kann die Homepage aktualisieren und meine Emails bearbeiten.

Dann besichtigen wir die nette Stadt Marigot – die Hauptstadt des französischen Inselteils von St. Martin. Zuerst besteigen wir den Hügel mit dem Fort. Besser gesagt, mit dem was davon noch übrig geblieben ist. Ein paar Mauerresten, ein paar Kanonenrohren, wovon die eine oder andere abzustürzen droht.

Das Leben in den Gassen von Marigot ist bunt. In den vielen netten bunt gestrichenen und mit Holzgirlanden verzierten Häusern tut sich sehr viel. Hauptsächlich sind Juweliere und Restaurants in den lokalen eingemietet. Im Cafe Banana bestellen wir uns Espresso.

Dann gehen wir entlang der stark frequentierten Hauptstraße, vorbei am Friedhof bis zur Hebebrücke, die dreimal am Tag geöffnet wird, damit die Schiffe aus der Lagune ausfahren, bzw. in die Lagune einfahren können. Gleich davor kaufen wir für unser Abendessen ein im Supermarkt „US-Import“. Es gibt heute Schweinefleisch mit Gemüse im Wok und dazu Reis. Zum Nachtisch holen wir dann noch Zitronenjoghurt aus der Kühltruhe.

Anschließend müssen sich Michi und Gabi hunderte Bilder anschauen, die ich während ihrer Abwesenheit auf den Inseln von Antigua bis St. Barth fotografiert habe. Sie halten durch, fallen aber kurz danach in ihrer Kojen müde um. Ich sage nur: „Gute Nacht!“ Wahrscheinlich war es doch zuviel.


25.03.2009 – Karibik ade
Ich könnte mich wiederholen, vielleicht hab ich das Selbe schon vor ein paar Tagen gesagt. Der Höhepunkt unserer Reise ist überschritten. Aber ich sehe das als ganz selbstverständlich an. Denn selten gibt es den Höhepunkt erst am Ende einer Reise.

Auch dieser Tag beginnt wie schon viele Tage zuvor. Um 08.00 Uhr bin ich hellwach, sodass mich nichts mehr im Bett hält. Ich zieh mich an und mach mich auf den Weg zum Bäcker. Wir frühstücken und danach müssen wir uns mit Proviant für die nächsten Tage versorgen. Das erledigen Michi und ich, während Werner und Gabi das Schiff für die Abfahrt vorbereiten.

Ich bezahle im Marinabüro den Liegeplatz, dann können wir ablegen und unserem nächsten Ziel entgegen fahren, die Bucht Grand Case im Norden von St. Martin. Es bläst heute ein heftiger Wind mit bis zu 30 Knoten und unserer Tattoo plagt sich gegen Wind, Wellen und auch Strom. Mit gerade 2,5 bis 3,0 Knoten nähern wir uns unserem Ziel. In der Nähe der Grand Case befindet sich ein kleiner Flughafen auf französischer Seite, wo Michi und Gabi vor zwei Tagen aus Guadeloupe kommend gelandet sind. Wir werfen den Anker in der sehr offenen Bucht. Wellen und heftige Windböen zerren an der Ankerkette und wir können uns nicht so recht entspannen. Der Strand besteht nur aus einem schmale Sandstreifen, dahinter hat man fast durchgehend Hotelanlagen errichtet. Die Aussicht ist nicht gerade berauschend.

Gabi und Michi holen ihre Taucherbrille und Schnorchel aus dem Schiffsrumpf und springen in das strahlend blaue Wasser. Nach einer Stunde kehren sie etwas enttäuscht zurück, denn zu sehen gab es unter Wasser leider nicht viel. Wir beschließen, hier nicht länger zu verweilen, sondern in die nächste Bucht zu fahren, in die Anse Marcel. Es gibt dort eine kleine Marina, die man über einen engen Kanal erreichen kann. Dadurch liegt man sehr geschützt vor Wind und Wellen.

Die Einfahrt in die Marinazufahrt ist durch rote und grüne Tonnen gut markiert. Trotzdem muss man sehr vorsichtig navigieren, denn in die Wasserstraße lässt gerade Platz für ein Schiff. Am Ende steht man in einem Becken, rundum mit Stegen und die Hänge sind mit Strauchwerk grün bewachsen.

Wir liegen bequem längsseits an einem Steg, der gerade lang genug ist für unsere Tattoo-Island. Ich melde uns im Marina-Büro an. Die Marina ist Teil einer großen Hotelanlage der Raddison-Kette. Es ist sehr ruhig. Nur wenige Menschen leben hier auf ihren Schiffen. Vielmehr scheint die Anlage eher ein sehr gut geschützter Liegeplatz für Dauergäste zu sein. Hinter der Marina befinden sich das pompöse Hauptgebäude des Raddison-Hotels, einige Apartmenthäuser und das im Kolonialstil erbaute Privileg-Hotel, welches jedoch nicht in Betrieb zu sein scheint. Im Untergeschoß gibt es einen kleinen Supermarkt und die üblichen Souvenirläden.

Michi und Gabi begeben sich wieder an den Strand, während ich mir die Anlage etwas genauer ansehe.

Abends kocht Gabi. Es gibt Macaroni mit Broccoli, Speck, Zwiebel und Obers. Dazu essen wir Jägersalat. Wir sitzen danach im Cockpit, rund um uns ist es totenstill. Wir sind sichtlich hier in der Marina wirklich die Einzigen, die die Nacht an Bord verbringen.

„Good Evening!“ grüßt plötzlich eine freundliche Stimme aus der Dunkelheit. Ein Security-Mitarbeiter dreht seine Runden. Wir sind also doch nicht ganz alleine.


26.03.2006 – Strandwanderung
Wir wollen uns heute einige Strände im französischen Inselteil von St. Martin ansehen, die in unseren Reiseführern gelobt werden. Nach dem Frühstück geht es los. Zur Sicherheit erkundigen wir uns am Ausgang der Hotelanlage bei einem Uniformierten Wächter nach dem richtigen Weg. Als wir ihm unser Ziel nennen, meint er, dass das vollkommen unmöglich wäre, diese Strände ohne Auto zu erreichen. Er denkt sich wahrscheinlich – diese armen Irren – gibt uns dann aber dann zumindest eine Beschreibung der Route.

Zunächst müssen wir einmal über die steil abfallende Zufahrtsstraße der Bucht aufwärts, um den Bergrücken zu überqueren. Die Straße schlängelt sich in engen Kurven entlang des Berghanges. Kurz vor der höchsten Stelle wirft Werner das Handtuch und kehrt wieder um. Gabi, Michi und ich wandern weiter.

Nun geht es auf der anderen Seite genauso steil wieder abwärts. Man sieht auch schon die weißen Sandstrände der Etang de la Barriere. Die fast kreisrunde Bucht ist an der äußeren Seite durch mehrere kleine Inseln fast wie ein See vom Meer abgeschirmt. Einige Segler nützen diesen ruhigen Platz, um hier während des Tages zu ankern. Übernachten vor Anker ist aber verboten.

Wir erreichen die Hauptstraße. Von da an gehen wir nach rechts der Straße entlang. Wieder erkundigen wir uns nach dem richtigen Weg zum schönsten Strand von St. Martin, dem Orient Beach. „Das sind noch sieben bis acht Kilometer, vollkommen unmöglich, zu Fuß dorthin zu gelangen!“ Wir versuchen es trotzdem und nach ungefähr 30 Minuten stehen wir am Orient Beach. Ein langer, weißer Sandstreifen, kristallklares türkisblaues Meerwasser und in der Ferne sind bunte Sonnenschirme zu sehen. Wir kehren in das am nächsten liegende Strandrestaurant ein, um unseren Durst zu stillen.

Michi und Gabi springen wieder in das kühle Nass, während ich wieder zurück marschiere. Diesmal jedoch nicht auf der stark befahrenen Straße, sondern entlang der Küste. Ein schmal ausgetretener Pfad führt oberhalb des felsigen Ufers in die nächste Bucht. Der Anblick ist leider enttäuschend. Leer stehende Ferienhäuser, ohne Fenster und Türen, sichtlich noch nie bewohnt, stehen an einem völlig menschenleeren Sandstrand. Ich rätsle immer wieder, warum man soviel Geld sprichwörtlich im Sand vergräbt.

Dann führt mein Weg durch kleine Gärten mit Ferienhäusern, bis ich wieder an der Hauptstraße stehe. Von der Steintafel weg, die das Hotel Raddison ankündigt, sind es dann ziemlich genau zwanzig Minuten, bis ich wieder an Bord bin.

Gabi und Mich kehren kurz vor 02.00 Uhr zurück. Wir gehen uns dusche, diesmal auch mit Warmwasser – herrlich. Dann bezahlen wir unseren Liegeplatz und legen ab. Mit voll ausgereffter Genua geht es zurück bis zur Sandy Ground Brücke. Hier kann man in die Simpson Bay Lagoon einfahren. Die Brücke öffnet um 17.30 Uhr und so haben wir noch etwas mehr als eine Stunde zu warten.

Pünktlich um 17.30 öffnet der Brückenmeister die Hebebrücke. Vor uns fährt eine kleine schwedische Yacht. Da hinter dem Brückenkanal keine Seezeichen zu sehen sind, die uns den Weg hätten weisen können, folgen wir dieser Yacht. Doch kurz darauf merken, wir, dass dies die falsche Richtung ist. Wir wollen heute eigentlich in die Simpson Bay Marina und die liegt aber genau in der anderen Richtung.

Wir wenden. Plötzlich winkt uns ein Mann von einem anderen Schiff aufgeregt zu. „Nicht weiter fahren, hier wird es flach!“ Und schon ist es geschehen. Wir stecken im Sand. Vorsichtig versuchen wir, im Retourgang zurück zu fahren. Wir haben Glück. Nach wenigen Momenten bewegen wir uns auch wirklich wieder. Nun geht es vorsichtig von einer Markierungstonne zur nächsten. Das Schiff hinter uns hat sich auch im Sand eingegraben. Wie wir zumindest vermuten, wesentlich fester als wir, denn wir sehen die Leute auch noch aus einiger Entfernung, wie sie kämpfen, um wieder frei zu kommen.

Knapp vor Einbruch der Dunkelheit liegen wir sicher in der Simpson Bay Marina. Das Büro ist bereits geschlossen, so müssen wir uns erst morgen anmelden. Wir befinden uns nun im holländischen Inselteil von St. Martin – der hier Sint Maarten heißt. Auch gibt es hier eine andere Währung – den Niederländischen Antillen Gulden. Es werden aber auch Amerikanische Dollar akzeptiert. Die erhält man auch in den so genannten Bankmaschinen, wie die Bankomaten überall in der Karibik bezeichnet werden.

Sint Maarten ist seit kurzer Zeit ein unabhängiger Staat. Vorher war es Teil des Niederländischen Königreiches. Seit dieser Unabhängigkeit wird hier wahnsinnig viel gebaut. Überall entstehen Einkaufszentren, Spielcasinos und Ferienwohnungen oder Hotels. Wir finden in einem erst vor kurzem eröffnetem riesigem Kinozentrum mit kleinen Geschäften und vielen Restaurants auch einen kleinen türkischen Imbissstand, wo es Kebab gibt. Das ist Abwechslung. Auch wenn es nicht ganz unserer Vorstellung entspricht schmeckt es nicht schlecht.

Rund um die Marina ist auch noch reges Leben. Viele Menschen sitzen in den Lokalen und die Stimmung ist gut.

Trotzdem begebe ich mich heute nicht allzu spät in meine Koje, denn ich muss morgen früh aufstehen. Ich mache nämlich einen Ausflug auf die Insel Saba.


27.03.2009 – Die Königin von Saba
Immer wenn ich den Namen der sagenumwobenen Insel Saba höre, denke ich an das Stück „Die Königin von Saba.“ Ich weiß nichts über den Inhalt dieses Werkes, noch über deren Schöpfer, aber diese Worte haben sich eingeprägt.

Schon während der Planung unserer Reise war es einer meiner größten Wünsche, diese Insel zu besuchen. Damals wusste ich allerdings noch nicht, dass es ziemlich kompliziert ist, auf Saba anzulegen. Und beim Studium unserer Hafenhandbücher wurde mir klar, dass wir auf eigenem Kiel Saba wahrscheinlich nicht erreichen werden. Nur unter besten Wetterbedingungen soll man die sehr kleine Bucht Fort Baai ansteuern und ankern, wird empfohlen. Das Risiko war uns dann zu hoch, sodass wir stattdessen St. Barthélemy besuchten.

Doch meine Hoffnung muss ich nicht begraben. In St. Martin erblickte ich bei einem Anbieter für Ausflugstouren auch eine Tour nach Saba. Mittwoch, Freitag und Sonntag kann man für 75 US$ mit der „EDGE II“ in einer eintägigen Tour die Insel Saba besuchen. Genau das was ich wollte. Schon zwei Tage vorher reserviere ich einen Platz auf dem Schnellkatamaran.

Und heute ist es soweit. Um 07.00 Uhr läutet mein Wecker. Anziehen, Zähne putzen, kein Frühstück, nur den Rucksack einpacken und zum Abfahrtssteg der Fähre gehen. Keiner hört mich an Bord. Alle schlafen noch tief und fest.

Der Weg ist schnell gefunden. Pelikan Point heißt mein Ziel. Ich gehe durch eine hässliche Hotel- und Timeshare-Anlage. Zwei Etagen tiefer stehe ich vor dem Fährterminal. In der untersten Etage der Gebäude sind Reisebüros, Restaurants Tauchbasen angesiedelt. Vorher muss ich noch den Rest des Fahrpreises von 75 US$ bezahlen. Ich nehme auch das Tour & Lunch-Paket für 35 US$. Das ist zwar auch kein Geschenk, aber nach unserer Erfahrung in Barbuda glaube ich, mehr von der Insel zu sehen.

Kurz nach 09.00 Uhr legt die Fähre ab. Bis nach Saba sind es zirka 35 Seemeilen, was einer Fahrzeit von 90 Minuten entspricht. In dieser Richtung ist die Fahrt sehr angenehm. Es gibt fast kein schaukeln, den wir fahren mit der Welle. An Bord befinden sich ungefähr 25 Fahrgäste. Der Sprache nach zu schließen, kommen die meisten Besucher aus den USA. Eine bunt gemischte Runde. Die meisten fahren so wie ich, um die Insel Saba kennen zu lernen. Nur einige wenige machen einen Tauchausflug.

Saba besitzt als einzige Insel der Karibik keinen einzigen Strand. Dafür soll die Unterwasserwelt an der steil nach unten abfallenden Küste traumhaft schön sein. An Bord gibt es Getränke und die Stimmung ist gut. Um 10.30 legen wir an der sehr kurzen Mole von Fort Baai an. Dies ist die einzige Möglichkeit, von Wasser aus auf die Insel zu gelangen. Nur zwei Yachten ankern in der kleinen Bucht.

Bevor wir an Land gehen, müssen wir warten, bis die Beamten der Immigration alle Daten der Einreisenden überprüft haben. Dann betreten wir Saba. Zwei Kleinbusse warten schon auf die Gäste mit Tour & Lunch. Ich habe das Glück und bekomme den Platz in der ersten Reihe. Wir sind insgesamt etwa 12 Fahrgäste. Der Fahrer, ein älterer Herr, begrüßt uns alle sehr freundlich. Dann geht es Los.

Im Hafen steht das Kraftwerk. Hier wird mit Dieselgeneratoren der Strom für die etwa 13 km² große Insel erzeugt. Der Lärm der Anlage und auch der Gestank der Abgase sind wahrscheinlich der Grund, warum sich hier nur Tauchshops angesiedelt haben.

Die Straße windet sich gleich von Beginn an in engen Kurven steil bergauf. Unsere Fahrer erzählt, dass es hier auf Saba erst seit 1947 befestigte Straßen gibt. Seit dieser Zeit fahren auch die ersten Kraftfahrzeuge über die sehr bergige Insel.

Wir kommen in die „Hauptstadt“ von Saba. „The Bottom“ nennt sich der Ort mit 400 Einwohnern. Und eigentlich liegt „The Bottom nicht am Boden, sondern in 250m Höhe. Die netten Häuser, alle in einem ähnlichen Stil erbaut, liegen verstreut in einem Talkessel. Rundherum durch grüne Berghänge eingeschlossen. Doch wie wir zuvor schon auf allen anderen Inseln, mit Ausnahme von Barbuda erstaunt festegestellt haben, gibt es auch auf Saba eine medizinische Universität. Wir erfahren, das vorwiegend amerikanische Stundenten hier einige Semester ihrer Ausbildung verbringen.

Dann geht es weiter aufwärts. Wir erreichen den höchsten Ort Windwardside. Das ist das Touristische Zentrum. Von hier führt ein Stufenpfad auf die Spitze des 887m hohen Mount Scenery. Das ist die höchste Erhebung der Insel. Windwardside ist ein sehr reizvoller Ort. Es gibt viele Lokale und Geschäfte. Unser Fahrer führt uns zu dem Restaurant, wo wir dann unser Lunch erhalten.

Im Bus geht eine Speisekarte von Passagier zu Passagier, wo wir unseren Speisenwunsch markieren können. Ich nehme panierten Fisch. Dann führt uns der Weg zum letzten Dorf an der Straße, nach Hells Gate. Von hier führt eine Serpentinenstraße abwärts zum kleinsten kommerziellen Flugplatz der Welt. Die Start- und Landebahn ist 400m lang und endet an beiden Seiten an einer Felswand, deren unteres Ende am Meer liegt. Hier zu landen erfordert sicher viel Mut des Piloten. Schon der Anblick lässt einem erschaudern.

Nun bringt uns der Fahrer unseres Busses zum höchsten Punkt des Inselstraßennetzes. Hier verlassen ich und ein amerikanisches Paar den Bus. Jetzt beginnt der Aufstieg auf den 887m hohen Mount Scenery. Der gut befestigte Weg führt über unzählige Stufen bis zum höchsten Punkt der Insel. Ich lerne Luise und John aus Minnesota kennen. Die beiden verbringen ihren Urlaub auf Sint Maarten, denn sie besitzen in einer Timeshare-Anlage ein Apartement. Wir unterhalten uns, doch die beiden geben nach kurzer Zeit auf und kehren um.

So wandere ich alleine dem Gipfel entgegen. Der schmale und steile Weg führt durch üppige Regenwaldvegetation. Die Landschaft ist wunderschön. Es ist nun schon längere Zeit vergangen, seit ich den letzten Regenwald in der Karibik gesehen habe, ich glaube, das war auf Guadeloupe.

Nach 45 Minuten stehe ich am Gipfel. Vorher musste ich noch einige Felsbrocken überwinden. Nun sehe ich rund um mich nur blaues Meer, im Dunst die Inseln St. Eustasia und dahinter St. Kitts, im Norden Sint Maarten. Direkt unterhalb gibt es nur Regenwald und einige Bergspitzen knapp vor der Küste von Saba. Ich steige wieder abwärts. In dieser Richtung ist es weit weniger Anstrengend. Nach einer knappen halben Stunde erreiche ich das Restaurant in Windwardside. Mein Hunger ist riesig und der panierte Fisch schmeckt köstlich. Ich sitze mit Luise und John an einem Tisch und erzählen uns gegenseitig über unsere Herkunft. John kennt Wien noch aus seiner Zeit, als er in Italien Architektur studiert hat.

Ich schieße unzählige Fotos von Windwardside und der Umgebung, bis die Kamera mir unmissverständlich meldet: „Speicherkarte voll“ – leider, aber auch der Akku ist leer.

15 Minuten vor 15.00 Uhr treffen wir uns an der vereinbarten Stelle. Wir fahren zurück zum Hafen. In „The Bottom“ zeigt uns der Fahrer noch einige sehenswerte Plätze, eine Kirche mit einer wirklich schönen Deckenmalerei und das Krankenhaus der Insel. Plötzlich zeigt er mit der Hand zum Straßenrand – hier sitzt ein großer Iguano, eine etwa ein Meter lange, sehr urzeitlich wirkende Echse.

Um 15.30 legt unsere Fähre ab. Die Rückfahrt ist wesentlich ungemütlicher, zumindest für einige der Fahrgäste. Jetzt geht es wie im Teufelsritt über eine Weller nach der anderen. Manchmal schlagen die Wassermassen so heftig gegen den Rumpf des Schiffes, das man meinen könnte, es wird auseinander gerissen. Einige Passagiere verabschieden sich von ihrem Mittagessen. Mir macht es aber Spaß. Wir fahren mit ungefähr 17 Knoten Geschwindigkeit, doch man könnte meinen, das wir viel schneller unterwegs sind.

Um 17.00 Uhr erreichen wir Sint Maarten. An Bord zurück, gibt es natürlich viel zu erzählen. Michi und Gabi haben heute während des Tages ein Restaurant auf einem Schiff entdeckt, wo man günstig Spare-Rips essen kann. Das tun wir auch wirklich reichlich. Man kann hier nämlich soviel essen, bis man wirklich satt ist. Eigentlich reicht dazu schon die erste Portion.

Müde falle ich heute ihn meine Koje. Nun sind es nur mehr zwei Tage bis zu meinem Heimaturlaub. Ich freu mich schon sehr.

Dienstag, 24. März 2009

17.03 - 22.03.2009 - Hafentage

17.03.2009 – Im Hafen
Nach dem Frühstück heben wir den Anker und übersiedeln in die Marina Port Zante. Das Manöver ist schnell erledigt. Wir stehen nun ruhig und sind gut angebunden mit zwei Heckleinen, einer Springleine an der Backbordseite und mit jeweils einer Vorleine an den warzebeiden Dalben am Außenrand der Box.

Strom gibt’s keinen, dazu fehlen die technischen Einrichtungen, Strom von 110V auf 220V – wie in Europa üblich - zu transformieren. Aber glücklicherweise sind wir davon nicht abhängig. Es scheint ja endlich wieder die Sonne, keine Wolke ist am Himmel zu sehen und unsere Solarpaneele können zeigen, wie viel Strom sie aus ein paar Stunden Sonne auspressen können.

Es gibt wieder Internet. Und zwar mitten im neuen Einkaufszentrum von Port Zante, in der Rum-Barrel-Bar. Ich sitze dort und beobachte das bunte Treiben. Drei riesige Kreuzfahrtschiffe liegen heute an der Pier von Basseterre. Da ist einiges los in und um die Geschäfte im Hafenviertel. Eine Trachtenkapelle, das sind hier als Indianer verkleidete schwarze Musiker, tanzen und musizieren für die Bleichgesichter und diese danken mit einer kleinen Spende. Meerkatzen mit Spitzenhöschen und Dirndl lassen sich brav für ein paar Dollars ablichten, auf den Schultern sitzend, oder am Arm hängend. irgendwie tun mir diese Tiere leid. Angeblich leben 50.000 Meerkatzen auf St. Kitts.

Ich muss die Rum-Barrel-Bar verlassen, denn meine Akkus – die meines Notebooks natürlich – sind leer. Es gibt hier keine öffentlich zugängigen Steckdosen, so wie im Internetcafe auf Guadeloupe. An Bord schreibe ich wie besessen am Tagebuch weiter. Dabei vergeht mir die Zeit immer viel zu schnell.

Ui, jetzt ist es bei uns 16.00 Uhr vorbei, in Wien daher schon nach 21.00 Uhr. Zeit, um wieder in das Internetcafe zurück zu kehren. Ich skype mit Pitty, doch das Gespräch wird sehr oft gestört. Viel zu laute Musik dröhnt direkt über mir aus den Lautsprechern und ich habe unglücklicherweise mein Headset am Schiff liegen lassen.

Heute Abend gehen Werner und ich essen. Werner hat neben dem Fastfoodlokal KFC ein nett aussehendes Lokal im ersten Stock des Nebenhauses entdeckt. Mit dem bezeichnenden Namen „Sea View.“ Wir stehen vor dem Eingang - etwas ratlos – den die Türe ist versperrt. Es gibt auch keine Klingel. Nur eine Telefonnummer auf einem Zettel, der an der Türe klebt, mit dem Hinweis, diese Nummer anzurufen, wenn man durch diese Türe hinein will. Ein Passant, der uns zufälliger Weise beobachtet, meint, wenn wir essen wollen, sei dieses Lokal nicht zu empfehlen. Er schickt uns in das nur wenige Meter entfernte Circus-Grill-Restaurant. Es sei zwar nicht billig, doch man soll hier ausgezeichnet Essen können.

Werner bestellt sich Spare Rips mit Reis und Gemüse, während ich panierte Filets vom May-May-Fisch und dazu Folienkartoffel genieße. Wir bezahlen für Essen und Getränke 173,00 EC$. Nicht wenig, aber dafür wurden wir nicht enttäuscht.

An Bord unterhalten wir uns über die „leider“ (oder doch nicht „leider“) bevorstehende Rückreise nach Europa. Dazu muss ein exakter Terminplan erstellt werden, bis zu unserem endgültigen Ziel, Muggia bei Triest. Spätestens in den ersten Augusttagen wollen wir in der Marina Porto San Rocco anlegen.

Nun sind wir schon fast acht Monate unterwegs. Und jeder Tag war ein Traum – ein gelebter Traum.


18.03.2009 – Blinde Passagiere
Dieser Tag fängt so an wie viele andere zuvor. Zuerst kommt ein üppiges Frühstück. Esw sind danach notwendige Arbeiten im Schiffshaushalt zu erledigen: Wäsche waschen, Staub wischen, Bad reinigen, usw. Werner ist auch fleißig und frischt das Teakholz im Steuerstand mit Leinöl auf.

Für heute haben wir einen Ausflug in den Süden von St. Kitts geplant. Von Basseterre weiter südlich wird die Insel sehr schmal und hügelig. An den flachen Engstellen sind es nur wenige Meter zwischen Karibik und Atlantik. In diesem Teil von St. Kitts befinden sich die schönsten Strände und Buchten und die meisten Urlaubsgäste.

Wir fahren für 10 US$ mit dem Taxi nach Frigate Beach. In diesem Teil der Insel verkehren keine Sammeltaxis. Schon während der Fahrt spürt man, dass hier das Touristenzentrum der Insel liegt. Die Straße von Basseterre führt an riesigen Hotelanlagen, Casinos und zahllosen Restaurants vorbei.

Am Fregate Beach rösten Menschenmassen. Viele der Sonnenanbeter sind wahrscheinlich gerade erst angekommen und deshalb noch kreidebleich. Manche der hier schon länger verweilenden Gäste weisen aber eine schon eher ungesund aussehende Röte auf. Ihrer Sprache nach zu schließen, stammen die meisten Besucher aus Amerika, Kanada oder England. Der Strand ist wirklich schön, aber auch das strahlend blaue Wasser der Karibik hält uns hier trotzdem nicht all zu lange gefangen.

Zurück fahren wir mit einem Bus voller Amerikaner und Kanadier. Der Chauffeur, selbst auch in Amerika geboren, hat viel zu erzählen. Zum Beispiel, dass St. Kitts besonders enge wirtschaftliche Bande zu Kanada geknüpft hat. Manche Kanadier sollen es sogar vorgezogen haben, überhaupt hier zu bleiben. Die Gründe scheinen aber eher Steuerflucht oder ähnlicher Natur zu sein.

Die Busfahrt kostet 2,50 US$. Der Fahrer verweigert Zahlung in Landeswährung anzunehmen. Doch wir besitzen keine US$. Nur widerwillig bequemt er sich dann doch, den Preis auf EC$ umzurechnen.

Werner kocht heute eine gute Suppe mit Griesnockerl. Ich gebe Werner den Gries aus unserer Lebensmitteltonne. Der öffnet das Papiersackerl und staunt nicht schlecht, als ihm plötzlich lauter kleine Käfer entgegenkommen. Mehlwürmer, Mehlwurmkinder? Wir wissen es beide nicht. Morgen muss ich die Getreidebestände in der Tonne überprüfen. Glücklicherweise ist unsere Speisekammer für solche Fälle gerüstet und so gibt es statt der Griesnockerln halt Bröselknödel in der Suppe.

Nach der Suppe gibt es heute einen Scheiterhaufen. Ich kenne diese Speise noch aus meiner Kindheit und meine Tante ist sicher stolz auf mich, wenn ich so weit weg von daheim mit ihren Kochkünsten brilliere. Das Rezept habe ich noch im Kopf. Altes Weißbrot wird in Milch eingeweicht und in unserer Brotbackform in Schichten eingelegt, darüber kommen Äpfel, Bananen und Ananas und dann wieder eine Schicht Weißbrot. Das ganze würze ich mit etwas Zucker und Zimt und anschließend lasse ich den Auflauf 30 Minuten backen.

Wir sitzen gemütlich im Cockpit und unterhalten uns über die kommenden Wochen. Wenn mein Arbeitskollege Philipp in St. Martin zu uns an Bord kommt, fahren wir wahrscheinlich zu den Britisch Virgins Island. Die Bilder dieser Inseln, die ich in den Reiseführern gesehen habe, lassen mein Herz höher schlagen. Es sieht wirklich atemberaubend aus. Gerhard kennt die Inseln sehr gut. Er sagt, es ist schön, aber teuer. Da dürfen wir halt nicht jeden Abend Lobster essen!


19.03.2008 – Letzter Tag in St. Kitts
Morgen geht es nach St. Barthélemy, kurz auch St. Barth genannt. Eine winzige, 22 km² große Insel, die zu Frankreich gehört. Dort gibt’s hoffentlich wieder etwas mehr Auswahl an Käse und anderen guten Lebensmitteln. Aber eigentlich dürfen wir uns nicht beklagen. Denn schlecht ist es uns nun wirklich nie gegangen.

Nach dem Frühstück muss ich meine Wäsche von gestern noch spülen und aufhängen. Auch unsere Tattoo braucht wieder etwas Pflege. In den letzten Wochen ist ihr ein ordentlicher Bart gewachsen. Das Schiff muss „rasiert“ werden. Im Dingi halb sitzend, halb liegend kratze ich mit einer Spachtel aus Holz den Bewuchs unterhalb der Wasserlinie vom Rumpf. Werner hilft vom Deck aus mit, indem er das Dingi immer um einen Meter weiter zieht und dann festbindet. Es ist zwar eine anstrengend Arbeit, aber unbedingt notwendig.

Der Lack auf den Holzoberflächen, besonders im Bereich der Achterkabine, löst sich durch das Salz des Meeres auch langsam auf. Mit Bienenwachs reibe ich diese ungeschützten Flächen ein, damit Sonne und Salz nicht so leichtes Spiel bei ihrem zerstörerischen Werk haben.

Jetzt brauche ich unbedingt eine reinigende Dusche. Hier in der Marina kann man gegen Bezahlung von einem US$ die sehr großzügige Waschanlage benützen. Die Duschen sind so groß wie ein Badezimmer und sind ihr Geld wert.

Vor der Abreise müssen die üblichen Amtswege erledigt werden. Der erste Weg führt uns in das Marina Office, wo noch der Liegeplatz für die letzte Nacht bezahlen ist. Der nächste Weg führt zu einem sehr freundlichen Zollbeamten zum Ausklarieren. Und der letzte Weg führt uns in Nicholsons Baumarkt, wo Werner und ich je eine Machete erstehen, wie sie hier für die Zuckerrohrernte verwendet werden. Ein Muss für jeden Karibikbesucher.

Nachher besuche ich die Rum Barrel Bar, um noch ein paar Emails zu schreiben. Unser Abendessen ist das Selbe wie gestern. Es ist aber nicht unangenehm, einmal nicht zu kochen.

Dafür wollen wir heute Abend unsere letzten EC$ ausgeben. Zuerst probieren wir das in der Rum Barrel Bar. Nach einem Rumpunsch suchen wir uns ein neues Lokal. Nicht, weil uns der Rumpunsch nicht geschmeckt hat, ganz im Gegenteil – er war köstlich – jedoch weil hier überhaupt nichts mehr los ist. Wir kehren im Circus Grill ein, wo wir vor zwei Tagen schon gut gegessen haben.

Wir bestellen eine Runde nach der anderen. Vor der letzten Runde wollen wir noch bezahlen. Und wie wir die Rechnung sehen, sind wir sprachlos. Wir haben zuwenig Bargeld und Kreditkarte haben wir auch keine mit. Zähneknirschend rufen wir den Barkeeper und gestehen ihm unser Problem. Er murmelt etwas, schaut auch etwas finster drein, doch nach wenigen Minuten kehrt er lächelnd zurück und meint, dass das schon in Ordnung geht. Glück gehabt.

Frohen Mutes kehren wir zurück an Bord und genießen noch ein letztes Bier vor der Nachtruhe. Morgen ist um 06.00 Uhr Tagwache. Zeit zum Schlafen.


20.03.2009 – St. Barth – Little Europa
Um 06.00 läutet mein Wecker, 10 Minuten später wiederholt sich das Läuten. Nach der zweiten Wiederholung krieche ich aus dem Bett. Werner wird geweckt. Schnell bereiten wir alles für die Abfahrt vor. Um 06.45 machen wir alle Leinen los und verlassen Port Zante. Wir fahren nur unter Vorsegel und Motor die Westküste von St. Kitts entlang. Der Wind ist schwach und nur wenige Wellen lassen uns gemütlich frühstücken.

Nachdem wir die Nordspitze umfahren haben, nimmt der Wind merklich zu. Nun können wir segeln. Die Fahrt ist sehr angenehm. Es scheint die Sonne und kein Wölkchen trübt den Himmel. Nach zirka 40 Seemeilen erreichen wir um 15.00 unseren Wegpunkt, den ich kurz vor der Reede vor Gustavia gesetzt habe.

Die Insel Saint Barthélemy war für einige Zeit unter schwedischer Herrschaft. Die Franzosen haben die Insel dann nach einigen Jahrzehnten wieder zurückgekauft. Doch haben sie die Bauwerke und Namen von den Schweden übernommen und bis heute erhalten. Daher der schwedische Name Gustavia für die Hauptstadt der Insel.

In der Bucht liegen unzählige Schiffe, große und kleine. Wir suchen vergeblich einen Ankerplatz und hängen uns dann an eine der wenigen freien Bojen. Das Dingi kommt ins Wasser, der Motor wird montiert und wir fahren an Land. Es dauert eine ganze Weile, bis wir das Büro des Hafenmeisters, der auch gleichzeitig Zoll und Einwanderungsbehörde ist, gefunden haben. Wir füllen zwei Formulare aus und zahlen für drei Tage 21,00 EUR an Gebühren.

Dann werfen wir einen vorsichtigen Blick in die schmalen Gassen von Gustavia. Banken und Juweliere, Boutiquen, natürlich nur mit Markenware, Restaurants mit Polstermöbel. Alles wirkt sehr gediegen und teuer. Wir betreten ein Geschäft, dass dem Anschein nach Lebensmittel führt, aber eher ein Juwelier zu sein scheint. Der Verkäufer fragt nach unseren Wünschen. Wir suchen nach einem guten Stück Fleisch oder Bratwürstel. Der Verkäufer führt uns zur Kühltruhe. Hier liegen ganz oben auf fein säuberlich eingepackt ein paar Portionen Fleisch. Ich schaue auf den Preis und traue meinen Augen nicht: 69,00 EUR. Das kann doch nur ein Irrtum sein. Der Verkäufer erklärt mir, dass es sich um einen ganz besonderen Leckerbissen dabei handelt. Für unsere Bordkasse aber doch etwas zuviel. Auch mit Hühnerfleisch in Dosen um nur 25,00 EUR können wir uns nicht anfreunden, denn davon hatten wir in letzter Zeit genug.

Doch 100m weiter gibt es dann einen richtigen Supermarkt. Wir kaufen Lammleber. Heute gibt es geröstete Leber mit Petersilkartoffel. Dann sitzen wir noch in einem Biergarten. Kurz vor dem Einbruch der Dunkelheit kehren wir zu unserem Schiff zurück. Gerade noch rechtzeitig. Denn als wir uns an Deck befinden, ruft uns eine Stimme zu, dass wir uns von der Boje entfernen sollen - die ist privat. Doch das wussten wir schon vom Hafenkapitän.

Wir fahren etwas näher zu den Stegen heran und werfen an günstiger Position unseren Anker. Die Leber schmeckt herrlich. Frankreich hat seine Vorteile.


21.03.2009 – Frühlingsbeginn
Von einem Frühlingsbeginn ist hier nichts zu spüren. Es ist warm und sonnig wie immer. Der Himmel ist strahlend blau.

Wir genießen die Atmosphäre in der Reede. Im Wasser ist fast so viel Verkehr wie an Land. Ständig flitzen kleine und größere Beiboote über das Wasser. Wir sitzen im Cockpit, als ein kleines gelbes Ruderboot an uns vorbeizieht. Ein Mann in unserem Alter ruft uns ein paar Worte auf Französisch zu. „Je ne parle pas francais!“ ruf ich zurück. Er erblickt unsere Flagge und fragt: “Kommt ihr aus Österreich? Ich bin in Wien aufgewachsen. Nun hab ich zwanzig Jahre in Südamerika gelebt, doch die Dritte Welt ist uns irgendwann auf die Nerven gegangen. Nun leben wir seit vier Monaten auf St. Barth.“ Er spricht nach dieser langen Zeit noch immer perfekt deutsch. Ein neues Schiff will er kaufen, denn derzeit lebt er auf etwa 6,5m Länge Wasserlinie. Da kann es schon eng werden. „Um 13.00 Uhr findet heute eine Regatta statt und anschließend eine Party für die vielen Yachties, die hier in der Reede vor Gustavia liegen.“

Doch Werner und auch ich sind zu keiner Regatta zu überreden. Wir fahren um 15.00 nach Gustavia, kaufen ein wenig zum Essen ein und verbringen einen ruhigen Nachmittag.

Zum Abendessen gibt es Nudeln mit Fleischsoße aus echtem Rinderhaschee, natürlich selbst zubereitet. Wir sitzen danach gemütlich am Schiff und spielen eine Runde Domino. Nicht allzu spät gehen wir heute schlafen, denn für Morgen ist eine Inselrundfahrt geplant.


22.03.2009 – Ein unruhiger Morgen
Es beginnt draußen gerade hell zu werden, als mich ein Klopfen am Rumpf weckt. Es herrscht die totale Flaute. Ich werfe einen Blick aus meiner Luke und muss mit Schrecken feststellen, dass unser Nachbar bedenklich Nahe gerückt ist. Schnell bin ich an Deck. Werner ist wenige Momente später draußen. Alle verfügbaren Fender hängen wir an die Backbordseite. Noch haben wir keine gute Idee, wie wir die Situation in den Griff bekommen. Motor starten und Anker hoch. Ein neuer Ankerplatz muss gefunden werden. Wir fahren weit nach außen, bis wir endlich genug Freiraum haben, um erneut den Anker fallen zu lassen. Nun stehen wir um einiges weiter weg vom Dingisteg, dafür müssen wir uns keine Sorgen mehr machen, dass wir wieder mit einem Schiff an einer Boje kollidieren.

Nun ist es kurz vor 08.00. Zu spät, um nochmals unter die Decke zu kriechen. Wir richten uns ein gemütliches Frühstück her und kurz nach neun fahren wir mit dem Dingi an Land.

Sonntags sind die Straßen wie ausgestorben. Alle Geschäfte haben geschlossen. Doch zum Glück gibt es Ausnahmen. Ein Autoverleih hat doch geöffnet. Wir mieten bei „Barth’Loc“ einen Chevrolet Spark, einen richtiger Kleinwagen, um 71,00 EUR, samt Versicherung und Benzin. Die Besitzerin des Geschäfts zeigt uns auf einer Karte, welche Route wir am besten nehmen.

Zuerst müssen wir durch Gustavia. Die straßen sind schmal und kurvenreich. Ständig geht es bergauf und bergab. Man fährt an der Küste von einer Bucht zur nächsten und dazwischen muss man einen Bergrücken überqueren. Der Kleinwagen mit Automatik stöhnt ordentlich, wenn es so richtig steil wird. Hier gibt es keinen Schnee und so baut man die Straßen senkrecht bergauf.

Der Weg führt zuerst nach NW. Zu wunderschönen Stränden wie den Anse de Flamands. Bei der La Petit Anse endet die Straße und wir wenden und kehren zurück zu jenem Knotenpunkt, von wo man in alle Richtungen fahren kann. Hier über diesen Verkehrskinoten fliegen während des Tages unzählige Kleineflugzeuge und landen unmittelbar dahinter auf dem belebten Flughafen. Die Straße führt parallel entlang der Start- und Landebahn. Nach dem Flugplatz mit vielen Lokalen und Einkaufsmöglichkeiten geht es weiter entlang der Küste der Bay St. Jean. Unzählige Autos, mindestens die Hälfte davon sind Leihfahrzeuge, parken links und rechts neben der schmalen Fahrbahn. Boutiquen, Restaurants, Hotels und noble Villen säumen den Straßenrand.

In der Anse Lorient lässt der Verkehr spürbar nach. Wir lassen uns heute nichts entgehen und fahren so nah wie möglich zu jedem Strand. Einer ist schöner als der andere. Es geht zur Anse de Marigot, Anse de Grand Cul de Sac, Anse a Toiny und und und. Jeder Strand ist einzigartig, die meisten außerdem fast menschenleer. Die Landschaft ist trotz ihrer Trockenheit sehr Grün. An vielen Stränden im NO wachsen Palmen, dort wo keine Palmen gedeihen gibt es Strauchwerk. An den Berghängen stehen Kakteen und auch an den entlegensten Orten stehen die schönsten Villen.

An der Anse de Salines tummeln sich aber doch viele Menschen im weißen Sand. Und am Anse de Gouverneur hat uns die Vermieterin empfohlen, zu baden. Denn hier sind wir sicher ungestört. Doch am Sonntag sind die wenigen Einwohner von St. Barth am Strand und grillen.

Es war nicht einfach, eine Möglichkeit zu finden, wo wir unseren Durst stillen können und eine Kleinigkeit zu essen bekommen. In St. Jean werden wir fündig. Ein kleines Geschäft bietet italienische Spezialitäten an. Wir bestellen uns jeder ein üppig belegtes Panini und tauschen jeweils eine Hälfte.

Um 15.00 Uhr endet die Runde wieder in Gustavia. Sämtliche Straßen der Insel haben wir zumindest einmal befahren. Da wir aber kein Brot haben und der MATCH-Supermarkt beim Flughafen am Sonntag erst um 16.00 öffnet, verbringen wir die Stunde bei einem Bier und Sprite im Hafen von Gustavia. Knapp vor 16.00 holen wir unseren Wagen beim Autoverleih nochmals ab und fahren in Richtung Flughafen.

Nur wenige Meter weiter in einer engen Kurve steht ein Mann auf der Fahrbahn und deutet mit den Armen, stehen zu bleiben. Ein Motorrad liegt auf der Fahrbahn, ebenso ein kaputter Kotflügel, Glassplitter und andere Autoteile. Ein Junger Bursche liegt auf der Fahrbahn und windet sich vor Schmerzen. Der Unfalllenker kommt auf uns zu und bittet uns, ihm schnell zum Hafen zu führen, denn er hat seinen Pass dort liegen. Schnell hat sich eine Kolonne gebildet und wir fahren vorschriftswidrig gegen die Fahrtrichtung. Doch anders wären wir von hier nicht weggekommen.

Nach diesem Schrecken besorgen wir schnell frisches Baguette und bringen den Leihwagen zurück. Dann fahren wir mit dem Dingi zu unserem Schiff. Nun spüren wir beide die Müdigkeit. Denn heute sind wir schon früh auf den Beinen gewesen.

Übrigens will ich noch von einer kleinen Eigenheit unserer Tattoo berichten. Seit geraumer Zeit lässt sich das Licht im Bad nur mehr mit einem einfachen Trick zum leuchten bringen. Auch der Wechsel der Leuchtstoffröhre hat daran nichts geändert. Zuerst betätigt man den Lichtschalter. Nun beginnt die Röhre rechts ganz leicht zu leuchten. Man nimmt die Verkleidung ab und fährt mit zwei Fingern sanft von rechts nach links entlang des Leuchtstabes, und siehe da – die Lampe leuchtet nun in voller Stärke.

Dienstag, 17. März 2009

13.03. - 16.03.2009 - Leeward Islands

13.03.2009 – Rund um Nevis
Auch heute sind wir bestens vorbereitet auf das Anlanden mit dem Dingi am Strand. Der Wind ist noch etwas stärker geworden und die Wellen brechen kurz vor dem Strand. Heute kommen wir jedoch trocken an.

In Charlestown begeben wir uns zu dem Platz, wo sich alle Sammeltaxis, die die nördliche Route fahren, treffen. In einem Bus warten schon einige Fahrgäste. Als diese den Fahrer durch Hupen suchen, der sich aber nicht meldet, steigen alle in den nächsten Bus um. Wir finden auch noch einen Platz und kurz danach geht es los. Der erste Weg führt gleich an den Stadtrand von Charlestown, wo einer der Fahrgäste, ein älterer Herr, wohnt. Dann kehren wir auf die Hauptstraße zurück und fahren die Küste entlang nach Norden.

An einer der nächsten Haltestellen wartet eine extrem dicke Frau mit vollen Einkaufstaschen. Der Fahrer bietet ihr seine Hilfe zum Einsteigen an und einige Fahrgäste verändern ihre Sitzplätze. Dieser Fahrgast benötigt eine ganze Sitzreihe für sich selbst.

Die Route führt an der Four Seasons-Hotelanlage mit eigenem Golfplatz vorbei. An einer Tankstelle bitte die dicke Dame den Fahrer, ob er ihr Brot besorgen kann. Schnell springt er aus dem Wagen und kommt mit zwei Stangen Brot zurück.

Wir fahren entlang des wunderschönen Quali-Beachs, vorbei am internationalen Flugplatz und gleich danach am Nisbet-Beach. Kurz danach bringt der freundliche Busfahrer die letzten beiden Fahrgäste vor die Haustüre. Nun sitzen nur mehr Werner und ich in dem Toyota-Bus. Wir steigen an der Endstation in Eden Brown aus. Die Fahrt kostet pro Person 7,50 EC$.

Das ist wirklich nichts im Vergleich zu einer zweistündigen Taxifahrt, für die wir 75,00 US$ bezahlen müssten, nach Verhandlungen noch immer 60,00 US$. Auch das Ausleihen eines Mopeds für 24 Stunden kostet 40,00 US$. So haben wir uns für das wirklich günstige Sammeltaxi entschieden.

In Eden Brown steht eine moderne Kirche und die Ruine eines ehemaligen Gutshofes. Hier erzählt man sich Geschichten um einen Geist, der hier noch immer sein Unwesen treiben soll. Zwischen Eden Brown und Zion verkehrt kein Bus. Dieses Stück marschieren wir zu Fuß.

Nur riesige Trucks nützen die kaum befahrene Straße, um sich dem Geschwindigkeitsrausch hin zu geben. Vollbeladen keuchen sie aus einer Schottergrube und leer nützen sie die wenigen Kilometer zum rasen. Nach zwei oder drei Kilometern Fußmarsch entdecken wir einen kleinen Flughafen, samt Gebäuden, Parkplatz und Rollbahn. Doch scheint diese Anlage aus uns unbekannten Gründen nie in Betrieb gegangen zu sein.

Wir erreichen den Ort Zion, von wo wieder Busse verkehren. Kurz davor zweigt ein Weg nach links ab. Hier stehen die Überreste einer Rumdestillationsanlage. In den schon fast gänzlich verfallenen Gebäuden rosten riesige Kessel und eine alte Dampfmaschine aus dem Jahr 1893 vor sich hin. Trotzdem wirkt diese Anlage noch immer beeindruckend. Auch den Ziegen scheint es hier zu gefallen.

Im verschlafenen Dorf Zion fährt gerade ein Sammeltaxi aus seiner Garage. Wir rufen dem Fahrer zu, der gerade das Garagentor schließt, ob wir mitfahren dürfen. Er nickt nur und wir steigen in den Bus ein, dem die zweite Sitzbank fehlt. Kurz nach der Abfahrt halten wir aber bei einer Schlosserei. Hier steht die Sitzbank, die sichtlich repariert werden musste. Schnell ist sie eingebaut und es geht weiter, nun an die Südseite von Nevis. Die Natur ist hier etwas verschwenderischer mit dem Grün umgegangen. Es gibt hier keine Hotels und Badestrände, doch sehr schöne Villen. Wir kommen zurück nach einer zirka halbstündigen Fahrt in Charlestown an. Für diese Strecke bezahlen wir pro Kopf 4,00 EC$.

Im Kiosk am Fährhafen, wo wir auch gestern schon etwas getrunken haben, essen wir Reis und Huhn – was sonst. Doch leider sind die meisten Speisen schon aus. Anschließend besorgen wir Proviant und kehren dann zu unserem Schlauchboot am Pinney Beach zurück. Diesmal kommen wir leider nicht so trocken davon. Just in dem Moment, als wir uns in das Dingi setzen, bricht unmittelbar vor dem Dingibug eine große Welle und ergießt sich in das schmale Schlauchboot. Wir sitzen im Wasser. Doch nichts ist über Bord gegangen und nur unsere Badehosen sind nass.

An Bord sitzen wir geschützt im Cockpit, während heftige Regenschauer über uns hinweg ziehen. Der Wetterbericht hat leider wieder einmal recht gehabt. Für das Wochenende ist Schlechtwetter voraus gesagt worden.

Abends essen wir heute Toast und dann spielen Werner und ich noch eine Runde Back Gammon. Vom Strand dröhnt laute Musik. Im Pinney’s Beach Club ist heute eine Strandparty. Es ist aber viel gemütlicher an Bord.


14.03.2009 – Hallo, Saint Kitts
Der Weg zur Insel Saint Kitts, der größeren Schwester von Nevis, ist nicht weit. Etwa 10 Seemeilen. Nach unserem Frühstück machen wir alles klar zur Abfahrt. Zwanzig Minuten nach 10.00 Uhr starten wir den Motor und ich binde die Leine von der Boje los.

Der Wind bläst aus östlicher Richtung mit 20 bis 25 Knoten. Wir setzen die Genua und fahren eine Kurs halb am Wind. Zwischen Nevis und Kitts liegt der nur drei Seemeilen breite Narrows Kanal, wo die Wassermassen des Atlantiks hindurchgepresst werden. Doch die Wellen sind heute harmlos. Das Ziel ist auch leicht zu finden, denn an der Pier für Kreuzfahrtschiffe liegt gut sichtbar der Ozeanriese „Carnival Victory“. Und dahinter gibt es eine kleine Marina und davor Platz zum Ankern.

Knapp nach 12.30 Uhr erreichen wir den Ankerplatz vor der Inselhauptstadt Basseterre. Nur wenige Yachten liegen hier heute vor Anker. Es sind derzeit fünf an der Zahl, auch eine österreichische Flagge ist darunter. Der Anker liegt heute sicher in 4 bis 5 Meter Tiefe und wir genießen zuerst einmal ein Anlegebier, übrigens unsere letzten zwei Flaschen.

Ob wir an Land fahren, hängt vom Wind ab. Der lässt nach kurzer Zeit auch wirklich ein bisschen nach. So wagen wir den Ritt über die Wellen. Wir montieren den Außenborder und fahren in die sichere Marina. Hier binden wir uns an der Mole fest und hieven uns über die etwa 1,20m hohe Mauer. Ein Wachmann öffnet uns das Gittertor, welches die Zufahrt zur Marina für Unbefugte Besucher versperrt.

Das Hafengelände von Port Zante glänzt zwar mit vollständig neuen Geschäftshäusern, Lokalen und Büros, einige Objekte befinden sich noch in Bau, doch das Leben ist hier scheinbar noch nicht eingekehrt. Kommt man aber aus diesem Bereich auf die Hafenpromenade von Basseterre, so steht man mitten im pulsierenden Leben.

Viele Menschen bevölkern die Straßen. Viele von ihnen mit vollen Einkaufstaschen. Auf der dem Meer abgewandte Seite befinden sich Geschäftshäusern, Fastfood-Lokale und kleinen Bars, auf der anderen Straßenseite stehen kleine Buden, die frisches Gemüse und Obst anbieten und an manchen Ständen bekommt man einfache Speisen. Davor drängen sich Menschenscharen. Und in der Mitte ist der Busterminal. Hier warten Sammeltaxis auf Fahrgäste. Durch ständiges Hupen versuchen sie sichtlich, ihre Karossen schneller füllen zu können.

Wir marschieren am „Old Treasury Building“ vorbei, welches heute das Nationalmuseum beherbergt. Dann gehen wir nach links und stehen auf einem schönen Platz, in dessen Mitte der berühmte „Circus“ steht, ein viktorianischer Uhrturm. Nur wenige Meter weiter erreichen wir den „Indipendence Square“, ein schöner Park, der früher einmal der Sklavenmarkt war. Wir durchqueren die gepflegte Grünanlage und stehen auf der anderen Seite vor der St. Pauls Kathedrale, eine Kirche, die schon viele umbauten erlebt hat.

Basseterre ist eine Stadt mit vielen schönen Häusern, die meisten in einem wirklich guten Zustand, mit vielen Geschäften und die Stadt strahlt Lebendigkeit aus. Nur selten werden wir um Geld oder Zigaretten angebettelt. Aber unser Hunger nagt und da wir gerade vor einem KFC (Kentucky fried Chicken) stehen, beschließen wir, zur „Abwechslung“ Huhn zu essen. Ich weiß mit Sicherheit, dass ich Hühner bald nicht mehr sehen kann.

Wir kehren zurück auf unser Schiff. Dunkle Wolken über der Stadt haben uns angetrieben. Trocken steigen wir an Bord. Doch nur wenige Momente später öffnet der Himmel seine Schleusen und es beginnt heftig zu regnen. Das nennt man Glück. Die Wolken ziehen zwar rasch wieder weiter, doch der nächste Schauer liegt schon über der Insel.

Den Abend verbringen wir mit lesen und Domino spielen.


15.03.2009 – Ein richtiger Sonntag
Diesmal genießen wir den Sonntag wirklich. Um 09.00 stehen wir auf, bereiten uns ein Frühstück zu und machen es uns dann richtig gemütlich. Werner ließt Steven Kings „Drei“ und ich schreibe Tagebuch und bring etwas Ordnung in meine Kabine.

Und immer wieder muss ich schnell die Luken schließen, denn der Himmel verdunkelt sich und es beginnt in Strömen zu regnen. Bei offenen Luken spritzt es von allen Seiten in meine Kabine. Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei und ich kann die Luken dann wieder öffnen.

Alle unsere Nachbarn, die gestern noch in der Basseterre Bay geankert haben, sind heute abgereist. Nun stehen wir mutterseelenallein in der relativ großen Bucht. Doch nein, gerade hat ein Engländer neben uns seinen Anker geworfen.

Saint Kitts scheint noch nicht so richtig von den Seglern entdeckt worden zu sein. Dass wir nach vier Tagen im Zwergstaat St. Kitts und Nevis noch immer keine Gastlandflagge gehisst haben, stört hier sichtlich auch niemanden. Es war uns bis jetzt nicht möglich, eine Flagge aufzutreiben.

Nachmittags hole ich Zeichenstifte und Papier hervor und zeichne eine Strandansicht von Basseterre. Ich muss ja schauen, dass wieder etwas Geld in meine Bordkasse kommt. Am Abend gibt es heute deftige Kost: Kartoffel dünn geschnitten, dazu Zwiebel, Melanzani, Paprika und Paradeiser ebenso dünn geschnitten und mit Käse in einer Pfanne überbacken. Dann kommen noch drei Eier über das Ragout und fertig ist das Essen.

Bei einer Partie Domino vertreiben wir uns die Zeit. Draußen ist es heute wieder stürmisch und heftige Regenschauer machen das Sitzen im Cockpit sehr unbequem. Das ist auch der Grund, warum wir uns heute bald in unsere Kojen zum Schlafen begeben.


16.03.2008 – Eroberung von St. Kitts
Unser heutiges Programm ist sehr umfangreich. Um nichts zu vergessen, haben wir uns eine Liste geschrieben.

Nach dem Frühstück begeben wir uns nach Basseterre. Zuerst suchen wir im neu erbauten Hafenviertel nach einer Möglichkeit zum Einkaufen, ob es ein Internetcafe gibt, wo sich Zoll und Einwanderungsbehörde zum Ausklarieren befinden. Bis auf den letzten Punkt gibt es aber nur protzige Auslagen mit Schmuck und anderen unwichtigen Dingen - alles natürlich zollfrei – für die Passagiere der großen Kreuzfahrtschiffe. Wir finden mit Hilfe dann zumindest eine Touristeninformation, wo wir eine kleine Karte von St. Kitts erhalten.

Am Markt kaufen wir frisches Obst und Gemüse und bringen es gleich zu unserem Dingi. Heute ist auch der Hafenmeister anwesend. Ein wirklich netter Kerl. Als wir ihm nach einer Tankstelle fragen, wo man Benzin für unseren Generator bekommt, geht er zu seinem Wagen, bittet uns einzusteigen und führt uns ans andere Ende der Stadt, wo wir an einer Zapfsäule unseren Kanister füllen können. Dann setzt er uns im Hafen wieder ab. Und das alles für nichts – hier fast nicht zu glauben. „Danke, lieber Hafenmeister!“

Endlich steht unserem Inselausflug nichts mehr im Weg. Am Busbahnhof finden wir schnell die richtige Linie. Ein Kleinbus fährt mit uns über die Küstenstraße nach Norden. Bei „Brimestone Hill“ stoppen wir mit einem „Please, Stopp!“ an den Fahrer und steigen wenige Momente später aus. An diesem Ort, kurz vor Sandy Point befindet sich eine der größten, wenn nicht die größte, Befestigungsanlage, die die Briten in der Karibik während ihrer Kolonialherrschaft erbaut hatten, beziehungsweise von Sklaven erbauen haben lassen. Diese Festung wird auch „Gibraltar der Karibik“ genannt, wie mir Derek, der hier Restaurierungsarbeiten durchführt, erzählt.

Die Anlage ist wirklich eindrucksvoll, riesengroß und wirklich sehr massiv gebaut. Wir genießen den herrlichen Fernblick über die Insel in das blaue Wasser des Ozeans, das am Horizont mit dem Himmel zu verschmelzen scheint. Es geht wieder abwärts, diesmal beide auf der Straße. Aufwärts hatte ich den steileren, aber dafür wesentlich kürzeren Buschweg über Felsen und Wurzeln gewählt, während Werner die etwas sanfter ansteigende Straße weitergegangen ist.

Wir überqueren die Geleise der stillgelegten Zuckerrohrbahn und stehen wieder dort, wo wir vorher aus dem Bus gestiegen sind. Schon wenige Minuten später hält ein Sammeltaxi vor uns. Wir sitzen nur wenige Minuten unter dem schützenden Dach, als sich alle Schiebefenster auf der Fahrerseite schließen. Ein fürchterlicher Platzregen entlädt sich gerade über uns. Der Fahrer reduziert das Tempo, was sonst nur sehr ungern geschieht. Doch nach wenigen Minuten ist die Wolke über uns weg gezogen und es scheint wieder die Sonne. Das ist hier vollkommen normal.

In Dieppe Bay Town ist Endstation. Von hier sind es 2 Meilen (=3,3km) bis nach Sandy Bay. Von dort fahren die Busse über die Ostküste nach Basseterre. Werner knurrt – „Das ist mir zu weit!“ Wir gehen aber dann doch! Entlang einer Nebenstraße, die direkt zur Küste führt. Ein Blick über das blaue bis türkisblaue Meer. Ein beängstigender Blick über die zahllosen Riffe vor der Küste. Hohe Wellen brechen viele Meter an diesen spitzen, steilen Riffen und Wassermassen ergießen sich dann in das Becken dahinter und über den dunklen Sand des Strandes. Die Insel ist so wie viele andere in der Karibik vulkanischen Ursprungs.

Dunkle Wolken ziehen von Osten über das Meer und verdunkeln in Abständen den Himmel. Doch es bleibt trocken. Wir marschieren vorbei an neugierigen Blicken durch Dieppe Bay Town. Ein Schulbus, voll mit schreienden und lachenden Schülern, hält neben uns und will uns mitnehmen. Wir lehnen dankend, wir wollen doch gehen!

Die Straße bis Sandy Bay ist kerzengerade. Links zwischen Meer und Straße stehen kleine Häuser und Hütten aus Wellblech und Sperrholz, viele davon leer und heruntergekommen, manche sogar nur mehr Ruinen. Dann bleibt noch ein mit Wiese bewachsener Streifen bis zum Sandstrand, auf dem Kokospalmen ihre Früchte abwerfen und Kühe oder Schafe weiden. Rechts neben der Fahrbahn liegen nach den letzten Hütten der Ortschaft Dieppe Bay Town ausgedehnte Zuckerrohrfelder, mitten im Wachstum. Eine Allee mit sehr alten Baummethusalems trennt die Felder von der Straße. Nur wenige Autos sind in diesem Teil der Insel unterwegs. Nach den Zuckerrohrfeldern steigt, parallel zur Straße, die Landschaft sanft an. zuerst sind die flach gekrümmten Hänge mit grünen Sträuchern und nur wenigen Laubbäumen bewachsen. Mit zunehmender Höhe geht die Vegetation dann in einen tropischen Regenwald über.

In Sandy Bay besteigen wir den nächsten Bus und fahren zurück nach Basseterre. Die Strecke führt entlang eines Schienenstrangs. Diese Bahn wird während der Zuckerrohrernte in Betrieb genommen und transportiert das Zuckerohr zur Zuckerfabrik und zu den verschiedenen Rumerzeugern. In anderen Zeiten Fahren Touristen über diese Strecke.

Der Fahrer des Kleinbusses scheint es eilig zu haben, denn er fährt ständig mit weit überhöhter Geschwindigkeit, selbst durch Dörfer, trotz einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 20 Mph im Ortsgebiet und Warnungen, dass dieses Vergehen mit mindestens 250,00 EC$ bestraft wird.

Wir erreichen knapp vor 15.00 Basseterre. Der nächste Punkt unserer Liste kann gestrichen werden – Internetcafe. Für 15 EC$ kaufen Werner und ich eine Stunde surfen. Das Vergnügen hält sich aber in Grenzen. Die Verbindung und wahrscheinlich auch der Rechner sind sehr langsam.

Punkt drei: Einkaufen. Auch diesen Punkt können wir abhaken. Es ist alles gekauft, was auf unserer Liste gestanden ist. Wir marschieren mit schweren Taschen zu unserem Dingi. Und wieder schaffen wir es noch rechtzeitig an Bord zu kommen. Denn wenige Momente später ist auch schon alles wieder nass.

Unser Abendmahl fällt heute sehr schmackhaft aus. Es gibt verschiedene Salate (Karfiol, Paradeiser und Paprika, Karotten- und Gurkensalat, dazu saftige Schweinskotelett.

Draußen stürmt und schneit, nein, regnet es und wir ziehen die heimelige Atmosphäre des Salons vor und „schnapsen“ uns ein Bummerl aus. Oje Werner – einmal ein Schneider, einmal ein Pummerl.

Freitag, 13. März 2009

10.03 - 12.03.2009 - Kopflosigkeit

10.03.2009 – Antigua, ade
Ja leider, wieder müssen wir eine Insel verlassen, wo wir uns sehr wohl gefühlt haben. Aber an dieser Stelle möchte ich auf ein Problem hinweisen, dass leider hier niemanden zu stören scheint. Überall liegen in wunderschöner Natur, aber auch neben der eigenen Hütte oder im Garten des Hauses Autowracks, Autoreifen, Aussenbordertorsos, Haushaltsgeräte, Wellblechteile, und – und - und. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Einerseits verstehe ich, dass es schwierig ist, diese schweren Güter an eine zentrale Stelle zu bringen. Was passiert dann dort damit? Dann müsste man diesen (vielleicht gar nicht wertlosen) Schrott abholen lassen, wo er an geeigneter Stelle recycelt wird.

Diese Leichen werden immer mehr und sie zerstören so viel dieser unendlich wertvollen Natur dieser einzigartigen Karibik. Vielleicht hört mich jemand?

Kehren wir nun zurück zum Tagesgeschehen: Aufstehen zu gemäßigter Stunde, ich um 08.00 Uhr, Werner etwas später. Mein tag beginnt mit Wäsche waschen, spülen, aufhängen an der Reling. Dann wird gefrühstückt.

Als wir das Geschirr abgewaschen und Zähne geputzt haben, kommt unser Nachbar Klaus mit seinem Satellitentelefon Motorola 9505, das Selbe wie unseres, um es zu testen. Wenn er den Akku in seinem Telefon aufladet, dann entladet er sich. Mit unserem Telefon funktioniert es aber richtig. Jetzt muss Klaus der Mitarbeiterin vom Telefonverkäufer das Problem erklären und hoffen, dass sie es versteht. Ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Als Gegenleistung bindet Klaus eine große Schlaufe in das Seil, mit dem wir an der Boje hängen.

Anschließend nehmen wir unsere Schiffspapiere und Pässe und gehen zum Zoll. Wir wollen heute ausklarieren, damit wir morgen zeitig in der Früh sofort ausfahren können. Die Dame an der Theke erklärt, dass wir das besser erst am Nachmittag erledigen. So gehen wir unverrichteter Dinge zu dem kleinen Souvenirmarkt, wo auch ein Obsthändler seine Ware verkauft. Eine Ananas, eine Zuckermelone und ein paar Bananen wechseln den Besitzer. Als Draufgabe bekommen wir zwei Zwergananas geschenkt.

Wir gehen zum Segelmacher, um unseren seitlichen Spritzschutz abzuholen – eine Abdeckung der Reling im Bereich des Cockpits, damit uns seitlich brechende Wellen nicht bespritzen können. Alles liegt zum Abholen bereit. Wir bezahlen 487,00 EC$ und gehen an Bord.

Ich schreibe Tagebuch, Werner liest und um 13.00 Uhr packe ich den Computer ein begebe ich zum Anchorage-Center, wo es gratis Internet gibt. Ich nütze die Möglichkeit und telefoniere mit Pauli und Lilli, mit Pitty und mit Erwin und Wolfgang in einer Konferenzschaltung. Das ist wirklich toll. Erwin sitzt im 2. Bezirk auf der Wasserwiese, Wolfgang in Ritzing im Mittleren Burgenland und ich in English Harbour auf Antigua und wir plaudern, so wie wenn wir gemeinsam an einem Tisch sitzen würden. Doch ein Blick auf die Uhr lässt mich das Gespräch abrupt beenden.

Werner hat in der Zeit, wo ich im Internet war, für unser leibliches Wohl gesorgt und bei einem Imbissstand neben dem Admirals Inn Huhn mit Reis und Bohnen für je 13,00 EC$ besorgt. Und außerdem sollten wir um 16.00 Uhr spätestens beim Zoll sein.

Dort geht dann alles reibungslos, aber sehr kompliziert, von statten. Zuerst müssen wir beim Hafenkapitän die Rechnung für zwei Tage Liegeplatz, Müll, Strom und Wasser schreiben lassen, dann zum Zoll. Hier wird das selbe Formular wie bei der Einreise ausgefüllt, nur mit einem Ausreisedatum. Die nächste Station ist die Einwanderungsbehörde. Hier fülle ich die Crewliste so wie bei der Einreise aus, völlig identisch. Dann muss ich wieder zum Zoll. Hier braucht der Beamte aber dann die bezahlte Rechnung vom Hafenkapitän. Wir müssen aber vorher den Adapter für den Stromanschluss zuerst dem Elektriker bringen, damit wir die Leihgebühr bezahlen können. Mit dieser Rechnung in der Hand können wir dann die Hafengebühren bezahlen. Jetzt kann der Mann vom Zoll seinen Stempel und seine Unterschrift auf das Ausreiseformular setzen.

Um 18.00 mach ich mich nochmals auf den Weg zum gratis Internet. Wie ich dort so sitze, höre ich plötzlich hupen, Trompetenlärm, gekreische, Automotoren. Eine endlos lange Autoschlange nähert sich dem großen Parkplatz vor Nelson’s Dockyard. Alle Menschen blau gekleidet, mit blauen Fähnchen in den Händen, Plastikhörner zum Reinblasen, Trommeln, Pfeifen, aufgeblasenen Gummihämmern, und vielen anderen Werbematerial der UPP – der derzeit in Antigua regierenden Partei, wie mir der Koch der Pizzeria gegenüber meines Platzes erklärt. Jeder schreit irgendetwas, ein Chor grölt die Parteihymne, alle sind fanatisch und entfesselt. Die Gäste im Lokal werden schon nervös, denn alle Mitarbeiter stehen am Straßenrand und zeigen deutlich, dass ihre Farbe rot ist.

Nach einer halben Stunde zieht die Kolonne wieder ab und es kehrt Ruhe ein. Auch ich beende meine Internetverbindung und kehre zu Werner zurück. Wir essen unser Huhn mit Reis und Gemüse, mittlerweile ausgekühlt, aber gut, dann schreiben wir eine SMS an die „Ausreisser“, ob sie nicht auf ein Bier vorbei kommen wollen.

Der Anlass ist ein trauriger. Wir müssen uns heute leider verabschieden, denn nun trennen sich unsere Wege. Ilona und Bodo wollen bis zum ersten April von Barbuda die Rückreise über den Atlantik antreten. Ich will es kurz und schmerzlos machen.

Liebe Ilona, lieber Bodo!
Es war ein großes Glück, euch in Barbados am 16.12.2008 kennen gelernt zu haben. Die Stunden, die wir mit euch verbracht haben, waren wunderschön. Immer wieder waren wir getrennt und haben uns doch wieder gefunden. Eines glaube ich allerdings erst, wenn ich es mit eigenen Augen gesehen habe: Dass die „Ausreisser“ vor Bodos und Ilonas Heim in Zedernick auf der Havel angebunden ist. Das klingt einfach unglaublich. Aber wir kommen, um es zu glauben.

Wir wünschen euch viel Glück und gute aber mäßige Winde, auf ein baldiges Wiedersehen. Und meldet euch, wenn ihr „drüben“ seid!

Die Crew von der Tattoo

Wir verabschieden uns auch von Klaus und Heidrun, die wir leider erst vor wenigen Tagen kennen gelernt haben. Aber wir müssen weiter.

11.03.2009 - Kopflos
Tagwache um 06.00 Uhr. Es ist schon Morgendämmerung. Werner stellt einen Teekessel voll Wasser für Tee und Kaffee auf die Herdflamme, während ich Vorbereitungen zum Ablegen treffe. Klaus, unser Nachbar, kommt auch aus seiner Koje, um uns noch ein letztes Lebewohl zu wünschen. Er hilft uns beim Einholen der Heckleine.

Zwanzig Minuten nach Sechs ist es dann soweit. Die Maschine ist gestartet, ich ziehe vom Cockpit aus den Anker in die Höhe und Werner holt die Leine ein, mit der wir an der Boje befestigt waren. Wir machen an Deck alles klar und werden dafür mit einer ruhigen See und wenig Wind auf offener See empfangen. Das erste Stück entlang der Küste motoren wir. Endlich können wir wieder bei Fahrt frühstücken. Wir stärken uns mit Müsli mit einer Frischen Ananas, mit einer Zuckermelone und mit Bananen. Wurst und Käse dürfen natürlich auch nicht fehlen.

Der Wind legt leicht zu, etwa 10 bis 15 Knoten zeigt unsere Windstärkeanzeige an und wir rollen die Genua aus. Und nachdem wir aus der Landabdeckung der Insel kommen frischt es auf 20 Knoten auf. Das Großsegel mit erstem Reff wir nun auch gesetzt. Die Maschine wird gestoppt. Mit 5,5 bis 6,5 Knoten fliegen wir förmlich der kleinen Insel Nevis entgegen. Und wieder rollen wir unsere Angelleine aus – vielleicht beist heute ein Fisch an. Seit unserem Jahrhundertfang am 25. Dezember zwischen Barbados und Tobago hatten wir kein Anglerglück mehr.

An der Backbordsnneeite erblicken wir die Insel Monserrat. Ich hätte diese Insel gerne besucht, nicht nur wegen ihres noch hoch aktiven Vulkans Soufriere, der 1997 das letzte Mal einen gewaltigen Ausbruch hatte. Nur leider sind die Möglichkeiten zu ankern sehr gering und auch sehr von der Wetterlage abhängig. Das war uns dann einfach zu unsicher.

Redonda gehört zum Inselstaat Antigua und Barbuda. Die unbewohnte Insel war nur einmal für gewiefte Kaufleute aktuell, die mit dem dort tonnenweise herumliegenden Vogelmist das große Geschäft machen wollten. Doch dann kam die englische Krone.

Es ist 14.30. Wir haben Nevis quer ab. Die Insel gehört zum Statt Saint Kitts und Nevis, ist fast kreisrund, hat eine Fläche von zirka 93 km², 10.000 Einwohner und in der Mitte erhebt sich eindrucksvoll der grüne Gipfel des Nevis Peak mit immerhin 3.232 ft, das sind fast 1000m Höhe.

Auf dem letzten Stück zur Hauptstadt Charlestown bläst uns der Wind mit 25 bis 30 Knoten voll entgegen. Trotz Motorunterstützung plagen wir uns die letzen Seemeilen, bis wir endlich um 16.30 ein Bojenfeld vor Pinney’s Beach erreichen. Davon steht nichts im Hafenhandbuch. Aber wir sind nicht unglücklich. Schnell ist eine geeignete Boje gefunden, an der wir uns anhängen können. Vor uns sollte ein wunderschöner Palmenstrand liegen.

Im Hafenhandbuch konnte ich lesen: Der Sandstrand ist 2,5 km lang, man ankert vor einer traumhaft schönen Palmenkulisse, wo es am schönsten ist, Karibik pur.

Hier hat leider ein Hurrican am Pinney’s Beach alle Palmen geköpft. Der Anblick ist wirklich sehr traurig. Mit diesem Los müssen die Menschen hier in der Karibik leider leben. Und wütet einmal ein Hurrikan über einer Insel, dann hinterlässt er nicht nur eine Spur der Zerstörung, dann bleiben danach auch die Hotelbetten leer und die Einkünfte der Inselbewohner versiegen.

Wahrscheinlich ist das einer der Gründe, warum das Leben in der Karibik so unverhältnismäßig teuer ist. Obwohl durch diese hohen Preise für viele Menschen hier das Leben fast unerschwinglich wird. Und die Armut ist hier überall zu sehen, auch wenn das viele nicht wahrnehmen wollen. Deshalb kostet ein ¼ Liter Bier zwischen 2,50 und 3,00 Euro, eine Stange Brot ca. 1,25 Euro. Eine Pizza ab 12.00 Euro. Und oft muss man zu den Preisen, die in der Speisekarte stehen noch 10 Prozent für das Service und 15 Prozent für Steuern hinzurechnen.

Aber warum dreh ich mich nicht einfach um und vergesse diesen traurigen Anblick. Vor mir sehe ich einen riesigen rot glühenden Ball, der langsam hinter dem Horizont untertaucht. Und davor segelt ein wunderschöner Dreimaster mit vollen Segeln. Wie besessen versuche ich dieses Bild mit meiner Kamera einzufangen.

Und es gibt hier auch noch andere Dinge, die eigentlich so gar nicht in diese Welt passen. Aber ich versuche sofort, ob ich hier einen Zugang zum Internet habe. Und es funktioniert auf Anhieb. Wenige Minuten später plaudere ich mit Pitty und den Kindern mit Skype.

Das Abendessen fällt heute einfach aus, denn wir wollen heute beide nicht mehr an Land rundern, um etwas einzukaufen. Mit einer Dose Mischgemüse – Mixed Pickles, Zwiebel fein geschnitten und Thunfisch zaubere ich einen Salat. Werner schält den Knoblauch und mischt eine Butter dazu und wir essen heißes Knoblauchbrot dazu. Nun sind alle Brotreserven verspeist. Und wir sind müde, der Tag war lange.


12.03.2009 – Charlestown
Heute müssen wir zuerst den Amtsweg beschreiten. Zoll und Einreiseformalitäten. Vorsichtig, wie wir geworden sind, rudern wir nur in mit der Badehose bekleidet mit dem Dingi an den Strand. Kleidung und Schiffspapiere sind in einem wasserdichten Sack verstaut. Prompt lande ich beim Anlanden am Sandstrand im Wasser. Es hat nur ein halber Meter gefehlt.

Wir ziehen unser Dingi aus dem Meerwasser. Stacheliges staubtrockenes Strauchwerk begrenzt den menschenleeren Sandstrand. Unvorsichtiger Weise trete ich mir auch gleich so einen harten Stachel in der Fußsohle ein. Schnell ziehen wir uns an, dabei steige ich noch mindestens zwei Mal auf Dornen. Es tut gut, wenn der Schmerz nachlässt. Zum Glück bleiben diese Dornen nicht stecken oder brechen sogar ab.

Wir kommen an einem Strandrestaurant vorbei, gehen über eine Brücke, die einen Fluss überquert und stehen auf der Hauptstraße. Auch hier ist das Bild ein trauriges. Fast jedes Haus steht leer, Mauern sind umgefallen, Fenster und Türen fehlen oder sind kaputt. Ziegen weiden in den Gärten. Ein ehemaliger Tennisplatz ist noch am grünen Bodenbelag und an den Markierungen zu erkennen.

Doch je näher wir uns der kleinen Hauptstadt Charlestown nähern, umso lebendiger wir es um uns. Charlestown ist eine nette Stadt, mit netten Bürger, netten Häusern. An jeder Ecke steht eine Bank, es gibt viele Geschäfte und viele Menschen.

Wir stehen im kleinen, aber lebendigen Hafen. Ich frage einen Mann nach dem Zoll. Der Zollbeamte führt mich in das Büro im ersten Stock. Ein fast wortloser junger Beamter fragt mich nur, was auf seinem Bildschirm zu lesen ist. Dann tippt er langsam die richtigen Antworten in das Formular. Ich zahle 30,00 EC$ für die Einreise und werde zur Polizei geschickt. Hier werden unsere Pässe abgestempelt, nachdem ich eine Crewliste ausgefüllt habe. Der nächste Weg führt zum Hafenkapitän, wo ich 71,00 EC$ für drei Tage an der Boje, eine Umweltabgabe und eine mir unbekannte Steuer bezahle. Nun erhalte ich beim Zöllner das wichtige Dokument der Einreise. Das benötigen wir später für die Ausreise.

So einfach geht das. Wir belohnen uns mit einem kühlen Getränk. Dann besichtigen wir Charlestown gründlich. Nach einer Stunde sind wir fertig. Das wirklich interessanteste ist der jüdische Friedhof. Nur mehr wenige Gräber sind vorhanden. Aber dafür stehen schöne bunte Holzhütten auf dem Friedhof. In grellen Farben: gelb, grün, rosa. Nur deren Zweck ist nicht zu erkennen.

Wir kehren auf unser Schiff zurück. Es ist heiß und wir spannen das Sonnendach über das Cockpit. Dann setze ich mich an den Computer und verbinde mich mit der Heimat,
schreibe Emails, auch wieder einmal an Wolfgang und Christel von der Liv. Leider haben sich unsere Wege schon vor langer Zeit getrennt. In San Sebastian haben wir unser letztes Bier gemeinsam getrunken. Doch wir schreiben uns regelmäßig. Ein Wiedersehen gibt es aber wahrscheinlich erst in sechs oder sieben Jahren. Denn erst dann wollen die beiden zurückkehren.

Heute gibt es Marmeladepalatschinken. mit unseren letzten Marmeladereserven. Und Werner meint: „Endlich etwas, was wie daheim schmeckt!“

Dienstag, 10. März 2009

08.03 - 09.03.2009 - Antigua & Barbuda wählt

08.03.2009 – Antigua wählt
Es ist noch früher Morgen, doch die Wahlhelfer aller Parteien Antiguas & Barbudas sind schon auf den Beinen. Auf ihren Pick-Ups oder Jeeps, haben sie am Autodach riesige Megaphone montiert. Im Morgengrauen sind die Wahlkampfslogans ihrer Kandidaten in Nelson’s Dockyard nicht zu überhören, denn hier ist es um diese Zeit normalerweise Mucksmäuschenstill. Das wird sich bis nächsten Donnerstag nicht ändern. Dann sind Wahlen in Antigua, wo alle Regierungsmitglieder neu gewählt werden.

Für uns ist aber heute noch nicht Zeit zum Aufstehen, denn wir haben heute Ruhetag. Die Sonne scheint vom Himmel herab und wir genießen ein gemütliches Frühstück. Nur ein paar kleine Arbeiten sollten erledigt werden, wie etwa die Kontrolle des Motoröls, des Keilriemens und des Kühlwassers. Das übernimmt Werner. Ich arbeite währenddessen am Computer.

Mittags begeben wir uns in das Anchorage-Center, etwas außerhalb von Nelson’s Dockyard, wo es Free-Wifi - einen kostenlosen Internetzugang - gibt. Ich plaudere mit Pitty und Lilli, dann melden sich noch Erwin und Wolfgang und wir führen ein Gespräch zu dritt über Skype. Es ist wirklich unglaublich, was heute alles möglich ist.

Leider müssen wir unser Gespräch aber bald beenden, denn mein Akku meldet den bevorstehenden Zusammenbruch.

Ich nütze den wunderschönen Nachmittag und packe meine Zeichensachen in den Rucksack. Werner bleibt am Boot und verbringt die Zeit lesend.

Ich wandere wie schon zwei Tagen zuvor auf den Berg ohne Namen, von wo man einen wunderschönen Rundblick über die Falmouth Bay und English Harbour hat. Blickt man in die umgekehrte Richtung, dann sieht man in das unendliche Blau des Atlantiks, der heute auch eine ruhigen Tag zu haben scheint.

Diesmal ersteige ich den Gipfel, der mir bei meiner ersten Wanderung verwehrt war. Oben befindet sich ein Plateau, wo ich es mir gemütlich mache und den Blick in die Bucht auf Papier festhalte.

Plötzlich steht unser Schiffsnachbar mit seiner Frau auf dem Plateau. Auch sie sind heute wandern. Wir kommen ins Gespräch und plaudern über dies und das. Heidrun und Klaus, sie leben in der Nähe von München, sind mit ihrer „Maskali“, eine Amel 40 Sharki, anfangs Jänner von Teneriffa mit ihrer Amel 40 losgesegelt. Sie haben Antigua einen Tag vor uns erreicht.

In Mindelo hatten sie einen ungeplanten Aufenthalt, denn am Weg dorthin ist das Vorstag gebrochen. Sie mussten fast zwei Wochen auf die Ersatzteile warten. Im Gegensatz zu unserer Atlantiküberquerung hatten sie sehr viel Wind, manchmal bis zu 40 Knoten und nun brauchen sie einmal Ruhe und Entspannung.

Wir verabschieden uns und die Beiden wandern noch ein Stück zum nächsten Gipfel, während ich mich wieder dem Zeichnen widme. Knapp vor Sonnenuntergang packe ich alles ein und eile den Berg hinab, um noch vor Einbruch der Dunkelheit am Schiff zu sein. Heute gibt es Hühnerhaxerln mit Speck, dazu Gemüse und Knoblauchbrot. Dann laden wir Heidrun und Klaus zu uns an Bord ein und wir erzählen uns viele Geschichten. Wir werfen einen Blick auf die Uhr - 00.30 Uhr. So spät ist es schon! Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Heidrun und Klaus verabschieden sich und wir fallen müde in unsere Kojen.


09.03.2009 – Barbuda - Einzigartig
Der Wecker läutet um 06.45. Wir wollen heute einen Ausflug auf die Schwesterinsel von Antigua machen, auf die kleinere Schwester Barbuda, etwa 160km² groß, und mit 1.500 Einwohnern auch sehr dünn besiedelt. Wir haben uns entschieden, die Insel mit der Fähre zu besuchen, denn es gibt nur wenige Möglichkeiten zu ankern und dann ist das Wetter auch noch zu beachten.

Wir packen Reiseführer, Fotoapparat, Trinkwasser und noch ein paar Kleinigkeiten in unsere Rucksäcke ein und marschieren zur nächsten Autobushaltestelle. Kurzer darauf besteigen wir den Bus und 40 Minuten später erreichen wir den Busterminal von St. John. Von hier sind es noch etwa 10 Minuten Fußmarsch, bis wir am Ticketschalter des Barbudaexpress angestellt stehen.

Das Ticket wird wie bei einem Flug mit allen wichtigen persönlichen Daten ausgestellt. Der Preis ist auch nicht ohne – 195,00 EC$, das sind etwa 70 EUR. Dann drückt uns die freundliche Dame am Schalter zwei Boardingkarten in die Hand und bittet uns, spätestens eine viertel Stunde vor Abfahrt bei der Fähre zu sein.

Wir holen uns von einem nahen Stand zwei große Sandwichs mit Schinken und Gemüse und warten dann pünktlich vor der Fähre auf die Abfahrt. Das Schiff schaut etwas seltsam aus. Es ist ein Katamaran, wobei der Aufbau für die Fahrgäste die Form einer flachen Kiste hat, und es schwimmt auf zwei dünnen Kufen. Auf die Minute genau besteigt der Kapitän das Schiff, begrüßt seine Gäste und startet die Maschinen.

Und schon legen wir ab. Zwei Matrosen verstauen die Leinen und schließen die Fenster. Dann gibt einer der Beiden eine kurze Einweisung über die Benützung der Schwimmwesten im Seenotfall. Wir haben aber außer dem Demonstrationsobjekt aber keine einzige Schwimmweste an Bord entdeckt.

Nachdem wir aus der Bucht auf das offene Meer kommen, beschleunigt das Schiff und der Ritt über die Wellen beginnt. mit zirka 20 Knoten rasenn wir über das türkisblaue Meer. Immer wieder donnern Wellen mit einem ohrenbetäubenden Knall gegen den Rumpf des Katamarans, sodass man meinen könnte, er wird zerrissen. Wasser spritzt über die Scheiben und man sieht in diesen Momenten nichts.

Nach 90 Minuten sind die meisten Fahrgäste glücklich, die Fähre verlassen zu dürfen. Der Kapitän bittet alle, die auch die Rückreise für heute gebucht haben, spätestens um 15.30 zurück am River Dock zu sein.

Werner und ich betreten Barbuda. Vom Meer aus war die Insel erst aus geringer Entfernung zu sehen, denn es gibt keine einzige Erhebung. Die Insel ist flach wie ein Brett. Wir gehen die staubige Sandstraße in Richtung Codrington. Kurz darauf hält ein Taxi und wir steigen ein. Außer uns sitzen noch zwei Fahrgäste im Wagen.

Nachdem diese beiden vor ihrem Haus aussteigen, führt uns der Fahrer bis in das Zentrum von Codrington. Hätte Mr. George Burton, so heißt unser Fahrer, das nicht erwähnt, wir hätten es auch nicht bemerkt. Codrington ist die Hauptstadt Barbudas. Die Häuser liegen verstreut, einen Ortskern gibt es nicht. Es gibt 41. Straßen, fünf Kirchen, eine Schule, zwei Supermärkte und viel Sonne und wenig Schatten.

Wir fühlen uns wie im wilden Westen. Von überall werden wir freundlich begrüßt. Die Kinder der Primary-School betrachten uns durch den Zaum wie wilde Tiere. Wir suchen eine Bar, um uns abzukühlen. Ein freundlicher Codringtoner zeigt uns den Weg zur einzig geöffneten Bar. Die Auswahl der Getränke ist wie die Besiedlung der Insel – sehr dünn.

Wenn nicht gerade Wahlkampf wäre, dann wären die Straßen wahrscheinlich völlig leer. So tummlen sich aber viele Menschen, schmücken alle Bäume und Masten mit bunten Bändern und aus den Autos dröhnen die Stimmen der Kandidaten.

Im Supermarkt bitten wir die Dame an der Kassa, dass sie uns ein Taxi ruft. Vor der Rückfahrt wollen wir noch einen der Strände kennen lernen, für die Barbuda so berühmt ist. Der Fahrer führt uns zum River Beach, von wo wir es nicht mehr weit zur Fähre haben.

Wir sind wirklich fast die einzigen Menschen auf diesem kilometerlangen weißen Sandstrand. Das türkisblaue Meer brandet sanft an den Strand und wir liegen unter dem schützenden Dach eines Strohschirmes. Nur die Ruinen von einigen kleinen Häusern lassen darauf schließen, dass vor uns auch schon andere Besucher hier waren.

Um 15.00 Uhr müssen wir zurück zur Fähre. Hier wird noch gearbeitet. Der Mechaniker steht im Rumpf und schraubt noch fleißig. Doch um 15.45, die geplante Zeit für die Abfahrt, ist alles fertig und verschlossen. Die Maschinen werden gestartet und wir legen ab. Die Fahrt nach St. John ist wesentlich angenehmer, denn die Wellen sind kleiner und außerdem kommen sie von hinten.

Knapp vor 18.00 besteigen wir den Bus nach English Harbour. Wir sind erschöpft von diesem Ausflug. Er war es Wert, wenn ich auch meine, dass mir ein Tag auf Barbuda gereicht hat. Die Insel ist mir schon zu ruhig und vor allem zu flach.

Wir kochen uns Kartoffelpüree mit Corned Beef und anschließend besuchen wir heute Klaus und Heidrun auf ihrer „Maskali“. Heute wird es nicht so spät, denn mir fallen schon beim Zuhören die Augen zu.

Sonntag, 8. März 2009

05.03 - 07.03.2009 - Ist ja irre

05.03.2009 - Antigua
Nach diesen etwas zu aufregenden Tagen tut so ein Tag wie der Heutige richtig gut. Nichts ist geplant, außer Gemütlichkeit. Und so verläuft der Tag auch.

Um Neun begebe ich mich zum Zoll und zur Einwanderungsbehörde. Trotz des fehlenden Ausklarierungsbescheides von Guadeloupe können wir problemlos Einreisen. Das war sicher dem Supervisor zu verdanken. Die Abwicklung geht flott von statten und bald bin ich wieder zurück an Bord. Werner war in der Zeit meiner Abwesenheit auch nicht untätig und hat mit den Vorbereitungen des Frühstücks begonnen. Ich mach mich noch schnell auf die Suche nach einem Bäcker, denn unsere Baguettes aus Pointe a Pitre sind nun leider vollständig ausgehärtet. Die Bäckerei befindet sich hinter dem Museum, wie mir die Dame vom Zoll erklärt. Ich kehre mit zwei frischen Weißbroten an Bord und wir können frühstücken.

Dann montiere ich in der Achterkabine an der Steuer- und Backbordseite Gummibänder als Sicherung der Buchablage, damit die Bücher bei einer etwas heftigen Welle von der Seite nicht immer wie Geschosse durch die Kabine geschleudert werden.

Jetzt kann ich mich ruhig vor den Computer setzen und die Homepage wieder auf den letzten Stand bringen. Aber vorher muss ich noch schnell das Sonnendach montieren.

Um 15.00 gehen wir dann von Bord, mit dem Fotoapparat bewaffnet. Zuerst spazieren wir durch das wunderschön restaurierte Viertel Nelson’s Dockyard. Der Engländer Nicholson hat Ende der Vierziger Jahre damit begonnen, Die Anlage, die nur mehr eine Ruine war, nach und nach liebevoll wieder so aufzubauen, wie jedes Gebäude ursprünglich ausgesehen hat. Heute hat diese Marina den Status eines denkmalgeschützten Parks.

Wir gehen an einer Segelmacherei vorbei und fragen uns, ob wir hier nicht unseren seitlichen Spritzschutz anfertigen lassen können. Wir gehen in die Halle und erklären einem freundlichen Mitarbeiter unseren Wunsch. Bis Montag ist es unmöglich, meint er, aber besser, wir kommen später, wenn der Chef wieder im Haus ist.

Gesagt, getan. Eine Stunde später erklären wir dem Chef, Mr. Franklyn Braithwaite unser Anliegen. Auch er winkt ab, als wir ihm sagen, dass wir uns Montagmittag als spätesten Liefertermin wünschen, denn dann wollen wir weiter nach Barbuda fahren. Rein aus Interesse fragen wir nach dem Preis und Mr. Braithwaite geht in sein Büro. Nach wenigen Minuten kommt er zurück, mit seiner Visitenkarte und darauf der Preis: 481 EC$.

Werner und ich überlegen, ob diese zwei Stoffrechtecke das Wert sind: 481 EC$. Nicht wenig für zwei Quadratmeter Stoff. Doch dann sagen wir: Ja, wir lassen es anfertigen!“ Mr. Franklyn Braithwaite schreibt einen Vertrag und verspricht, bis Montag, den neunten März fertig zu sein. Endlich können wir die Marina verlassen, um die Umgebung zu erkunden.

Wir suchen den Ort English Harbour, mit Lebensmittelgeschäft, Markt, usw. Bis wir an einer großen Kreuzung stehen, sind wir schon an vielen kleine Hütten und einfachen Häusern vorbeigekommen, Gemüse- und Obstläden waren auch zu sehen, auch Geschäfte für Kleidung und Souvenirs, dazwischen lagen grüne Gärten mit Bananenstauden, Mangobäumen und vielen anderen Köstlichkeiten. Auf der schmalen Straße war viel Verkehr, vor allem durch Taxis und Linienbusse. Doch ein Dorf war nicht zu sehen, ebenso keine Ortsschilder, die English Harbour angekündigt hätten.

Etwas ratlos kehren wir um. Zum Abendessen gibt es heute Eierspeise mit Kartoffeln und Speck. Dann sitzen Werner und ich noch eine Weile im Cockpit unserer Tattoo und genießen den Abend.


06.03.2998 – St. John
Heute ist ein Ausflug nach St. John geplant. Auf der Straße nach Falmouth hält ein Minibus. Wir fragen, ob seine Route nach St. John führt. „Natürlich“, antwortet der Fahrer und schon sitzen wir im Autobus.

Wir fahren wieder auf der stark befahrenen Hauptstraße, wo iinks und rechts kleine Läden mit Obst, Gemüse oder anderen brauchbaren oder unbrauchbaren Dingen stehen. Die Straße ist schmal und wenn ein parkendes Fahrzeug die Spur blockiert, muss der Bus anhalten und und den Gegenverkehr abwarten. Am Stadtrand von St. John beginnt sich der Verkehr zu stauen. Nun geht es nur mehr im Schritttempo voran. Ich nütze diese Langsamkeit und beobachte das bunte Treiben der vielen Menschen auf der Straße. Jeder hat irgendetwas auf seinem kleinen Stand anzubieten: Gemüse oder Obst aus dem eigenen Garten, selbst gebrannte Musik-CDs oder Film-DVDs, Kleidung, Haushaltsgeräte, und vieles mehr. Es stört mich überhaupt nicht, dass wir nur im Schritttempo vorankommen.

Endlich erreichen wir den Busbahnhof. Gleich gegenüber liegt der Markt und Freitag ist hier ebenso, wie auf vielen anderen Inseln der Karibik auch, Markttag. Junge und Alte Menschen bevölkern die Straße. Ein Geschäft reiht sich an das Nächste. Eine endlose Autoschlange kriecht durch die lebendige Straße.

Alles hier ist bunt. Jedes Haus strahlt in einer anderen Farbe. Oft ist es wahrscheinlich nur mehr dieser Lack, der verhindert, dass die eine oder andere Hütte auseinander fällt. Werner und ich wandern kreuz und quer durch die meist rechtwinkelig zueinander verlaufenden Straßen und Gassen von St. John. Alles scheint auf den Beinen zu sein. Ein unheimlicher Trubel beherrscht die Stadt.

Eine Frau erzählt mir, dass nächste Woche am Donnerstag wichtige Wahlen in Antigua statt finden. Von fast jedem Lichtmast, von fast jeder Palme am Straßenrand und von vielen Autos, viele davon sind zusätzlich mit riesigen Megaphonen bestückt, lächelt ein freundliches Gesicht einer Frau oder eines Mannes. Jeder wirbt für seine Parteifarbe rot, blau, grün oder gelb und verspricht, dass mit seiner Kraft alles besser wird.

Endlich haben wir eine „Bankmachine“ gefunden, die auch funktioniert. Endlich deswegen, denn unsere Geldbörsen haben vor Leere schon gegähnt. Und der Erste Versuch scheiterte, denn es gab heute sichtlich Probleme mit der Online-Verbindung. Doch nun scheint man das Problem im Griff zu haben.

Am Weg durch das Stadtzentrum stehen wir plötzlich vor dem strahlend weißen, im klassizistischen Stil erbauten Gebäude der Meinl Bank. Ich finde diese Situation sehr witzig, weil ich erst vor kurzer Zeit über diesen Julius Meinl und seine dubiosen Geldgeschäfte in einer Zeitung gelesen habe und nun stehe ich vor einem seiner Bankhäuser.

Wenige Häuser weiter steht das ehemalige Gerichtshaus von 1759, das heute das „Museum of Antigua & Barbuda“ beherbergt. Wir werfen nur einen kurzen Blick in die eher leeren Hallen des Museum und marschieren weiter.

Eine der schönsten Kirchen der ganzen Karibik befindet sich am Ostrand der Altstadt, die „St. Johns Anglican Cathedral“. Und unmittelbar nebenan befindet sich ein sehr alter Friedhof, dessen Gräber teilweise verweist oder sogar schon zerstört sind. Trotzdem scheint hier das Kommunikationszentrum vieler Menschen zu sein.

Es ist Zeit umzukehren. Vor der Heimfahrt kehren wir noch schnell in eine kleine Bar ein, wo uns drei Syrer freundlich begrüßen. Wir kommen schnell ins Gespräch und sie erzählen uns über die vielen Einwanderer, die Antigua als ihre neue Heimat auserkoren haben – das Land der Sonne und des Meeres, wie man auf jedem Autokennzeichen lesen kann. Der eine Syrer erzählt, dass Antigua etwa 100.000 Einwohner hat und davon sind etwa 7.000 deutsche Einwanderer, die hier nun ihren Ruhestand genießen. Warum er das erwähnt, wissen wir allerdings nicht.

Nachdem wir wieder in Nelsons Dockyard angekommen sind, möchte ich noch die Umgebung erkunden. Ich wandere zuerst in Richtung Fort Berkely und dann weiter der Küste entlang zum Pigeon Bay. Der gut markierte Weg führt durch felsiges Gelände und man hat einen herrlichen Blick auf das Karibische Meer. Über diesem liegen dunkle Wolken und ich bin froh, dass ich meine Regenjacke bei mir habe. Denn schon nach wenigen Metern beginnt es heftig zu regnen.

Ich stehe inmitten einer trockenen Senke, rund um mich dürres und stacheliges Geäst und Kakteen und vor mir eine Erhebung, die ich eigentlich noch gerne besteigen würde. Ich lass es aber sein, denn es wird schon dunkel und ich mach mich auf den Rückweg.

Zu essen gibt es frisches Gemüse, das wir am Markt von St. John gekauft haben, dazu Reis. Immer wieder ziehen heftige Regenschauer über English Harbour. Der Wetterbericht, den Werner gestern im Internet abgerufen hat, ist vollkommen korrekt. Gegen Nachmittag ist der Durchzug eines Tiefs angekündigt worden. Nun scheint es da zu sein. Damit wir aber nicht im Regen sitzen, spannen wir heute unser schützendes Dach über das Cockpit. Das ist nun das dritte Mal auf dieser Reise.


07.03.2009 – 365 Strände
Im Reiseführer ist zu lesen, und natürlich auch in den vielen Hochglanz-Prospekten des Tourismusministeriums: Es gibt auf Antigua 365 Strände. Ob diese Zahl stimmt, wissen wir noch nicht. Aber jene Strände, die wir zu Gesicht bekamen, sahen wirklich traumhaft aus.

Aber alles der Reihe nach. Um 08.00 Uhr stehe ich vor dem verschlossenen Tor des „Lion-Autoverleihs“. Gestern hat mir die etwas seltsame wirkende Mitarbeiterin erklärt, dass sie mir erst morgen sagen kann, ob sie ein Auto für uns hat. Und heute hat sich ihr Kollege sichtlich etwas verspätet.

Aber dann klappt alles wie am Schnürchen. Wir bekommen einen kleinen Chevrolet um 55,00 US$, zuzüglich Versicherung 12,00 US$ und eine so genannte „Driving License“ für 20,00 US$ oder umgerechnet in die lokale Währung 230,00 EC$ (East Carribian Dollar).

Ich parke das Auto am Parkplatz vor Nelson’s Dockyard und hole Werner, der leider noch immer mit einer lästigen Verkühlung kämpft. Um 10.00 geht es los. Werner als Copilot hält den Plan und gibt mir die Anweisungen. Der Weg führt über enge Straßen mit unzähligen Schlaglöchern. Man muss wirklich sehr vorsichtig fahren, denn manche Löcher sind so tief, dass wahrscheinlich zumindest ein kaputter Reifen unvermeidbar wäre. Es gibt weder Verkehrszeichen, noch Wegweiser. Wir können uns meist nur an der einfachen Straßenkarte vom Autoverleih orientieren.

In Liberta (den Ortsnamen wissen wir nur aus der Straßenkarte) biegen wir links ab in den „Fig Tree Drive“. „Fig“ heißt in Antigua Banane. Wie der Name schon sagt, führt diese Straße durch Plantagen von Bananen. Auch führt der Weg durch den einzigen Regenwald Antiguas. Nur von wenigen Menschen wird dieses eher bergige Land bewohnt. Hier befindet sich auch die höchste Erhebung der Insel, der Boggy Peak, mit 405m Höhe.

Wir fahren auf der „Old Road“ weiter und sehen wieder das türkisblaue Meer. Jetzt geht’s entlang der Küste von einem Traumstrand zum nächsten. Carlisle Bay, Morris Bay, Cades Bay, Turners Beach, und wie sie noch alle heißen. Jolly Harbour wollen wir uns zwar auch ansehen – das Eldorado für Reiche, mit eigenem Golfplatz, eigener Marina und vielen anderen Annehmlichkeiten. Doch wir finden den Weg in dieses Luxusland nicht. Es gibt keinen einzigen Wegweiser. Oder vielleicht sind wir auch nur blind.

Am Stau, in dem wir uns nun befinden, erkennen wir - das ist St. John, die Inselhauptstadt mit ihren 45.000 Einwohnern und fürchterlich viel Verkehr. Mit viel Geduld erreichen wir das andere Ende der Stadt und fahren nun auf der Factory Road gen Osten. Obwohl die Straße als Highway bezeichnet wird, ist sie in einem ebenso desolaten Zustand wie die Straßen bisher.

In St. John haben wir uns heute nur kurz aufgehalten. Wir haben die Anlegestelle der Fähre nach Barbuda gesucht. Sollte sich das Wetter bis Montag nicht bessern, dann fahren wir vielleicht für einen Tag mit der Fähre nach Barbuda. Dort gibt es nämlich fast keine sicheren Ankerplätze. Die Zeit in St. John ist jedenfalls lange genug, um den sozialen Diensten nachzukommen. Eine Spende von 5 EC$ für die Secundary Highschool St. John und eine Bierspende für einen wichtigen Informanten sind unumgänglich.

Die Factory Road eine kerzengerade Straße, die durch eine trostlose steppenartige Ebene führt. Links und rechts neben der Straße weiden Ziegenherden auf kargen Böden, zwischen verfallenen Industrieanlagen, wie z.B. die alte Zuckerfabrik, aber auch neu erbauten Hallen, wo viele Güter hergestellt oder gelagert werden.

Überhaupt habe ich den Eindruck, dass auf dieser Insel vieles anders läuft als auf den Inseln, die wir bisher besucht haben. Die Geschäftigkeit Antiguas ist mir in dieser Deutlichkeit bisher nirgendwo aufgefallen.

Je weiter östlich wir kommen, umso schmäler und löchriger wird die Straße, auch der Verkehr nimmt stark ab. Die Landschaft wird in diesem Teil der Insel hauptsächlich landwirtschaftlich genützt. Wir suchen „Betty’s Hope“, vor einem Jahrhundert die größte Zuckerrohrplantage Antiguas. Auch hier weist uns nur ein unscheinbares Schild den Weg, nachdem wir schon zweimal daran vorbei gefahren sind.

Über Schotter fahren wir zu den Ruinen der einstmals größten Zuckerrohrverarbeitungsanlage und Rumdestillerie. Hier hat man bis zu 300 Sklaven beschäftigt. Nun sind die ehemals, mit Ausnahme der Sklavenunterkünfte, aus Stein erbauten Gebäude fast vollständig verfallen. Nur eine der zwei Windmühlen sind restauriert worden. Wegen der Hurrikangefahr hat man aber die Flügel der Windmühle abgenommen und so sieht dieses Bauwerk auch etwas nackt aus.

Der Nächste Stopp ist in der Long Bay – allerdings unbeabsichtigt! Unverständlicher Weise hat man die Straße hier fast bis in das Meer hinein gebaut, obwohl der Strand mit seinem weißen Korallensand so wunderschön wäre. Einige Hotelanlagen stehen auf den Felsen und viele blasse Menschen drängen sich auf diesem wunderschönen Sandstrand. Wir sind aber nicht absichtlich hier, doch die Abzweigung zur „Devils Bridge“ war nicht markiert.

Die „Devils Bridge“ finden wir aber doch. Ein wahrhaft beeindruckender Ort. Der Fels wurde vom Wasser so ausgespült, dass er nun eine Brücke gebildet hat, die irgendwann der Kraft des Meeres nachgeben und einstürzen wird. Rund um diesen Ort blickt man in strahlend türkisblaues Meer.

Wir nähern uns nun der Südküste. Das Land ist hügelig und mit Strauchwerk dicht bewachsen. Ziegen mit ihren Jungen sind hier auf der Suche nach Futter. Nur wenige Menschen leben in den kleinen Dörfern, die meisten namenlos. Auch die Strände sind fast menschenleer. So wie die Half Moon Bay, wo gerade eine handvoll Sonnenanbeter im feinen Sand liegt.

Unser letztes Ziel, das „Arawak Village“ können wir trotz intensivster Bemühungen nicht entdecken. Trotz der Unterstützung mehrerer Einheimischer. Die letzte Auskunft lässt unsere Hoffnungen aber sowieso schwinden, denn einen Allradantrieb hat unser Leihwagen nicht. Dafür entdecken wir die Medizinische Universität Antiguas, die auch nur über einen staubigen Pfad zu erreichen ist.

Zurück an Bord, kommen auch wieder Wind und Regen. Wir dichten unser Cockpit auch heute ab. Sicher ist sicher. Heute gehen wir Pizza essen in die nahe gelegene Holzofen-Pizzeria. Die Nacht ist angenehm kühl und wir schlafen herrlich.

Freitag, 6. März 2009

02.03 - 04.03.2009 - Neue Erkenntnisse

02.03.2009 - Ernste Kaufabsichten
Wir frühstücken heute erst später, denn für heute haben wir nichts geplant. Es soll ein erholsamer Tag werden. Nach dem Frühstück widme ich mich meiner Wäsche, die bei der gestrigen Wanderung etwas gelitten hat. Und da es keine Wäscherei in der Umgebung der Marina gibt, wasche ich meine Schmutzwäsche selbst. In einer Marina, wo Süßwasser nicht extra verrechnet wird, ist das ideal. Da spielt es auch keine Rolle, wenn es fünfmal am Tag regnet. Irgendwann scheint die Sonne lange genug, dass die Wäsche trocken wird.

Nachdem die Wäsche gut ausgespült ist und auf der Wäscheleine hängt, packe ich mein Notebook und alles was dazugehört ein und begebe mich zu „Le Carribian“. Die Homepage ist wieder zu aktualisieren. Bei dieser Tätigkeit vergeht die Zeit meist viel zu schnell, ganz besonders dann, wenn es ständig Übertragungsprobleme gibt. Doch dann denk ich mir einfach, dass diese Kommunikationsmöglichkeiten heutzutage eigentlich ein Wahnsinn sind. Man darf nicht unbescheiden sein.

Gabi kocht heute Hühnerlaibchen und Kartoffelpüree. Um 18.45 bin ich an Bord. Das Problem beim Öffnen der Fotos von Guadeloupe ist zwar gelöst, jedoch noch nicht auf der Homepage behoben. Ich darf für Ordnernamen keine Umlaute verwenden! Aber nun bin ich hungrig und genieße das Abendessen.

Anschließend sitzen wir noch im Cockpit und plaudern. Morgen werden uns Michi und gabi verlassen, dann sind Werner und ich alleine am Schiff, mit unendlich viel Platz! Hoffentlich fühlen wir uns nicht einsam.

03.03.2009 – Ade, Gabi und Michi
Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass es 07.30 ist. Zeit zum Aufstehen. Ich nehme mein Waschzeug und die Bordkasse und begebe mich zuerst einmal in die Dusche, danach zum Bäcker, um frisches Brot zu holen. Dann gibt es wie immer ein üppiges Frühstück. Eigentlich ist es nicht mehr erwähnenswert, aber andererseits ist es jedes Mal so gut!

Um 10.30 hab ich mit dem Post-Shop-Typen vereinbart, dass er mir die zusätzlich versprochenen Reggae-Nummern auf eine CD gebrannt hat und ich sie mir abholen kann. Leider sind die Rohlinge ausgegangen. Aber am Nachmittag bis um 15.30 ist er sicher fertig.

Es ist noch viel zu erledigen, bevor wir ablegen können. Der Liegeplatz ist zu bezahlen, Proviant benötigen wir noch, vom „Shipchandler“ benötigen wir noch einige Teile und ausklarieren müssen wir auch noch.

Zuerst besorgen Werner und ich im nahen Supermarkt die notwendigen Lebensmittel. Michi und Gabi holen sich in dieser Zeit ihren Leihwagen für die nächsten Tage ab. Dann begebe ich mich in das Marinabüro, um die Rechnung zu bezahlen und die Ausreiseformalitäten zu erledigen. Schnell noch ein Sprung ins Internetcafe, um mit den Kindern und mit Patricia zu telefonieren. Um 15.30 hol ich mir aus dem Postshop die versprochenen Reggae-Nummern ab.

Nun ist die Zeit gekommen, wo wir uns verabschieden müssen. Michi und Gabi werden die nächsten Wochen gemeinsam verbringen, zuerst in Guadeloupe, alles andere ist aber noch offen. Vielleicht …!? Nun sind Werner und ich für einige Wochen alleine. Wir wollen heute ablegen und morgen in Antigua anlegen. Die Nacht verbringen wir vor der Drehbrücke „Ponte Gabarre“, damit wir morgen um 05.00 Uhr die Öffnung nicht verschlafen. Wir fahren durch die Riviere Salee und von dort dann weiter nach English Harbour auf Antigua.

Von der Marina Bas du Fort wird man durch eine gut markierte Wasserstraße geleitet, bis man vor der Autobahnbrücke anhalten muss. Links davon ist eine große Bucht, die durch Mangroven begrenzt ist. Das erste Ankermanöver brechen wir ab, denn wir kommen dem Mangrovenwald zu nahe.

Beim zweiten Versuch halten wir etwas mehr Abstand zu den Mangroven und fahren entlang der Markierungstonnen wieder ein Stück retour. Plötzlich sitzen wir fest und bewegen uns nicht mehr von der Stelle. Wir stecken im Schlamm. Erster Versuch – Im Retourgang zurück – nichts tut sich– zweiter Versuch – noch immer keine Bewegung. Ein Motorboot kommt durch den Kanal. Wir machen mit Handzeichen auf uns Aufmerksam und die beiden Männer auf ihrem Motorboot nähern sich vorsichtig. Sie sprechen beide leider nur französisch. Doch mit Händen und Füßen geben wir ihnen zu verstehen, dass wir Hilfe benötigen und sie scheinen zu verstehen.

Doch niemand kommt. Ich nehme den Enterhaken, mache Markierungen und messe die Wassertiefe neben dem Schiff. Am Heck: 1,50m. In der Mitte: 1,40m, am Bug: 1,30m – das ist zuwenig, denn unser minimaler Tiefgang beträgt 1,45m. Nun rächt es sich, dass unser Tiefenmesser leider in letzter Zeit nicht richtig funktioniert hat und wir die Ursache bis jetzt nicht gefunden haben. Außerdem waren die Tiefenangaben in der Seekarte nicht richtig. Doch da hilft keine Ausrede. Schuld sind wir. Nun heißt es, eine Lösung zu finden.

Wir haben Glück. Es ist kurz vor Tiden-Hochwasser und plötzlich spüren wir einen Ruck im Schiff. Wir bewegen uns wieder, wir sind frei! Der Wasserstand ist um soviel gestiegen, dass der Kiel aus dem Schlamm gehoben wurde. Nun lassen wir den Anker gleich neben der Fahrrinne fallen, um ja keine bösen Überraschungen mehr zu erleben.

Wir sind erschöpft von dieser Aufregung. Zum Abendessen gibt es Spagetti mit Sugo und um 22.00 liegen wir im Bett. Daneben steht mein Wecker, der um 04.30 läuten wird. Gute Nacht.


04.03.2009 - Aufgesessen
Es ist stockfinstere Nacht, als der Wecker läutet. Schnell stellen wir Wasser am Herd zum kochen für Kaffee und Tee. Der Motor wird gestartet. Mittlerweile sind wir hier nicht mehr die einzigen, die unter den Drehbrücken durchfahren wollen. Wir heben den Anker und warten als letzte der Kolonne auf die Durchfahrt durch die Ponte Gabarre, die Brücke, über die die Autobahn führt, und die die beiden Inselhälften von Guadeloupe verbindet. Pünktlich um 05.00 wird die Brücke gehoben und wenige Minuten später schaltet die Ampel auf grün um: Durchfahrt frei! Wir folgen den anderen Schiffen mit einem Sicherheitsabstand. Dann geht es im Slalom 1,2 Seemeilen bis zur Alliance-Brücke, die um 05.30 geöffnet wird.

Ich stehe am Vorschiff, mit dem Suchscheinwerfer in der Hand und versuche, Werner den Weg von einer Tonne zur nächsten auszuleuchten. Werner muss sich sehr konzentrieren, um nicht vom Weg abzukommen. Oft ist die Fahrrinne nur wenige Meter vom Flussufer entfernt, dass mit Mangroven bewachsen ist. Nach der zweiten Brücke geht es genauso weiter. Man fährt von einer grünen Tonne zu einer roten, dann wieder zu einer grünen, usw.

Nach der Durchfahrt durch den Mangrovenwald kommt eine gefährliche Riffpassage. Hier muss man noch vorsichtiger navigieren, denn die Riffe liegen knapp unter der Wasseroberfläche und sind um diese Tageszeit fast nicht auszumachen.

Wir folgen den Tonnen, die nun in großen Abständen liegen. Plötzlich merken wir, dass sich der Kiel wieder durch Schlamm schiebt. Obwohl wir die Wasserstraße nicht verlassen haben. Hier sind wir auf eine in der Karte nicht vermerkte Untiefe aufgefahren. Wieder stecken wir fest. Und keine Menschenseele in Sicht.

Wir sind verzweifelt. Hier stehen wir nun und unsere Hoffnung, dass wir uns selbst befreien, schwindet von Minute zu Minute. Und auch mit fremder Hilfe ist nicht zu rechnen, denn dieser Weg wir nur von kleineren Schiffen, hauptsächlich von Seglern und Fischern, benützt.

Wieder messen wir zunächst die Tiefe um unser Schiff. 10 Tonnen können wir alleine nicht bewegen. Wir stehen wieder kurz vor Tiden-Hochwasser. Es ist 07.00 Uhr und um zirka 08.30 ist das nächste Hochwasser angekündigt. Doch die 20cm Tidenhub werden uns wahrscheinlich nicht helfen.

Wir schalten unser Funkgerät ein und ich rufe auf Kanal 16 um Hilfe. Und wirklich meldet sich kurz danach eine sehr freundliche Stimme. Ich gebe unsere Position durch: 16°20’165“ N, 61°34’414“W – das ist die Stelle, wo wir aufsitzen. Ich werde nach dem Schiffsnamen, dem Schiffstyp der Länge, der Breite und dem Tiefgang gefragt. Dann sagt die Stimme, dass in wenigen Minuten die Gendarmerie bei uns eintreffen wird. Wir warten. Immer wieder ziehen dunkle Wolken über uns und es regnet leicht. Die Zeit vergeht endlos langsam.

Plötzlich erkenne ich am Horizont einen dunklen Punkt, der sich uns langsam nähert. Unsere Retter nahen. Die Französische Gendamerie kommt mit einem modernen Riesenschlauchboot mit zwei Außenbordmotoren mit jeweils 250PS. Das sollte wohl reichen, um uns frei zu kriegen.

Zuerst werden wir sehr freundlich gegrüßt. Die Mannschaft besteht aus drei Männern und einer Frau. Alle sprechen gut englisch. Einer der Gendarmen kommt zu uns an Bord, um das Manöver von hier aus zu leiten. Meine Frage, wie viel uns dieser Einsatz kosten wird, winkt der freundliche Gendarm sofort ab. Das ist kostenlos. Ich bin sprachlos. Das habe ich nicht erwartet.

Eine Leine wird an der Bugklampe befestigt und dann beginnen die 500PS des Einsatzschiffes ganz sanft zu arbeiten. Vorsichtig wird unsere Tattoo in Richtung der Wasserstraße gedreht, nichts ist zu hören und kurze Zeit später treiben wir wieder in der Fahrrinne. Die Gendarmen begleiten uns nun noch bis an das Ende der Wasserstraße, mit freundlichen Grüßen werden wir verabschiedet und nun geht es nach Antigua.

Die 49 Seemeilen bis nach English Harbour verlaufen zum Glück ohne besondere Vorkommnisse. Nur das Wetter verhält sich seltsam. Die Wellen sind sehr unregelmäßig. Ganz plötzlich kommt eine Riesenwelle von der Seite und man muss sich mit beiden Händen festhalten, dann ist es wieder eine Zeit lang ruhig. Ebenso verhält sich der Wind. Von 10 Knoten bis 30 Knoten pendelt die Nadel des Windanzeigers. Wir legen die Strecke in ca. 6 Stunden mit Motorunterstützung zurück.

Sofort nach der Einfahrt in die fjordähnliche Bucht English Harbour befindet man sich in einer anderen Welt. Überall ankern Yachten in allen Größen. Nur eine schmale Durchfahrt bis zum Ende der Bucht muss freigehalten werden. Wir ankern im hinteren Teil der Bucht. Wie wir prüfen, ob der Anker auch hält, merken wir, das er slippt. Wir starten den zweiten Versuch. Wieder das selbe. Da kommt ein Schlauchboot auf uns zu. Der junge Bursche fragt, ob wir Schwierigkeiten haben, sichtlich hat er uns schon einige Zeit beobachtet.

Wir erklären ihm die Situation. Er bietet uns dann einen Liegeplatz in der nahen Marina „Nelson’s Dockyard“ an. Wir überlegen kurz und nicken dann zustimmend. Wir legen Römisch-Katholisch an der Mole an. Nun betreten wir den Boden von Antigua.

Antigua ist einzigartig. Neben uns schwimmen Pelikane und Fregattvögel stürzen immer wieder vom Himmel und fischen sich ihr Futter aus dem Meerwasser. Hinter uns ist eine grüne Wiese, die abends als Fußballfeld dient und dahinter stehen Gebäude aus Ziegel, die wirklich schön restauriert wurden. Der Ort, wo wir uns nun befinden, scheint wie Disneyland für Segler zu sein. Hauptsächlich für Amerikaner und Engländer.

Jedoch ist mein erster Weg zum Zoll und zur Einwanderungsbehörde. Und da dämmert mir Schlimmes. Gestern habe ich nämlich in der Marina Bas du Fort ausklariert. Doch die Papiere habe ich im Büro vergessen, denn sofort konnte ich sie nicht mitnehmen. Sie mussten zuerst per Fax an die Behörde gesendet werden, die sie dann bestätigt zurücksendet. Nun steh ich in Antigua und muss dem Zöllner die Situation erklären. Er meint nur, dass er das mit seinem Supervisor besprechen muss. Ich soll dann morgen um neun wieder kommen.

Der Tag neigt sich dem Ende zu, die Sonne verschwindet hinter dem Horizont. Wir sind hungrig und müde. So machen wir uns landfein und begeben uns auf die Suche nach einem guten Abendessen. Doch beim ersten Blick auf die Speisekarten der umliegenden Restaurants vergeht uns der Hunger schnell. Wir entfernen uns etwas vom Marinagelände und finden außerhalb ein Lokal mit kubanischen Namen: „Havanna-Bar“. Zu essen gibt es aber Thailändische Küche. Und die schmeckt wirklich vorzüglich. Wir werden auch sehr freundlich bedient und verlassen gut gesättigt das Lokal.

Müde fallen wir heute in unsere Kojen. Der Tag war lang und sehr erlebnisreich, zu erlebnisreich. Morgen wird es dafür sehr gemütlich.