Donnerstag, 29. Januar 2009

22.01 - 28.01.2009 - Urlaub in der Karibik

22.01.2009 – Martinique
Nach einem herrlichen Frühstück fahren wir mit der Fähre nach Fort de France. Von Pointe du Bout fährt alle halben Stunden eine Fähre nach Fort de France. Die Fahrt kostet in beide Richtungen 6,50 EUR und dauert etwa 15 Minuten.

Wir müssen auch in Martinique einklarieren, obwohl wir uns eigentlich in der EU aufhalten. Gestern war es schon zu spät, nachdem uns der Hafenkapitän fast eine Stunde warten ließ. Außerdem wurde ich schon am Vortag von mehreren Leuten gewarnt, nur ja nicht das offizielle Zollbüro in Fort de France aufzusuchen. Zuerst wollte man mich in das weit entfernte Le Marin im Süden der Insel schicken, denn dort sollen die Zollbeamten nicht so kompliziert sein, aber in Fort de France soll es wirklich eine Katastrophe sein.

Doch auf Grund dieser Situation gibt es in der Hauptstadt von Martinique den „Sea Services Shipchandler“, bei dem man offiziell einreisen kann. Es ist skurill, funktioniert aber völlig unkompliziert. Das Geschäft haben wir schnell gefunden, in der Rue Ernest Debroge, Nr. 109. Die nette Chefin erklärt mir kurz den Ablauf. Am Computer ist das Einreiseformular auszufüllen, anschließend druckt man es aus und dann wird es abgestempelt und von hier an den Zoll und die Einwanderungsbehörde weiter geleitet. Damit hat man aber nichts mehr zu tun. Dieses Service ist auch kostenlos. Ausreisen kann man auf denselben Weg.

Bei einem „Sea Service Shipchandler“ finden wir auch immer ein paar nützliche Dinge. Heute z.B. ein Putz- und Poliermittel für die GFK-Teile unseres Schiffes. Danach entdecken wir gleich gegenüber einen tollen Supermarkt mit großer Auswahl und günstigen Preisen. Vor allem finden wir hier wieder Lebensmittel in den Regalen, die unsere Herzen höher springen lassen. Die letzten Wochen waren diesbezüglich schon etwas eintönig, speziell was die Auswahl an Wurst und Käse betrifft. Wir kaufen uns ein paar schöne Steaks und Salat für den Abend. Dann schauen wir uns noch die Altstadt von Fort de France an.

Aus der Ferne sieht die Stadt aus wie eben Großstädte meist aussehen. Umgeben von grünen Bergkämmen auf der einen Seite, vom türkisblauen Meer auf der anderen Seite, ist die Stadt sehr schön eingebettet in die Landschaft. Am Stadtrand sind in den Jahren große Wohnsilos aus dem Boden gestampft worden, um der wachsenden Bevölkerung genug Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Der Anblick vom Schiff auf Fort de France aus ist nicht berauschend.

Ganz anders sieht man die Stadt, wenn man mit der Fähre gleich neben der Altstadt anlegt. Man steht sofort in engen Gassen mit netten kleinen Häusern, in verschiedenen Farben und meist mit bunten Schildern geschmückt. Die Markthalle im Zentrum gewinnt zwar mit ihrem Aussehen keinen Schönheitspreis, innen drinnen riecht es herrlich und man hat eine große Auswahl an Gemüse, Obst, Gewürzen bis hin zu Souvenirs. Die Stadt ist sehr belebt und überall sind die Menschen hilfsbereit und wirklich nett, obwohl die wenigsten etwas Englisch sprechen. Man wird nirgendwo angebettelt, so wie auch in der kleinen Marina, wo man fast nur bleiche Europäer sieht.

Wir fahren mit der Fähre zurück in die Marina. Einige Arbeiten am Schiff sind zu erledigen. Die Schrauben, mit denen der Mastfuß am Deck befestigt ist, müssen neu abgedichtet werden. Schon seit Wochen bemerken wir immer wieder Spuren rostigen Wassers am Eingang zur Nasszelle. Hier rinnt das Wasser durch die Schraubenlöcher, wenn das Dichtungsmittel durch Alterung spröde wird. Auch sonst sind noch Kleinigkeiten zu erledigen.

Am späten Nachmittag suche ich ein Internet-Cafe auf, um mit Patricia noch schnell ein paar Worte vor dem Abflug zu mir wechseln. Abends gibt es Steaks mit Reis und Salat. Es schmeckt köstlich. Dann marschieren wir aus dem Marinagelände raus, um auch die Gegend außerhalb einmal kennen zu lernen. Es ist reges Treiben in einer großen Auswahl verschiedener Lokale. Im „Havanna Cafe“ trinken wir Kaffee. Die Preise sind hier nicht einmal so schlimm. Trotzdem ist es hier überall sehr teuer, speziell wenn man in einem Lokal was essen will.

Es hat heute noch fast nicht geregnet. Eine Seltenheit. Doch als wir an Bord sitzen, beginnt es in Strömen zu gießen. Glück gehabt, wir sind trocken geblieben.


23.01.2009 – Ankunftszeit 19.40
Heute ist ein aufregender Tag. Um 19.40 Uhr landen Pitty, Lilli und Pauli am Flughafen Fort de France auf der Insel Martinique. Heute ist noch viel zu erledigen. Glücklicherweise haben wir gestern noch einen Leihwagen reservieren lassen, den wir heute um 09.00 Uhr bei „Jumbo Car“ abholen. Ein kleiner Renault Clio.

Wir haben rasche gefrühstückt, und dann sind wir zuerst zum Autoverleih gegangen. Nach wenigen Minuten sitzen wir im Auto und fahren los, nach Fort de France. Eine Strecke von ca. 40 km. Nach etwa einer Stunde erreichen wir die Stadt- Der Verkehr ist sehr stark. Auf einem Parkplatz am Altstadthafen lassen wir den Wagen stehen und gehen zuerst zum „Sea Service Shipchandler“, um den HONDA-Stromgenerator nochmals genau anzusehen.

Schon gestern habe ich ihn ins Herz geschlossen. Er ist unser neuer Mister X – dieser kleine aber feine Generator – immer Strom an Bord! Nachdem wir im Geschäft nebenan einen passenden Verbindungsstecker gefunden haben, kann ich mir nun diesen kleinen, nur 13 kg schweren Generator mit aufs Schiff nehmen. Gestern Abend haben wir noch über die Vor- und Nachteile dieser Anschaffung diskutiert.

Nachdem dieser erste, aber sehr wichtige, Weg abgeschlossen ist, trennt sich Michi von uns- Er muss in Fort de France für sich und Gabi ab Sonntag ein Hotelzimmer suchen und reservieren. Gabi kommt am 27. Jänner auf Martinique an.

Währenddessen fahren Werner und ich wieder in Richtung Marina, aber vorher stoppen wir noch bei Carrfoure. Wir wollen schon jetzt schauen, welche Lebensmittel wir für die längeren Schläge hier günstig einkaufen können. Dann fahren wir zu einer „Leader Price“-Filiale, wo man einkauft wie in Österreich bei „Hofer“. Hier kaufen wir den Proviant für die kommende Wochen ein.

In der Marina angekommen müssen wir alles schnell ausladen, dann haste ich unter die Dusche, rasiere mich und zieh mir meine beste Kleidung an. Michi ist in der Zwischenzeit auch am Schiff eingetroffen, nachdem er mit der Fähre in 13 Minuten von Fort de France in der Marina fuhr. Ich koche einen „Quoc au vin“, Werner hilft mir dabei, denn sonst hätte ich das alles nicht geschafft.

Um 18.45 Uhr setze ich mich in das Auto und fahre zum Flughafen. Um 20.06 landet die Maschine der Air France mit 26 Minuten Verspätung. Es dauert dann noch eine kleine Ewigkeit, bis meine Liebsten vor mir stehen. Ich bin der glücklichste Mensch. Ich habe schon während der ganzen Reise gespürt, wie sehr mir meine Kinder und Pitty fehlen. Nun sind Sie endlich da und ich kann Sie umarmen.

Wir laden das Gepäck in den Renault, setzen uns hinein und fahren los. Es dauert eine Ewigkeit, bis ich endlich den richtigen Weg gefunden habe. Mindestens drei Ortskundige Menschen haben uns den Weg beschrieben, aber mindestens ebenso oft bin ich nicht ans Ziel gekommen.

Endlich daheim essen wir den Quoc au vin, erzählen uns noch vieles, was sich in den letzten Monaten, Wochen, Tagen ereignet hat und irgendwann fallen wir dann todmüde in unsere Kojen. Es war ein wunderschöner Tag.

24.01.2009 - Geburtstag
Heute bin ich an der Reihe. Zuerst muss ich den Leihwagen zurück bringen, dann geh ich schnell zum Bäcker und hole frisches Baguette. Nicht zuviel, denn Pitty hat mir ein herrliches Kürbiskernbrot vom Felber mitgebracht. Und als wir dann beim Frühstück sitzen bekomme ich plötzlich eine Unmenge von Geschenken. Von Lilli und Pauli, von Pitty, von Michi und Werner, von Onkeln und Tanten und Freunden aus Wien. Ich bedanke mich bei allen für diese schönen und sehr passenden Überraschungen. Ich freu mich irrsinnig darüber.

Nach dem Frühstück wollen Patricia, die Kinder und ich mit der Fähre nach Fort de France fahren. Vorher muss ich die Marina bezahlen, dann warten wir noch fast eine Stunde, bis die Fähre ankommt. Kurz darauf steigen wir in der netten Hauptstadt von Martinique aus.

Wir marschieren kreuz und quer durch die engen Gassen mit kleinen, bunten Häusern, an denen meist zwei bis drei bunte Schilder über die Straße hängen. In den Gassen bewegen sich viele Menschen unterschiedlichster Natur. Wir kaufen auf einem Bauernmarkt eine schöne Wassermelone. Ein paar Meter weiter sitzen wir auf einer Bank und beissen in diese herrliche Frucht. Zum Abschluss gehen wir noch in ein Kaffeehaus auf Eis und Kaffee. Um 16.45 nehmen wir die Fähre nach Pointe du Bout.

Vor Sonnenuntergang gehen Lilli und Paul, Pitty und ich an den anhegelegenen Hotelstrand. Das Hotel selbst wurde im Oktober des Vorjahres ein Opfer des Hurrikans „Omar“. Es ist nur mehr eine Ruine. Der Strand ist nichts besonderes. Aber zum Schwimmen gerade richtig.

Um halb acht gehen wir auf ein Geburtstagsessen ins „Havanna Cafe“ und bekommen reichlich und gut zu essen. Anschließend sitzen wir noch im Cockpit unserer Tattoo und unterhalten uns über Gott und die Welt.



25.01.2009 – Wir legen ab
Wir stehen um 08.00 auf, bereiten ein üppiges Frühstück zu und beginnen uns dann, für die Abreise vorzubereiten. Lilli und Pauli verbringen diese Zeit noch am Strand. Heute soll es bis nach St. Pierre gehen, eine kleine Stadt, die 1902 bei einer gigantischen vulkanischen Eruption fast vollständig vernichtet wurde.

Um 12.50 legen wir ab. Schnell noch eine intensive Verabschiedung von Michi. Wir sehen uns in zwei Wochen wieder. Nach einer angenehmen Segelei erreichen wir unser Ziel ungefähr um 15.30. Wir ankern mit 40m Kette knapp vor der unter Wasser schnell steil abfallenden Küste. Auch hier sind die Spuren des Hurrikans „Omar“ zu sehen. Der Steg südlich von uns ist fast vollständig zerstört. Die Holzbeplankung wurde bis fast zum Ende von riesigen Wellen abgetragen. Man kann hier mit dem Dingi anlegen.

Wir spannen unser Sonnendach auf, machen an Deck alles klar, bereiten das Dingi mit Motor vor. Pauli schwimmt ans Ufer und sieht sich im Ort ein wenig um. Wir trinken gemütlich Kaffee. Vor Sonnenuntergang fahren wir dann noch nach Saint Pierre. Vor kurzer Zeit hat ein Faschingsumzug mit Trommlern stattgefunden. Nun stehen noch viele Menschen auf der Straße. Lokale und Geschäfte haben aber fast alle zu. Wir schauen uns ein bisschen um in den kleinen und dunklen Gassen des netten Ortes. Dann trinken wir noch eine Kleinigkeit in einem kleinen Hotelrestaurant.

Müde kehren wir an Bord zurück. Pauli hat das Schiff bewacht und für seine baldige Matura gelernt. Nun kochen wir ein Abendessen. Gratin mit Kartoffel, Paradeiser, Schafkäse und Zwiebel, dazu Tsatsiki. Als Dessert gibt es einen köstlichen Schokopudding von „Mont Blanc“ aus der Dose.

Der Tag war anstrengend und wir fallen bald in unsere Betten.


26.01.2009 – St. Pierre
Kurz nach 08.30 stehen wir auf. Lilli kümmert sich um das Müsli, Pauli hilft mit, Werner kocht Tee und Kaffee. Pitty und ich fahren mit dem Dingi an den Steg und holen frische Baguettes und Croissants vom Bäcker.

Nach dem Frühstück fahren wir in zwei Dreiergruppen wieder an Land. Wir wollen ausklarieren. Leider erfahren wir im Tourismusbüro, dass das Restaurant, in dem man diese Formalität erledigen kann, heute Ruhetag hat. Also müssen wir unseren Plan ändern, morgen schon nach Domenica weiter zu segeln. Wir erkundigen uns nach einem Leihwagen und überlegen dann, was wir nun tun werden. Zunächst werden wir den Leihwagen bestellen. Es ist nicht einfach. Nach zwei mühevollen Kilometern entlang der stark befahrenen Hauptstraße, die zum Morne Rouge führt, links ein Wildbach, rechts ein ansteigender Regenwald, auf der Straße viele Raser, erreichen wir die Firma „Jean Baptiste“, wo wir aber den Leihwagen nicht mieten können.

Wir sind etwas frustriert, denn es regnet heute schon seit der Nacht immer wieder. Ständig ist man durchnässt. Und wenige Minuten danach brennt die Sonne wieder vom Himmel und man hat die Schweißperlen auf der Stirn stehen. Und nun auch das noch.

Wir müssen zurück und wie im Prospekt beschrieben in die Gasse an der Rückseite des Kaufhauses „Ecomax“. Hier stehen wir vor einem ausgestorbenen Firmenareal, wo im Inneren vor dem scharfen Hund in Handschrift auf einem Garagentor gewarnt wird. Da der scharfe Hund auch laut bellt, hören wir zuerst gar nicht die zarten Stimmen der Bürodamen. Doch dann trauen wir uns in das Büro und können nun endlich den Leihwagen bestellen. Morgen um 08.00 Uhr holen wir den Renault Clio von hier ab.

Anschließend suchen wir noch das Lokal, wo wir die Ausreiseformalitäten erledigen können. Dann geht es zurück auf das Schiff. Lilli und Pitty schwimmen zurück, während Pauli, Werner und ich mit dem Dingi fahren.
Der neue HONDA-Generator wird heute eingeweiht. Nachdem Öl und Benzin eingefüllt sind, springt er nach wenigen Zügen am Startseil an. Wir laden die Akkus meines Computers und schauen unsere Schnappschüsse der letzten Tage an. Kritisch werden sie begutachtet und was allen nicht gefällt, wird gelöscht.

Abends gibt es Gemüse und Tofu aus dem Wok, dazu Couscous. Wir gehen heute schon früh zu Bett, denn morgen müssen wir schon zeitlich aufstehen. Eine spannende Inselrunde steht am Programm. Gute Nacht!


27.01.2009 – In letzter Sekunde
Für Pitty und Michi beginnt der Tag schon um 07.00 Uhr. Um 08.00 wollen wir den Leihwagen abholen, vorher kaufen wir in der Bäckerei frische Baguettes. Nach einem leckeren Frühstück machen wir uns für die Inselrunde fertig. Da wir derzeit zu fünft sind, unser Dingi aber für maximal drei Personen zugelassen ist, müssen wir sowieso in zwei Gruppen an Land fahren.

Ich bin in der ersten Gruppe, denn wir müssen heute vor der Inselrunde ausklarieren. Die Franzosen haben die Zollformalitäten privatisiert. Hier in St. Pierre erledigt man das in einer Bar. Man füllt am Computer ein Formular aus, druckt es anschließend aus, unterschreibt es und lässt es abstempeln und das war es auch schon.

Das Wetter hat sich nicht geändert, es ist eher noch schlechter geworden. Aber zum Glück sitzen wir heute im trockenen. Wir fahren zunächst in Richtung Norden über Morne Rouge nach Basse-Pointe. Hier geht es nun rechts nach Grand’Riviere entlang der Atlantikküste. Wir fahren durch große Bananenplantagen, kurz vor Grand’Riviere geht es dann durch tropischen Regenwald, über Brücken, darunter unendlich viel Grün – die Landschaft ist traumhaft schön. In Grand’Riviere erreichen wir das Ende der Straße. Der Ort ist sehr nett und von vielen Touristen besucht.

Nun fahren wir dieselbe Strecke in die Gegenrichtung, durch Le Lorrain, Marigot, Ste-Marie bis nach La Trinite. Wir kaufen für das Abendessen ein – heute gibt’s Schnitzel. Werner ist entzückt. Pauli wird höflich von einem Angestellten des Supermarktes hingewiesen, sich ein T-Shirt anzuziehen. Zum Glück hat er eines dabei.

Es ist nun 15.00 Uhr, Zeit umzukehren. Um 17.30 sollten wir den Renault spätestens zurück bringen. Die nette Dame vom Autoverleih hat uns noch extra eine halbe Stunde mehr Zeit gegeben, denn normal wäre um 17.00 Uhr Dienstschluss.

Wir fahren nun von La Trinite nach Gros-Morne, von hier führt eine enge Bergstraße nach Fonds-St. Denis. Ein Schild mit der Aufschrift „BARRE 7km“ steht neben der Straße, doch leider sind wir der französischen Sprache nicht mächtig. Aber nach 7 km wissen wir den Sinn dieser Warnung. Die Straße ist mit Geröll verschüttet und daher gesperrt.

Zum Glück haben wir in La Trinite kein Kaffeehaus gefunden, denn sonst wäre es jetzt noch später. Wir müssen nun die ganze Strecke wieder zurück und über Fort de France den Heimweg antreten. Es ist viel Verkehr und die Zeit vergeht viel zu schnell. Wir wollen beim Autoverleih anrufen, aber die Telefonnummer im Prospekt stimmt leider auch nicht mehr. Ungefähr zwei Minuten vor Halb sechs betreten wir das Büro. Es ist noch nicht geschlossen. Uns fällt ein Stein vom Herzen.

Wir schauen noch schnell ins Internetcafe, um uns für Morgen den aktuellen Wetterbericht zu holen. Leider verspricht er nicht allzu gutes Wetter. Windstärke zwischen 20 und 25 Knoten, Wellenhöhe 3 bis 4 Meter.

An Bord freuen wir uns schon alle auf Wiener Schnitzel. Patricia und Lilli werken fleißig in der Küche. Es ist das erste Schnitzel seit Monaten. Köstlich, traumhaft, …



28.01.2009 – Schwere See
Um 06.00 läutet der Wecker, um 07.10 legen wir ab. Wir setzen sofort das Großsegel mit dem dritten Reff. Es hat die ganze Nacht in Strömen geregnet und immer wieder haben heftige Windböen am Ankergeschirr gezerrt. Auch jetzt ist der Himmel noch Wolken verhangen und immer wieder regnet es.

Wir fahren die Küste Martiniques nach Norden. Noch gibt es wenig Wind und kaum Wellen. Doch sobald wir das schützende Land hinter uns gelassen haben, heult der Wind plötzlich mit 25 Knoten und mehr. Einzelne Böen erreichen fast 40 Knoten. Und riesige Wellen rollen genau von der Seite auf uns zu und schaukeln uns heftig hin und her. Pauli wird das ganze bald zuviel und er gibt sein Frühstück wieder zurück. Glücklicherweise erholt er sich aber bald wieder. Jeder sitzt verkrampft in einer Ecke und hält sich irgendwo mit aller Kraft fest.

Es ist auch für Werner und mich seit Beginn unserer Reise das ungemütlichste Wetter. Und das wird sich in den nächsten vier bis fünf Stunden nicht ändern. Immer Wieder ziehen Regenschauer über uns. Es ist allerdings egal, denn heute werden wir so richtig durchgespült. Immer wieder wird man von allen Seiten mit Wasser überschüttet, da spürt man die Regentropfen fast gar nicht mehr. Doch wir sind nicht alleine unterwegs.

Glücklich erreichen wir Scotts Head, den südlichsten Punkt Dominicas. Das Wetter ist aber auch hier noch genauso unfreundlich. Von den Bergen werden wir mit heftigen Fallböen begrüßt und heftige Regenschauer lassen uns schon das schlimmste befürchten. Denn die Insel Dominica soll laut Reiseführer die regenreichste Insel der ganzen Karibik sein – 10.000mm Niederschlag pro Jahr. Das ist ein Rekord, der uns nicht wirklich begeistern kann.

Wir erreichen gegen 14.00 Uhr die Hauptstadt Rosseau. Schon aus der Weite bemerken wir ein kleines Motorboot, das auf uns Zukommt. „Good Afternoon!“ – erst beim dritten Mal verstehe ich den freundlichen Gruß. Unser Boatboy heißt Dexter. Wir nehmen das Angebot an, für 40 EC$ pro Nacht an einer Boje anzulegen. Ich lasse mich dann für weitere 25 EC$ zum Zoll führen. Die Formalitäten sind rasch abgewickelt und ich kehre an Bord zurück. Wir vereinbaren mit Dexter einen Ausflug am morgigen Tag zu den „Victoria Falls“.

Nach Kaffee und Kuchen fahren wir an Land. Unser Liegeplatz ist nicht weit vom Steg des „Anchorage Hotel“ entfernt. Hier bekommt man alles, was man als Schiffsreisender benötigt. Allerdings zu weit überhöhten Preisen – für die Benützung der Dusche müsste man 10 US$ bezahlen. Wir werden uns hier nicht duschen. Vom Hotel marschieren wir entlang einer belebten Straße in die Stadt. Die Atmosphäre hier ist sehr angenehm. Die Menschen sind sehr freundlich und nicht so sehr geschäftsorientiert wie zuletzt auf St. Lucia. Man fühlt sich wirklich wohl.

Nachdem die drei riesigen Kreuzfahrtschiffe und der wunderschöne Klipper „Sea Cloud“ ihre Passagiere wieder eingesammelt haben und nun abgelegen, kehrt wieder Ruhe in Rosseau ein. Wir trinken am Marktplatz ein „Kubuli-Bier“, das Bier Dominicas. Kubuli nannten die Ureinwohner ihre Insel ursprünglich. Heute leben nur mehr hier auf Domenica die letzen Kariben in einem Reservat.

Es regnet schon wieder, so setzen wir uns in das nächst beste Sammeltaxi und lassen uns zurück zum „Anchorage Hotel“ chauffieren, gemeinsam mit ca. 20 Personen an Bord. Am Steg des Hotels wartet unser Dingi. Abends kochen wir Kukuruz, anschließend gibt es Kartoffelpüree mit Haschee aus Corned Beef.

18.01 - 21.01.2009 - Es kommt oft anders, als man glaubt

18.01.2009 – Insel der Gegensätze
Auch heute Nacht regnet es immer wieder. Luken zu, Luken auf. Ein Hahn kräht die ganze Nacht hindurch. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Ich lese, dann schreibe ich Tagebuch. Das Frühstück ist leider auch verregnet, sodass wir wieder im Salon sitzen müssen. Doch im Laufe des Vormittags gewinnt die Sonne den Kampf gegen den Regen. Wir starten unseren Außenborder und besuchen die kleine Ortschaft Soufriere. An der Pier empfängt uns Francis und zeigt uns, wie man ein Dingi ordnungsgemäß an der hölzernen Konstruktion festmacht. Für die Bewachung verlang er 5 EC$, das ist ein fairer Preis.

Wir marschieren vom Hafen durch die von Holzhäusern im französischen Stil begrenzten Straßen. Die meisten Häuser würden eine gründliche Sanierung benötigen, doch offensichtlich fehlt es an den Mitteln dazu. Sie sind durch Wind und den vielen Regen zum Teil schon in einem sehr desolaten Zustand, viel bis zu einem völligen Zusammenbruch fehlt oft nicht mehr.

Es ist Sonntag, trotzdem haben die meisten Geschäfte geöffnet. Immer wieder kommen Menschen auf uns zu, bieten sich an für eine Stadtführung, das alles immer für ein paar EC$. Jedes Gespräch mit einem Einheimischen kostet hier Geld. Je weiter wir uns dem Ortsrand nähern, umso ärmlicher werden die Behausungen und die Blicke der Menschen, die wir hier treffen, lassen uns manchmal vermuten, dass man hier als weißer nicht unbedingt willkommen ist. Am Ortsrand spielen Burschen Kricket, und gleich in der Kirche dahinter findet der Gottesdienst statt, jedoch nur vor ganz wenigen Menschen. Hier scheint der Einfluss der Kirche nicht sehr groß zu sein, wie etwa auf Grenada. Hoffnung und Glaube scheint hier vielen Menschen abhanden gekommen zu sein, eigentlich sehr schade.

Ein englisches Paar spricht uns auf der Straße an. Eigentlich sind sie als solche nicht zu erkennen, denn er ist Mulatte, sie ist Schwarze. Er ist in Soufriere geboren, sie in London. Nun verbringen sie ihren Urlaub hier und sind entsetzt über die sichtbare Armut hier in Soufriere. Auch wir müssen diesen Eindruck bestätigen, obwohl die Informationen aus unserem Reiseführer ganz anders geklungen haben.

Ein Bursche im Hafen erzählt, dass der Hurrikan Uma im September 2008 die Hafenanlage stark beschädigt hat, ein anderer erzählt vom schwersten Sturm aller Zeiten, von Lenny 1999, und alle sind nicht gut auf ihre Regierung zu sprechen. Da scheint schon etwas Wahres dran zu sein.

Um 13.00 Uhr legen wir ab, nachdem wir in der Pirates Cove noch etwas getrunken haben. Nun geht es in Richtung Marigot Bay, ungefähr 7 Seemeilen. Um 15.00 fahren wir in diese berühmte Bucht ein. Hier in dieser gut geschützten Bucht hatte ein englischer Admiral vor einigen Jahrhunderten seine Flotte vor dem französischen Gegner gut versteckt, indem er die Mastspitzen mit Palmblättern tarnte. Die Franzosen fuhren vorbei und so konnte sie die englische Flotte aus dem Hinterhalt überraschen und besiegen.

Auch heute nützen viele Segler diese einzigartige Lage der Bucht als sicheren Liegeplatz in der Hurrikanzeit. Wir sind hier nicht die Einzigen. Schon von weitem sind die Boote zu sehen, die weit außen in der Einfahrt ankern. Wir wagen uns aber bis ganz nach hinten in das von Palmen und Mangroven gesäumte Becken mit türkisgrünem Wasser, wo die Marina der Firma Moorings ihren Steg hat und ein nicht unhübsches Hotel direkt am Ufer erbaut wurde, im passenden Stil.

Ein Boatboy führt uns zu einer Boje und im Gegenzug kaufen wir ihm frische Bananen ab. Der Unterschied zu Soufriere könnte nicht größer sein. Hier sieht man rund um die Marigot Bay riesengroße Villen, die an den Hängen erbaut wurden. Rund um uns Touristen, die meisten auf Charterschiffen. Alles kostet hier ein Vielfaches im Vergleich zu unseren vorigen Liegeplätzen.

Abends rudern wir zum Restaurant gegenüber und essen Pizza zu einem weit überhöhten Preis. Danach spielen wir an Bord noch einer Runde Domino. Das Glück ist mir heute jedoch nicht so hold – aber Pech im Spiel, Glück in der Liebe – lassen Niederlagen schnell vergessen. Nun sind es nur mehr 5 Tage, bis Lilli, Pauli und Patricia in Martinique landen. Ich bin schon sehr aufgeregt und dadurch leidet mein Schlaf etwas. Aber das ist kein Problem!


19.01.2009 – Santa Clause
Um 08.00 Uhr legt ein Boot an der Seite an und der Rasta stellt sich als Santa Clause vor. In ziemlich aggressiver Art versucht er uns angefangen von Brot über Früchte usw. anzudrehen. Ich bin schon im Cockpit gesessen, die anderen schlafen noch.

Nur mühsam lässt sich dieser Weihnachtsmann überzeugen, dass wir glücklich und zufrieden sind und nur frisches Brot wollen. In fünf Minuten ist er mit Brot zurück, sagt er und rudert auf seinem Surfbrett davon. Wir haben uns vorher noch auf 15,00 EC$ pro Stück geeinigt. Nach kurzer Zeit ist er auch wirklich zurück und will nun je Stück 20,00 EC$. Michi ist Nahe am Explodieren. Es fehlt nicht viel, und es wäre zu einem Streit gekommen. Kleinlaut gibt Santa Claus dann großzügig Rabatt und wir zahlen je Stück 10,00 EC$. Sichtlich über dieses sehr schlechte Geschäft verärgert, zieht Santa Claus zum nächsten Schiff.

Heute verbringen wir den Tag geruhsam. Werner und ich setzen uns mit Kamera ausgerüstet ins Dingi und rudern vom Boot in Richtung der Mangroven, die das Becken umschließen. Und wieder zieht eine dunkle Wolke über uns und es beginnt, wie heute schon mehrmals, zu regnen. Wir hoffen, unter dem Blätterdache der Mangroven im Trockenen zu sitzen, aber leider ist dies ein Irrtum. Auch hier sind wir nur spärlich geschützt. Glücklicherweise ziehen diese Regenwolken schnell durch und so sind diese Schauer nur von kurzer Dauer. Wir rudern nun auf die andere Seite des Beckens, zum Anlegesteg der Fähren, die hier fast rund um die Uhr Touristen und hier Beschäftigte von einer Seite auf die andere Seite der Bucht bringen.

Plötzlich fährt ein imposantes Segelschiff älteren Baudatums in die Marigot Bay ein, wendet unter Zuhilfenahme der Fock und lässt einige Passagiere von Bord. Dann verlässt es wieder die geschützte Bucht. Später erfahre ich, dass es sich um die restaurierte Brig Unicorn handelt, die aus Finnland stammt und zuletzt im Film „Fluch der Karibik“ im Kino zu sehen war.

Nachmittags legen wieder einige von den hier zahlreich tätigen schwimmenden Marktverkäufern an unser Boot an, und wir müssen mehrmals erklären, dass leider kein Bedarf besteht. Meistens verläuft das Gespräch dann so, dass man die Ware nach langwieriger Feilscherei fast geschenkt bekommt.

Abends rudern wir heute an das Nordufer, wo sich auch das berühmte Restaurant Dr. Dolittle befindet. Nach einem kurzen Blick auf die Speisekarte wenden wir uns mit Grausen ab. Wir haben aber heute vormittags sowieso an einer der einfachen Hütten, gleich hinter dem Fähranlegesteg, drei Portionen eines traditionellen Gerichts der Insel für 25,00 EC$ je Teller bestellt.

Pünktlich um 19.00 Uhr stehen wir vor der Bude. Es dauert noch einige Minuten, bis das Essen fertig ist. Während dieser Zeit holen ein paar Burschen drei Liegen vom Strand. Zwei davon schieben wir unter das Vordach der Hütte, dann kommt ein Tisch und nun sitzen wir, zwar etwas tief, und warten hungrig auf unser Essen.

In dieser Zeit beantworten wir zum x-ten Mal die Frage nach den Woher, Wohin, Wieso, … Und die letzten Worte dieser Gespräche sind fast immer die selben: „Can you give me 10 EC$, I am hungry!“ oder „Please, pay me a beer!“ Vielleicht liegt es auch daran, dass wir, so wie fast alle Gäste hier, bei der Bevölkerung den Eindruck erwecken, unendlich reich zu sein. Dabei kriegt man Herzflimmern, wenn man die Preise sieht, die hier für egal welche Leistung, zu zahlen sind. Vieles ist wesentlich teurer als in Österreich.

Wir kehren mit vollem Magen auf unser Schiff zurück, das Essen war ausgezeichnet. Die Köchin hat sich auch wirklich über unser Lob gefreut.


20.01.2009 – Inselrundfahrt
Um 09.00 stehen wir vor dem Büro des Autoverleihs. Der Mitarbeiter hat sich verspätet und seine Kollegin versuch ihn zu erreichen. Nach zwanzig Minuten trifft er ein. Nun erledigt Michi die Formalitäten, ehe wir in einem kleinen KIA Platz nehmen. Es geht los. Steil bergauf über einen kleinen berg führt die Straße aus der Marigot Bay zur Hauptstraße. Es geht in die ehemalige Hauptstadt von St. Lucia, nach Soufriere.

Wir fahren nun durch eine Ebene mit Bananenplantagen. Überall stehen Menschen am Straßenrand und wenn man vorbei fährt, dann springen sie mit einer reifen Bananenstaude in der Hand fast vor das Auto. Michi muss wirklich sehr konzentriert fahren, denn die Straßen sind eigentlich in einem guten Zustand, jedoch tauchen immer wieder riesige Schlaglöcher aus dem Nichts auf.

Dann führt die Straße wieder in vielen engen Kurven bergauf, bis man einen Aussichtspunkt erreicht, von wo man meist einen tollen Blick auf das Karibische Meer oder die umliegende Landschaft hat. Wir halten dann an, steigen mit der Kamera aus, schießen ein paar Bilder und steigen wieder in unser Auto ein. Weiter geht die Fahrt nach Soufriere. Durch das wirklich nette und sehr lebendige Fischerdorf Anse La Raye.

Es regnet immer wieder, dazwischen scheint die Sonne, es ist fürchterlich heiß und feucht – richtig toll tropisch! Wir kommen nach Soufriere. Auf der Fahrt durch die Kleinstadt treffen wir Bekannte, die wir schon vor zwei Tagen hier kennen gelernt haben. Wir wechseln ein paar Grußworte, dann geht es zu unserem ersten Höhepunkt dieser Tour, zum Diamond Waterfall.

Dieser liegt in einem botanischen Garten, in dem sich schwefelhältige Quellen befinden. In dem Wasser dieser Quellen hat sich auch schon Ludwig der XVI, erfrischt. Wir müssen aber nicht in das Wasser springen, wir werden ausgiebig von Oben geduscht. Es regnet in Strömen, leider, denn so bleiben wir nicht allzu lange und kehren zu unserem Leihwagen zurück. Hier erstehen wir noch zwei Ketten, deren Glieder angeblich aus den Samen von tropischen Früchten stammen. Jedenfalls sehen sie gut aus.

Es geht vorbei an dem natürlichen Wahrzeichen dieser Insel, an den beiden Pitons (Gross Piton – 798m, Petit Piton, 736m), in Richtung Süden. Die Landschaft wird zusehends flacher und auch trockener. Der Regenwald wurde hier schon vor Jahrhunderten Plantagen geopfert. Nachdem ein Hurrikan vor langer Zeit über die Insel zog und alle Plantagen vernichtete, wuchsen hier teilweise wieder Wälder. Der Rest wird auch heute als Weideland genutzt, oder es werden wie früher Bananen angebaut. Die Banane ist für St. Lucia ein wichtiger Exportartikel.

Es ist gerade Schulschluss, denn überall am Straßenrand sehen wir Kinder in Schuluniform am Heimweg. Wir biegen von der Hauptstraße und fahren durch Laborie, wo wir uns mit Proviant für heute versorgen.

In Vieux Fort wollten wir ursprünglich Anlegen, um die Einreiseformalitäten zu erledigen. Glücklicherweise haben wir uns dann aber anders Entschlossen. Vieux Fort sieht trostlos aus. Sehr verstreut liegt der Ort neben dem internationalen Flughafen. Die Inselhauptstraße führt hier mit großzügigen vier Fahrstreifen entlang der Start- und Landebahn, bis man das angrenzende Flughafengelände verlässt. Vorher halten wir an einem riesigen Supermarkt an, um unsere Vorräte zu ergänzen. Wir finden aber außer Kaffee und wenigen Dosen Bier so gut, wie nichts. Obwohl die langen Regalreihen voll mit Spirituosen sind.

Dann fährt man wieder durch Bananenplantagen und Baustellen von zukünftigen Traumreisezielen vorbei. Wir fahren nun an der Atlantikküste im Osten wieder zurück in Richtung Castries. An einem menschenleeren Strand bleiben wir stehen, um unser Picknick einzunehmen. Leider sieht der Platz aus der Nähe so aus, als hätte hier vor kurzer Zeit ein Hurrikan getobt. Überall liegen Berge von Müll – grauslich!

Wir fahren ein kurzes Stück durch den Regenwald, bis wir an der Kreuzung stehen, von wo man rechts nach Castries kommt, links zur Marigot Bay. Es geht zunächst nach Castries. Castries ist die Hauptstadt der Insel und hat etwa 120.000 Einwohner. Ein Großteil der ehemaligen Altstadt wurde schon mehrfach von großen Feuerkatastrophen heimgesucht. Die Stadt sieht nicht besonders schön aus, ist dafür aber sehr lebendig. In einer Buchhandlung kaufen Michi und ich ein Buch über die Sprache, die hier auf den Westindischen Inseln von einem Großteil der Bevölkerung gesprochen wird – Patois. Diese Sprache besteht aus einem Gemisch von Französisch, Englisch und afrikanischen Sprachen. Man versteht nichts, wenn sich die Menschen hier in Patois unterhalten.

Nach einem Kaffee fahren wir zurück in die Marigot Bay und geben den Leihwagen zurück. Dann begeben wir uns an Bord. Bald rudern wir wieder an Land. Michi will heute doch auf ein einziges Getränk ins „Dolittle“ schauen. Die Stimmung ist in diesem noblen Lokal jedoch nicht umwerfend. Als dann auch noch eine Band für sehr laue töne sorgt, verabschieden wir uns. Wir rudern ans andere Ufer in das Lokal, wo wir schon am ersten tag hier Pizza aßen.

Heute spielt auch hier eine Live-Band, jedoch wesentlich enthusiastischer als die zwei Burschen im Dolittles. Die Stimmung steigt, als endlich auch der Letzte dieser meist nicht mehr allzu jungen Burschen an seinem Instrument Platz nimmt. Der Schlagzeuger, gleichzeitig auch Sänger – er erinnert mich ein wenig an Eddie Murphy. Die Stimmung ist toll, als der Chef des Lokals auch beginnt, die E-Gitarre zu bearbeiten, es wird getanzt und mitgeklatscht. Neben uns an der Bar steht Sandi, ca. 50 Jahre alt, klein, blond, in England geboren, in Frankreich und Amerika lange Zeit gewesen und lebt nun in St. Lucia, wo sie sich als Schriftstellerin betätigt. Wir kommen ins Gespräch und plaudern über die gute Musik. Sandis Freund ist auch Sänger der Band.

Wir verlassen das Lokal, während die Musik noch spielt. Zum Glück. Denn wenige Minuten, nachdem wir im Cockpit unter unserem Sonnendach sitzen, beginnt es wieder in Strömen zu regnen.


21.01.2009 – Zurück in Europa
Um 06.00 stehen wir auf und frühstücken. Es regnet. Wir holen das Dingi an Bord und verstauen es. Der Motor wird gestartet. Die Leine, mit der wir an der Boje hängen, ist total verknotet. Wahrscheinlich hat der Bojenkassier damit verhindern wollen, dass wir ohne den letzten Tag zu bezahlen, das Weite suchen. Aber wir binden uns trotzdem los und bleiben die 80 EC$ schuldig. Eigentlich ein stolzer Preis, nur für eine Boje und Benützung der Duschen und des WC’s.

Es geht heute nach Martinique, ca. 35 Seemeilen bis nach Fort de France. Der Wind kommt aus Osten mit etwa 20 Knoten. Wir segeln mit fast sechs Knoten Geschwindigkeit im Durchschnitt über das Meer und erreichen um etwa 14.30 die kleine Marina SOMATRA in der großen Bucht von Fort de France. Die Fahrt verläuft unspektakulär, nur einmal schauen wir aufgeregt über die Reling, als wir die Wasserfontäne eines vorbei schwimmenden Wales sehen. Kurz vor Fort de France zieht noch ein heftiger Regenschauer über uns. Fast noch rechtzeitig bergen wir die Segel, bevor es heftig zu regnen beginnt.

In der kleinen und gut geschützten Marina finden wir schnell einen Platz zum Anlegen. Ich begebe mich anschließend mit den Schiffspapieren zur Rezeption. Der Hafenkapitän sollte um 15.00 Uhr sein Büro wieder öffnen. Endlich 10 Minuten vor 16.00 trifft er ein. Aber leider sehr betrunken! Er meint, dass ich morgen kommen soll, denn heute kann er keine Formulare mehr bearbeiten. Wir haben nur einen anderen Liegeplatz zugewiesen bekommen.

Nachdem wir festgemacht haben, zieht wieder ein heftiger Regenschauer über die Bucht hinweg. Das wiederholt sich noch ein paar Mal. Abends essen wir Nudeln mit einer pikanten Sauce. Dann streifen wir noch durch das Marinagelände. Es ist sehr ruhig, die meisten Schiffe sind verlassen. Im Restaurant trinken wir Kaffee und ein kleines Bier. Die Preise sind hier unverschämt hoch. Ein viertel Liter Bier kostet 2,60 Euro. Und wieder regnet es in Strömen. Wir rutschen unter dem Zeltdach in eine etwas trockenere Zone.

Im Salon unserer Tattoo spielen wir eine spannende Runde Domino. Werner siegt nach sieben Runden knapp vor Michi, ich bin geschlagener letzter. Ich schreibe danach noch ein paar Zeilen, dann werde ich ein paar Zeilen lesen und dann schlafen! Gute Nacht!

Montag, 19. Januar 2009

16.01 - 17.01.2009 - Menschen

16.01.2009 – In Chateaubelair
Eine sehr lästige Gelse quält mich schon zeitlich am Morgen, trotz aktiver Gelsenfalle und NOBIT. Es scheint aber nichts zu helfen. Irgendwann halte ich es nicht mehr aus. Zeit zum Frühstücken. Nachdem wir ein herrliches Müsli mit frischen tropischen Früchten zu uns genommen haben – fast alle Früchte stammen von unserem gestrigen Einkauf – wollen sich Michi und ich auf St. Vincent noch etwas umschauen.

Wir packen unsere Rucksäcke und rudern an Land. Zunächst müssen wir den Fluss überqueren, der in der Cumberland Bay ins Meer mündet. Michi geht quer durch dass Flussbett, an der tiefsten Stelle immerhin fast hüfthoch, nur mit Badehose bekleidet. Ich wähle eine moderatere Stelle, aber auch noch knietief – die Hose ist nass.

Wir treffen uns am anderen Flussufer wieder, kleiden uns an und gehen dann den Feldweg entlang, bis dieser in eine betonierte Straße mündet. Von dort biegen wir nach rechts und sehen gleich gegenüber, wie ein paar Burschen an einem neuen Lokal arbeiten. „Alvins Island“ ist eine Bar, wo schon jetzt aus riesigen Lautsprechern rhythmische Klänge ertönen. Wir grüßen kurz „all right“ und marschieren weiter, immer einen Blick nach rückwärts werfend, ob sich ein Auto mit überhöhter Geschwindigkeit annähert. Dann empfiehlt es sich nämlich, schnell so weit wie möglich nach rechts auszuweichen. Denn hier wird rücksichtslos und sehr riskant viel zu schnell gefahren.

Die Straße macht eine S-Kurve, gleich danach müssen wir durch eine Zone beißenden Qualms. Neben dem Flussufer werden landwirtschaftliche Abfälle verbrannt. Endlich draußen aus der Rauchwolke. Wir erreichen Spring Hill, ein kleines Dorf inmitten üppig wuchernden Waldes.

Im einzigen Supermarkt des Dorfes kaufen wir Wasser gegen den Durst und marschieren dann eine steil ansteigende Bergstraße hinauf. Links geht es steil hinab in ein Tal voll mit Bambus, Palmen und vielen mir unbekannten Pflanzen, jede für sich ebenso schön, wie gemeinsam in diesem herrlichen Dschungel. Über den Bäumen ist das typische Pfeifen von Falken zu hören – stellt Michi fest. Wir entdecken zwei Bambusstangen, die abgeschnitten neben der Straße liegen und heben sie auf, entfernen die kleinen Triebe und nehmen sie mit. Wer weiß, vielleicht können wir sie eines Tages brauchen.

Bevor wir die Anhöhe der Straße erreichen, müssen wir umkehren. Mit Werner ist vereinbart, dass wir um 13.00 Uhr wieder an Bord sind. Es ist an der Zeit umzukehren. Immer wieder muss ich kurz anhalten, um wieder ein neues Bild mit meiner Kamera einzufangen. Wir gehen bei Spring Hill entlang der Wasserleitung, die das kleine Kraftwerk antreibt. Bevor wir zur Cumberland Bay abbiegen, kehren wir noch schnell in die nun schon eröffnete Bar „Alvins Island“ ein. Dann aber schnell zum Schiff. Michi holt Werner mit dem Dingi an Land und wir trinken zum Abschied noch schnell ein Bier bei „Benis Bar & Res“.

Um 14.00 Uhr müssen wir ablegen. Es geht nun in den Ort Chateaubelair - der letzte „Port of Entry“ – Hafen zum Ein- und Ausklarieren im Norden von St. Vincent. Nach einer Stunde Fahrt werfen wir in der großen Bucht von Chateaubelair unseren Anker, mit ausreichend Kette. Ein Bub, der auf einem Floss sitzt, rudert zu uns und bestaunt uns neugierig. Mit einer Schachtel Buntstifte aus Michis Schatztruhe ist der Bann gebrochen und wir plaudern ein wenig. Ich kleide mich entsprechend für eine offizielle Stelle und rudere an Land, die Schuhe zur Sicherheit im Rucksack. Schnell bin ich in der Nähe des Strandes. Vom Boot aus sehe ich, wie sich die letzte Welle im dunklen Sand des Strandes bricht und mir schwant schon böses. Denn ohne fremde Hilfe komm ich hier sicher nicht trocken an Land.

Und wie wenn sie mich gehört hätten, stehen plötzlich vier junge Burschen neben mir und ziehen mich mit samt dem Dingi an Land – Glück gehabt. Ich bedanke mich und lass mir den Weg zum Zoll beschreiben. Am Weg dorthin bietet sich auch noch ein Fischer an, mich zur Wohnung des Zollbeamten zu führen, denn das Büro ist schon geschlossen. Der Nachbar des Zöllners erklärt, dass dieser heute Nachmittag seinen Urlaub angetreten hat. Kein Problem, dann muss ich zur Polizei, die in diesem Fall die Vertretung macht.

Der Weg ist schnell erklärt und das Polizeiquartier ist nicht zu übersehen. Davor stehen schwer bewaffnete Polizisten in ihren lässigen Uniformen. Einige Männer lehnen an einem Pickup. In der Wachstube ist ein großer Tumult. Ein Mann sitzt in Handschellen hinter dem Pult, davor diskutiert sichtlich die Frau des Verhafteten mit einem der Polizisten. Die Stimmung ist angespannt. Der Sohn scheint nun auch hier zu sein, er bringt Kleidung und Waschzeug für den Täter.

Dann laden die Beamten einen riesigen Busch Marihuana auf ihren Pickup – im Wachzimmer glaubte ich, da liegt noch der Weihnachtsbaum der letzten Weihnachten – und der Verhaftete wird ebenfalls zum Auto geführt. Der Pickup entfernt sich. Langsam kehrt Ruhe ein. Der Anbau von Marihuana ist auf St. Vincent sichtlich für viele Bauern ein nicht unwichtiges Zusatzeinkommen, was man aus den vielen Verkaufsangeboten schließen kann, die man hier überall bekommt.

Endlich hat auch jemand Zeit für mich und eine nette Dame erledigt das Ausfüllen der Formulare. Nach wenigen Minuten ist die Prozedur abgeschlossen. Danach besorge ich noch schnell ein paar Flaschen Limonade für die Burschen, die unser Dingi bewacht haben.

Das Ablegen von Land unter diesen Bedingungen ist noch schwieriger als das Anlanden. Ich versuche, möglichst trocken in das Schlauchboot zu gelangen, doch schon die erste Welle macht alles zunichte. Aber immerhin sitz ich noch im Dingi. Ein größerer Bursch hilft mir über die erste Welle hinweg, dann geht es problemlos zum Schiff zurück.

Mittlerweile hat sich eine Schar von jungen Mädchen und Burschen um unser Boot versammelt und sie stellen neugierig Fragen, die Michi bereitwillig beantwortet. Schüchtern fragen Sie nach etwas Süßem und nach einer Packung Keks bedanken sie sich sehr freundlich und kehren an den Strand zurück.

Abends rudern wir nochmals an Land, um essen zu gehen. Vorsichtshalber setzen wir uns nur mit einer Badehose bekleidet in das Beiboot, die Kleidung und Schuhe in wasserdichter Verpackung im Rucksack dabei. Das Essen, Huhn mit Chips und Salat, schmeckt vorzüglich und ist so billig, wie bisher nirgendwo.

An Bord zurückgekehrt, setzt leider wieder leichter Regen ein. Wir beschließen daher den Abend und legen uns nieder.


17.01.2009 – Es regnet in Strömen
Immer wieder wird meine Nachtruhe unterbrochen, weil mir Regentropfen ins Gesicht spritzen. Dann schließ ich schnell die Luken und leg mich wieder nieder. Nach ein paar Minuten ist das ganze wieder vorbei, ich öffne alle Luken und bin froh, frische Luft einatmen zu können.

Der Wecker läutet um sechs, es ist noch stockdunkel und es regnet in Strömen. Trotzdem müssen wir heute früh ablegen, denn wir wollen diesmal ohne Zeitdruck unser Ziel erreichen. Vieux Fort, die Hauptstadt der Insel St. Lucia, ca. 32 Seemeilen entfernt.

Der Regen scheint heute nicht enden zu wollen. Notgedrungen müssen wir im Salon frühstücken. Das ist bisher nur ganz selten vorgekommen. Ein Blick in das Meer rund um uns ist auch nicht ermunternd. Wir treiben in einer braunen Brühe mit allerlei Unrat, den der Regen von der Straße in das Meer gespült hat.

Kurz nach sieben legen wir bei strömenden Regen ab. Hoffentlich verstopft der schwimmende Unrat nicht unsere Kühlwasseransaugung. Es geht alles gut. Wir erreichen das offene Meer und es regnet ununterbrochen. Glücklicherweise ist es fast windstill und die Wellen sind heute auch harmlos.

Nach eineinhalb Stunden motoren liegt St. Vincent hinter uns. Nun lässt auch der Regen etwas nach. Im Osten sieht man auch schon etwas blau des Himmels hervorstrahlen. St. Vincent liegt aber noch immer unter einer schweren Wolkendecke und wird mit reichlich Nass versorgt. Nicht umsonst ist alles so grün.

Der Wind frischt auf und wir können Segel setzen. Mit sechs Knoten geht es hart am Wind nach Norden. Heute ist die Überfahrt wirklich angenehm. Ein großes Kreuzfahrtschiff kommt uns entgegen. Wir begegnen uns nur mit wenig Abstand. In der Ferne sind die beiden etwa 700m hohen berühmten grünen Felsen vor der Küste von St. Lucia zu erkennen, Gross Piton und Petit Piton. Am offenen Meer begegnet uns ein kleines Motorboot. Der Skipper will uns zu seiner Boje führen, wir lehnen aber dankend Ab. Unser Ziel ist Soufriere, wo wir nach einem Anruf erfahren haben, dass man nun auch hier einklarieren kann. Um 15.30 erreichen wir die Kleinstadt Soufriere. Hier darf man nur mehr an Bojen festmachen, denn durch das Ankern wurden in der Vergangenheit die Korallenriffe stark beschädigt.

Zunächst müssen wir zum Zoll. Ich besteige mit Pässen und Schiffspapieren das Motorboot von Aaron und dieser zeigt mir dann, was 40PS so leisten können. Das ca. 5m lange Holzboot schießt wie ein Pfeil zur Zollmole. Erst ganz knapp davor nimmt Aaron Gas weg und ganz langsam treiben wir nun zum Steg. Naja, es wäre auch gemütlicher gegangen.

Zuerst muss ich Geld abheben. Ich suche einen Geldautomat. Soufriere macht auf mich den Eindruck einer Stadt im Wilden Westen. Die Häuser sind fast alle aus Holz gebaut und haben maximal eine Etage. Vom Hafen kommend biege ich in die Hauptstraße und schon läuft ein Bursche barfuß auf mich zu. Er will Geld. Ich habe aber keines. Er zeigt mir die Bank und wartet davor auf mich. Als ich wieder rauskomme, empfängt er mich mit den Worten: I have no shoes. Please give me money!“ Ich bin aber nicht bereit etwas zu geben, denn diese Masche ist zu billig. Wahrscheinlich hat er seine Schuhe irgendwo stehen gelassen, als er mich sah.

Ich begebe mich zum Zoll. Der Beamte reicht mir das Formular zum Ausfüllen. Dann fragt er mehrmals, ob wir wirklich nur zu dritt an Bord sind, ob wir wirklich keinen Schnaps oder andere alkoholischen Getränke an Bord haben und wie viele Zigaretten Michi und Werner eingeführt haben. Ich gebe eine Flasche Rum und ein paar Dosen Bier zu. Dann werden die Papiere abgestempelt und ich kann zur Einwanderungsbehörde. Auch dort ist alles in wenigen Minuten erledigt.

Wieder an Bord, in ebensolcher Höllenfahrt wie schon zuvor in die andere Richtung, werden wir ständig von schwimmenden Marktfahrern belagert. Obst, traditionelle Kunst, Ausflugsfahrten, usw. werden uns angeboten. Wir lehnen dankend ab. Nur eine kleine Holzschildkröte erstehe ich. Nur einem Däne, der für eine karitative Organisation tätig ist, kaufen wir Bier und italienischen Wein ab.

Abends begeben sich Michi und Werner nochmals in die Stadt, während ich das Boot hüte. Es ist mir einmal nach Ruhe zumute. Nach ca. 1 ½ Stunden kehren meine Genossen wieder zurück. Und wieder beginnt es kurz darauf zu regnen. Die Regenzeit sollte offiziell schon im Dezember geendet haben. Das Wetter kennt keine Regeln.

Samstag, 17. Januar 2009

Von Insel zu Insel - 09.01. - 15.01.2009

09.01.2009 – Union Island
Diesen Ort betreten Michi und ich schon zum zweiten Mal in unserem Leben. Vor nicht ganz elf Jahren hat hier mein erster Karibiktörn begonnen. Bevor wir aber in St. Vincent einreisen dürfen, müssen wir noch kurz vor Hillsborough den Anker werfen, um ordnungsgemäß das Land Grenada zu verlassen. Ich rudere an den Strand, wo mich schon eine helfende Hand erwartet, an Land zieht und das Dingi während meiner Abwesenheit bewacht. Dieser Dienst kostet 10 EC$, soviel bezahle ich nach meiner Rückkehr, ist es aber auf jeden Fall wert. Die Ausreiseformalitäten sind schnell erledigt. Ich kaufe noch etwas Obst bei einem Straßenverkäufer und dann geht’s zurück zur Tattoo.

Anker heben und nun auf nach Union Island. Wir segeln bis knapp vor die Küste, dann fahren wir unter Motor bis Clifton. Hier empfängt uns „Skipper“, sein richtiger Name ist Kelvin, einer der vielen Boatboy’s, der uns seine Boje zuweist, Kostenpunkt pro Tag 60 EC$. Ich besteige dann sein Taxiboot und lass mich zum Zoll führen. Das ist wesentlich bequemer als selbst zu rudern, noch dazu, wo in der Bucht der Wind mit ca. 20 Knoten aus Osten bläst und man die Strecke vom Land zum Schiff gegen Wind und Welle rudern muss.

Für 106 EC$ ist die Einreise im Inselstaat St. Vincent & Grenadines auch hier sehr formlos und schnell erledigt. Zum Glück muss man nicht mehr auf den Flughafen fahren, denn nun ist der Zoll auch gleichzeitig die Einwanderungsbehörde. Das Einreiseformular in vierfacher Ausführung ist schnell ausgefüllt und von den netten Damen vom Zoll abgestempelt. Nun dürfen wir auch offiziell in Union Island an Land gehen.

Zurück an Bord trinken wir Kaffee, dann setz ich mich an den Computer und schreibe Tagebuch. Heute steht nichts Wichtiges an. Abends öffnen wir zwei Dosen Chili, essen dazu Brot aus unseren umfangreichen Beständen. Danach besteigen wir unser Dingi und rudern zu „Lambi’s Restaurant“.

Es ist gar nicht so einfach, hier an Land zu steigen. Der Steg ist hoch und nur mit viel Mühe kann ich mich hochziehen. Im Restaurant nebenan ist es sehr ruhig. Nur wenige hungrige Mäuler warten darauf, dass das Buffet eröffnet wird. Manche Gäste überbrücken die Wartezeit mit einem kleinen Schläfchen. Hier sitzen nur Europäer oder Amerikaner.

Vor elf Jahren landeten wir ebenfalls in „Lambi’s Restaurant“, damals noch in sehr jugendlich ausgelassener Stimmung. Wir hatten zu acht einen Katamaran für vierzehn Tage gechartert und fuhren von Union Island nach Trinidad, wo wir den zweitgrößten Karneval der Welt besuchten, und dann wieder zurück nach Union Island fuhren.

Lambis sind eigentlich Meeresschnecken, die wegen ihrer sehr schönen porzellanartigen Schalen leider schon zu den gefährdeten Tierarten gehören. Und so nennt sich auch der Wirt. Er ist eine stattliche Erscheinung. Fast zwei Meter groß und wahrscheinlich 300 Pfund Lebendgewicht, also einige Pfund zuviel – und davon hat er bis heute nichts verloren. Seine Gemeinsamkeit mit Schnecken ist wahrscheinlich sein Tempo.

Lambi sitzt in seinem Restaurant und genießt gerade sein Abendessen, als wir in ansprechen. Sichtlich kann er sich zumindest oberflächlich an uns erinnern, denn seine Freude, alte Gäste zu begrüßen, scheint wirklich echt zu sein. Wir setzen uns dann noch für eine Stunde an seine Bar und hören die erste Steelband auf unserer Reise. Es ist peinlich zu beobachten, wie ungeniert manche Gäste die Musiker aus allernächster Nähe fotografieren. So richtig ausgelassen geht es heute nicht zu. Daher beschließen wir, an Bord zurück zu kehren und bei einem Bier den Abend zu beenden.

Um wieder an Bord zu gelangen, wählen wir nun eine bequemere Variante. Statt selbst zu rudern lassen wir uns für 20 EC$ von einem Taxi zu unserer Tattoo führen, im Schlepptau unser Dingi. Wir sind auch sehr froh, denn der Wind ist noch stärker geworden und die Strecke bis zu unserem Schiff ist doch einige Hundert Meter lang.


10.01.2009 – Alte Bekannte
Das Frühstück fällt heute sehr üppig aus. Eier mit Speck, Müsli mit Mango, Melone und Orange. Es schmeckt köstlich. Dann erledigen wir unsere Pflichten und montieren den Motor an unser Dingi. Denn damit kommen wir wesentlich einfacher an Land, wenn auch nicht immer ganz trocken.

Wir hängen unser winziges Beiboot an einem Holzsteg an und marschieren in den Ort Clifton. Union Island ist nur etwa 7 km² groß, sehr bergig und grün. 2000 Menschen bewohnen die Insel, wobei der Großteil in den beiden einzigen Orten Clifton und Ashton lebt. Der Rest der Insel ist nur sehr spärlich besiedelt.

Seit unserem letzten Besuch hat sich sehr viel geändert. Der Tourismus ist zur wichtigsten Einnahmequelle für die gesamte Insel geworden. Fast 60% der Bevölkerung leben von Seglern und Tagesgästen, die sich für Ausflüge in die wunderschöne Inselwelt rundherum mit kleinen Flugzeugen einfliegen lassen. In der durch ein breites Riff geschützten Bucht vor Clifton liegen viele Ausflugschiffe, die Touren zu den Tobago Keys, nach PSV oder Palm Island anbieten oder Taucher zu den zahlreichen wunderschönen Korallenriffen führen.

Clifton ist auch gewachsen, die Häuser sind bunt gestrichen und in den Gärten blühen tropische Pflanzen. Die in meiner Erinnerung damals noch ärmlichen Verhältnisse der Insel sind einem bescheidenen Wohlstand gewichen. Nur die Frage, wozu man hier auf Union Island ein eigenes Auto benötigt, kann ich mir bei ca. 10 km Straßenlänge nicht beantworten. Aber diese unwichtige Frage scheint hier auch wirklich niemanden zu beschäftigen, denn Autos sieht man hier genauso viel wie an fast jedem anderen Ort der Welt. Trotzdem wird man in Minutenabständen von vorbeifahrenden Taxilenkern gefragt, ob man nicht mitfahren will.

Wir gehen aber zu Fuß vom Flugplatz über die Hauptstraße in den Ort, als wir plötzlich von einem hiesigen grüßt werden und er sich nach unserem Wohlbefinden erkundigt: All right, Guys?“. Nach kurzer Zeit gibt er sich zu erkennen: „I am Hermann, the German“ so der Spitzname des Boatboys. Auch ihn kennen wir schon von 1997. Gestern fragte ich „Skipper“, wie es „Herman, the German“ geht und heute steht er selbst vor uns. Es geht im sichtlich gut und wir plaudern ein wenig über die Vergangenheit. Dann ein kurzer Gruß und „Herman, the German“ verschwindet mit dem hier so typischen Gruß: Eine Faust mit in die Höhe gestrecktem Daumen.

Eine Tafel mit einem Pfeil nach Links weist zur „Blue Pelikan Bar“. Von dieser Bar hat man einen herrlichen Blick über die gesamte Bucht. Außerdem sind die Stiegen mit Nummern versehen, sodass man sich beim Weg nach Hause nicht verirren kann. Ein New Yorker, seine Name ist Mike, hat diese idyllische gelegene Bar vor ein paar Monaten gemietet und scheint hier nun ein neues und bequemeres Leben als zuvor führen zu wollen.

Wir trinken Cola und unterhalten uns wieder einmal über Amerika und seine Präsidenten. Bush scheint wirklich nicht beliebt gewesen zu sein, auch bei den Amerikanern. Anschließend begeben wir uns in „Erikas Highspeed Internet-Shop“, um wie schon an so vielen anderen Orten unserer Reise den Kontakt zur Heimat herzustellen. Und die Homepage muss auch wieder mit den aktuellsten Neuigkeiten und Bildern „gefüttert“ werden. Ich besorge dann noch Gemüse, Obst und Hühnerfleisch für ein Abendessen.

Nachdem wir unser Huhn aufgetaut, in kleine Teile zerlegt und im Wok gebraten haben, muss es nur mehr verzehrt werden. Es schmeckt herrlich. Vor allem das frische Gemüse dazu – Kartoffel, Melanzani, Staudensellerie, Paprika und Paradeiser sind eine Wohltat. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass es in Ländern mit einem derart fruchtbaren Klima so schwer ist, frisches Gemüse oder Obst zu bekommen. Von den Preisen dafür möchte ich allerdings nicht sprechen, die sind nämlich wirklich extrem hoch. Vielleicht nur für Touristen?

Abends besteigen wir nochmals unser Dingi und legen nochmals in Clifton an. Zunächst besuchen wir die Blue Pelikan Bar. Wir sind die einzigen Gäste und unterhalten uns mit Mike, der das Leben hier zu genießen scheint. Wir wollen gerade aufbrechen, als Stimmen zu hören sind. Sichtlich haben doch auch noch andere die sehr versteckt liegende Bar entdeckt. Zwei ältere Australier, sichtlich schon etwas angeheitert, begrüßen überschwänglich den erfreuten Barkeeper. Mit seiner überheblichen Art nimmt einer der neuen Gäste die Unterhaltung in die Hand. Trotz des seichten Schmähs schätze ich solche Unterhaltungen, denn sie fördern meine Englischkenntnisse. Aber dann haben wir genug an neun Vokabeln gehört, bezahlen und gehen noch in die Twighlight-Bar auf ein Bier.

An Bord legen wir uns bald in unsere Kojen. Draußen pfeift der Wind mit 25 bis 30 Knoten und lässt uns ordentlich auf den Wellen tanzen.


11.01.2009 – Zu den Tobago Cays
Die Tobago Cays sind vier unbewohnte Inseln – Petit Rameau, Petit Beteau, Baradal und Jamesby. Die Ankerplätze zählen zu den Schönsten in der gesamten Karibik.

Wir frühstücken ausgiebig und legen ab, nachdem wir „Skipper“ nochmals 60 EC$ für die zweite Nacht an seiner Boje bezahlt haben. Dann müssen wir noch das Backstag auf der Backbordseite spannen, denn durch die ständige Belastung hat es sich sichtlich etwas gedehnt und nun sind bei starkem Wind Vibrationen im gesamten Schiff zu spüren.

Abgelegt wird knapp nach 11.00 Uhr. Vorsichtig manövriert Werner unserer Tattoo aus der Rifflandschaft von Clifton Harbour. An den aus dem Wasser ragenden Wracks in der Bucht ist zu sehen, dass nicht jeder so vorsichtig war.

Vorbei geht es an winzigen Inselchen, die gerade Platz für eine kleine Strohhütte unter einer Palme und ein paar Tische mit Hockern bieten – eine typische karibische Inselbar. Dann geht es an der privaten Insel Palm Island vorbei und gleich darauf empfangen uns mächtige Wellen. Und nur ein winziger Moment Unaufmerksamkeit sorgt dafür, dass mich eine dieser Wellen aus dem Sitz wirft, direkt in Michis Arme auf der gegenüberliegenden Seite des Cockpits und ich mir dabei den Mittelfinger in der Niedergangstüre einzwicke. Ein kurzer Aufschrei, dann lässt der Schmerz aber auch schon wieder nach.

Nur unter Motor quälen wir uns die kurze Strecke bis zur Einfahrt in die Tobago Cays. Hier muss man mit der so genannten Augapfelmethode navigieren. Anhand der Farben des Wassers hält man sich am besten immer in dunkelblauen Bereich. Dort wo es von Olivgrün bis Braun schimmert, sollte man sich fernhalten – dass sind die gefährlichen Riffe.

In der wunderschönen Bucht ankern etwa vierzig Segler – Werner hat sie gezählt. Michi und ich packen unsere Taucherbrillen ins Dingi und besteigen es. Dann nehmen wir die Ruder in die Hand und rudern wie besessen. Aber wir rudern – nur endlos langsam kommen wir dem weißen Sandstrand näher. Ein guter Mensch in einem motorisierten Schlauchboot scheint die mitleiderregende Szene zu Herzen zu gehen, dass er kurz entschlossen seine Hilfe anbietet und uns an den Strand zieht.

Michi nimmt sofort seine Sachen und springt mit Taucherbrille und Schnorchel in die Unterwasserwelt. Ich erkunde die Insel an der oberen Seite, jedoch ist sie wirklich unbewohnt und es gibt nicht viel zu sehen.

Als Michi zurückkehrt, berichtet er von abgestorbenen Korallenstöcken, wenig bunten Fischen, aber dafür von einer riesigen Schildkröte, die er beobachten konnte. Der Wind ist leider zu stark und das Wasser zu sehr bewegt, sodass sich die Fische wahrscheinlich auch an ruhigeren Plätzen aufhalten.

Abends essen wir Spagetti Carbonara, dann sitzen wir noch im Cockpit und plaudern ein wenig. Der Wind bläst unvermindert heftig und so vereinbaren wir, alle paar Stunden nach dem Anker zu sehen.


12.01.2008 – Auf nach Mayreau
Auch diese Insel ist winzig, ca. 2 km² und von etwa 200 Menschen bewohnt. Sie ist unser heutiges Ziel. Dazu ist auch nur eine sehr kurze Strecke von etwa 4 Nm zurückzulegen.

Die Sonne strahl herab, der Wind pfeift mit unverminderter Stärke, so wie schon die ganze Nacht und die Tage davor. Deshalb habe ich auch wenig geschlafen und immer wieder einen Blick nach außen geworfen, ob sich nicht irgendwo um uns ein Anker gelöst hat. Aber nichts ist geschehen, alle stehen noch am selben Platz wie gestern.

Nach dem Frühstück ziehen wir den Anker hoch und legen ab mit dem heutigen Ziel Salt Whistle Bay im Norden Mayreaus. Wir segeln nur mit einer gerefften Genua und sind nach nicht einmal einer Stunde am Ziel. Ein Ankerplatz in Strandnähe ist auch schnell gefunden. Werner und ich begeben uns an Land, während Michi einen Ausflug mit Taucherbrille und Schnorchel in die umliegenden Riffs macht. Da der Weg an Land nur kurz ist, rudern wir. Mit vereinten Kräften schaffen wir es, doch es ist kein Kinderspiel.

Der Strand ist traumhaft schön. Nur wenige Menschen liegen unter den zahlreichen Kokospalmen. Im Hintergrund stehen aus Stein erbaute Hütten – Liebesnester für Paare, die die Einsamkeit lieben. An der einzigen Bar genehmigen wir uns ein kleines Bier. Ich wandere dann ca. einen Kilometer bis in den Ort der Insel. Die Häuser der Inselbewohner stehen rund um die höchste Erhebung, von wo man einen wunderschönen Blick auf die umliegenden Inseln hat (Union Island, Carriacou, Petit St. Vincent, Petit Martinique, Tobago Cays, Canouan). Das Dorf macht den Eindruck eines lebenden Museums. Überall sieht man Touristen, die wahrscheinlich alle vom Luxusschiff „Club Med“ einen Landausflug machen. Die „Club Med“ ankert derzeit auch vor der Insel.

Abends ist es wieder sehr ruhig. Von den um uns liegenden Booten hört man kaum Stimmen und meist ist es auch finster. Am Strand ist es aber auch totenstill – nur der Wind pfeift unaufhörlich. Wir essen Eierspeise mit Speck, Grammeln und Kartoffeln. Ein wahrlich sehr nahrhaftes Essen. Nach einer Runde „Jolly“ legen wir uns nieder. Der Schlaf wird immer wieder durch heftige Regengüsse unterbrochen. Aufstehen – Luke schließen, und wenn die Regenwolke weiter gezogen ist – Luke öffnen, damit wieder Frischluft in die Kabine rein kann.


13.01.2009 – „Moby Dick“
Die Nacht war unruhig. Die Phasen des Schlafs sind immer wieder durch heftige Windböen und Regenschauer unterbrochen worden. Um acht ist Tagwache. Wir wollen nicht zu spät ablegen, um unser heutiges Ziel, die Insel Bequia, in den Nachmittagsstunden zu erreichen. Auf der Karte beträgt die Strecke etwa 23 Nm.

Aber schon kurz nach der Ausfahrt aus der Salt Whistle Bay empfangen uns hohe Wellen. Und der Wind kommt mit heftiger Stärke aus NO, also genau aus der Richtung, in die wir eigentlich fahren wollen. So müssen wir also den Kurs zunächst einmal auf Nord ändern.

Mit erstem Reff im Großsegel und stark verkleinerter Genua stampfen wir mit 4 Knoten unserem Ziel entgegen. Immer wieder wird das Vorschiff von Brechern überspült. Wir sitzen zum Glück in unserem gut geschützten Cockpit und sind froh, bei diesem Wetter nicht raus zu müssen. Immer wieder hüpft unser Dingi am Heck wie vor Freude in die Höhe und wir wissen, dass es noch nicht verloren gegangen ist. Wahrscheinlich wäre es aber sicherer gewesen, die Luft aus dem Beiboot zu lassen und es an Deck zu holen

Plötzlich sehe ich an der Steuerbordseite eine Wasserfontäne aufsteigen. Zuerst denke ich – eine unterirdische Quelle – so ein Blödsinn – nein – ein Wal, der aber sichtlich nur sehr langsam durch das Wasser schwimmt, oder treibt. Wir beobachten zunächst, ob die Gefahr einer Kollision besteht. Und dann sehen wir, dass dieses riesige Lebewesen die Richtung ändert und nun von uns wegschwimmt. Wir haben den Eindruck, dass der Wal vielleicht nicht gesund sei, denn die Art und Weise, wie er sich nur sehr langsam bewegt hat, sind uns ungewöhnlich vorgekommen.

Wir müssen weiter. Aus den 23 Nm aus der Karte sind dann schlussendlich mehr als 35 Nm geworden, also fast die doppelte Strecke. Wir müssen dreimal wenden, und nur mit Hilfe des Motors erreichen wir knapp vor Einbruch der Dunkelheit die Admirality Bay vor Port Elizabeth. Schon von weitem sind unzählige Maste zu sehen, die in diesem riesigen und wunderschönen Naturhafen vor Anker liegen.

Ein Boatboy empfängt uns, noch bevor wir einen Platz zum ankern gefunden haben und wir nehmen sein Angebot, an einer Boje für 40 EC$ zu übernachten, gerne an.

Wir rudern an Land. Bequia ist das touristische Zentrum der Grenadinen. Die Insel ist bergig und fast durchgehend bewaldet, hat eine Fläche von ca. 18 km² und wird von ungefähr 6000 Menschen unterschiedlichster Herkunft bewohnt.

An Land ist man von vielen Lokalen umgeben und die Entscheidung, welches wir nun besuchen wollen, fällt nicht leicht. Und es ist wirklich Interessant: trotz der vielen in der Bucht liegenden Yachten, es sind sicher weit über hundert Schiffe, sitzen in den Restaurants und Bars nur vereinzelt Gäste. Obwohl von den Schiffen aber auch nur wenig Stimmen zu hören sind, oder kaum ein Lichtschein erkennbar ist – wo sind die denn alle geblieben?

Wir entscheiden uns für ein mexikanisches Restaurant. Die Tortillas, Burittos, Enchiladas, usw. schmecken köstlich. Nach den Tagen der durchaus nicht schlechten Bordküche trotzdem eine willkommene Abwechslung.

An Bord spielen wir dann noch eine Runde Domino. Die Nacht ist heute wieder ruhig und wir können ungestört schlafen.


14.01.2009 – Blue Lagoon
Ich bin schon vor sieben Uhr munter. Erst lese ich „Auszeit“, ein Weihnachtsgeschenk von Pitty, dann setze ich mich an den Computer und schreibe Tagebuch.

„Good Morning“, flüstert eine freundlich klingende Stimme von außen durch meine Luke in der Achterkabine. Ein Boatboy bietet mir frisches Brot und hausgemachten Bananenkuchen an. Für 30 EC$ zwar nicht gerade geschenkt, aber ich gebe ihm das Geld trotzdem gerne, denn das Leben der Menschen hier ist sicher nicht einfach.

Ein Blick auf die Uhr: Viertel neun, Zeit zum Aufstehen! Jetzt wecke ich Werner und Michi. Es gibt Müsli mit Banane, Ananas und dem „berühmten“ Golden Apple – eine Frucht, deren Kern wie ein Kaktus aussieht, aber trotzdem sehr gut schmeckt. Dann erledigen wir flott unsere morgendlichen Pflichten und anschließend rudern wir an Land.

Wir besichtigen das sympathische Port Elizabeth u. beobachten, wie heute hunderte Touristen mit autobusähnlichen Schiffen von einem großen Kreuzfahrtschiff an Land transportiert werden – je Tour etwa 50 Personen. Wir erledigen an Land auch notwendige Besorgungen von Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln. Anschließend schieße ich noch viele Fotos, an Motiven fehlt es hier nicht, während Michi im Internetcafe durch die Welt surft.

Um 13.50 Uhr legen wir ab. Auch heute bleiben uns die „Christmas-Winds“ treu, wie uns Will aus Texas erklärt. Ihn und seine Frau haben wir in der Marina San Sebastian auf La Gomera kennen gelernt. Nun treffen wir uns nach über zwei Monaten auf dieser netten Insel wieder. Die Christmas-Winds sind also die für diese Jahreszeit typischen Passatwinde in der Karibik, die mit 25 bis 30 Knoten anspruchsvolle Bedingungen zum Segeln schaffen.

Sobald wir die gut geschützte Bucht verlassen haben, rollen uns auch schon wieder große und lange Atlantikwellen entgegen. Auch heute müssen wir einen Nordkurs fahren, obwohl das Ziel im Nordosten liegt, die Blue Laagon-Bay auf St. Vincent.

Nach mühevollen 14 Seemeilen und einigen Wenden landen wir in der Blue Lagoon auf St. Vincent. Zum Glück erreichen wir die Einfahrt noch bei Tageslicht, denn in der Nacht wäre das ein gefährliches Manöver gewesen. Die Lichtsignale der Seezeichen funktionieren hier generell nur teilweise. An vielen Bojen liegen Yachten, die hier wahrscheinlich für längere Zeit abgestellt wurden. Die Charterfirma SUNSAIL hat hier auch ihren Stützpunkt.

Wir nehmen uns eine freie Boje in Landnähe und beginnen sofort mit dem Kochen. Heute gibt es Huhn mit Reis und Gemüse. Den Landgang sagen wir dann wegen Müdigkeit kurzfristig ab.


15.01.2009 – Cumberland Bay
Nach dem Frühstück rudern wir auf das Marinagelände der Firma SUNSAIL. Werner hat im Hafenhandbuch gelesen, dass man sich hier gegen Unkostenbeteiligung duschen kann. Die nette Dame in der Rezeption spricht deutsch und erhört unsere Bitte – nach kurzer Überlegung gestattet sie uns die Benützung der Waschräume, und das sogar kostenlos.

Wir plaudern dann mit ihrem Mann, er ist hier der Stützpunktleiter, noch über die Möglichkeiten eines Rücktransportes unserer Tattoo nach Europa. Er mein aber, dass aufgrund der hohen Kosten auch Charterfirmen mittlerweile diese Überführungen nicht mehr durchführen lassen. Andere Möglichkeiten sind aber auch kaum vorhanden. So schwinden unsere Hoffnungen, dass Schiff auf diesem Weg zurück zu bringen, immer mehr. Er ist aber selbst die Route schon gesegelt, und meint daher, nur der richtige Zeitpunkt der Abfahrt ist wichtig.

Nach dieser Plauderei marschieren wir noch kurz in die nächste Ortschaft, um Brot zu besorgen. Zurück an Bord, legen wir ab. Die Strecke in die Cumberland Bay ist ca. 10 Seemeilen lang. Wir segeln vorbei an einer wunderschönen Küste, an einsamen Palmenstränden, jedoch mit schwarzem Sand, denn die Insel ist vulkanischen Ursprungs. Hier an einem dieser Strände wurde der Film „Fluch der Karibik“ mit Jonny Depp gedreht. Man kann sich das durchaus gut vorstellen.

Im Handbuch „Karibik 1“ schreibt der Autor, dass die Cumberland Bay eine der wildesten und schönsten Buchten von St. Vincent sein soll. Er schreibt aber auch, dass in diesem Gebiet die Armut daheim ist. Man wird von alten und jungen Männern in winzigen Booten oder auf Surfbrettern empfangen. Jeder will sein Geschäft machen - Landleine übernehmen, frisches Brot, tropische Früchte, usw.. Auch sollte man sein Schiff immer gut verschließen, wenn man es verlässt, denn Diebstähle sind nicht selten.

Und es ist im ersten Moment genauso, wie im Buch beschrieben wird. Schon an der Einfahrt erwartet uns ein älterer Mann in seinem Boot. Er gestikuliert wild mit seinen Armen, wir können die Handzeichen aber nicht verstehen. Erst nahe genug, verstehen wir, dass er die Landleine übernehmen will. Wir einigen uns dafür auf 15 EC$ - das sei sehr wichtig, um spätere Unstimmigkeiten zu vermeiden, meint der Autor unseres Hafenhandbuches. Dann werfen wir den Anker und fahren nun im Retourgang in Richtung Strand, zwischen eine französische Yacht und einem Katamaran. Unser Helfer bindet die Landleine zu weit links an eine Palme, sodass wir immer näher an die französische Yacht treiben. Erst nachdem die Leine umgelegt ist, können wir den Motor abstellen.

Mittlerweile haben sich fünf Boote und Surfbretter um unsere Tattoo versammelt. Rund um uns kommen Hände mit Orangen, Bananen und anderen tropischen Früchten über Bord. Eine Speisekarte wird uns überreicht. Unser Landleinen-Mann vertritt auch zugleich „Benis Bar & Restaurant“. Wir werfen einen Blick auf die Karte und damit ist die Entscheidung schon getroffen. Heute Abend kehren wir bei „Benis“ ein. Nun sollen wir auch noch entscheiden, was wir heute essen wollen - Schwein vom Grill. So schnell geht das also.

Anschließend füllen wir unsere Bordküche noch mit frischen Früchten. Jedem kaufen wir ein paar Früchte ab. Es ist bedrückend, wie die Menschen hier sichtlich wirklich noch in großer Armut leben, während es z.B. rund um die Blue Lagoon sehr nach Wohlstand aussah. Und dazwischen liegen gerade 10 Seemeilen.

Die Nacht ist die karibischste bisher. Nach einem wunderschönen Sonnenuntergang rundern wir an Land. Es sind nur wenige Schritte zu „Benis Bar & Res“ – wie in bunten Buchstaben an der Holzwand zu lesen ist. Wir sitzen bei Kerzenlicht und warten auf unsere Speisen. Außer uns ist kein anderer Gast zu sehen. In der Hütte probt die Steelband für ihren heutigen Auftritt. Es klingt etwas derb und laut.

Doch dann kommt alles anders. Unsere Teller sind voll mit Fleisch, Gemüse und Reis und es schmeckt herrlich. Währenddessen sind noch Gäste aus Schweden eingekehrt. Die Steelband spielt nun auch schon, und wie. Es ist traumhaft, die Musik kommt aus dem Herzen, wir sind einfach überwältigt und applaudieren fleissig.

Irgendwann hat auch dieser Abend ein Ende. Wir kehren auf unser Schiff zurück und wie schon öfters beginnt es kurz danach zu regnen – es ist Zeit zu schlafen!

Von Insel zu Insel - 09.01. - 15.01.2009

09.01.2009 – Union Island
Diesen Ort betreten Michi und ich schon zum zweiten Mal in unserem Leben. Vor nicht ganz elf Jahren hat hier mein erster Karibiktörn begonnen. Bevor wir aber in St. Vincent einreisen dürfen, müssen wir noch kurz vor Hillsborough den Anker werfen, um ordnungsgemäß das Land Grenada zu verlassen. Ich rudere an den Strand, wo mich schon eine helfende Hand erwartet, an Land zieht und das Dingi während meiner Abwesenheit bewacht. Dieser Dienst kostet 10 EC$, soviel bezahle ich nach meiner Rückkehr, ist es aber auf jeden Fall wert. Die Ausreiseformalitäten sind schnell erledigt. Ich kaufe noch etwas Obst bei einem Straßenverkäufer und dann geht’s zurück zur Tattoo.

Anker heben und nun auf nach Union Island. Wir segeln bis knapp vor die Küste, dann fahren wir unter Motor bis Clifton. Hier empfängt uns „Skipper“, sein richtiger Name ist Kelvin, einer der vielen Boatboy’s, der uns seine Boje zuweist, Kostenpunkt pro Tag 60 EC$. Ich besteige dann sein Taxiboot und lass mich zum Zoll führen. Das ist wesentlich bequemer als selbst zu rudern, noch dazu, wo in der Bucht der Wind mit ca. 20 Knoten aus Osten bläst und man die Strecke vom Land zum Schiff gegen Wind und Welle rudern muss.

Für 106 EC$ ist die Einreise im Inselstaat St. Vincent & Grenadines auch hier sehr formlos und schnell erledigt. Zum Glück muss man nicht mehr auf den Flughafen fahren, denn nun ist der Zoll auch gleichzeitig die Einwanderungsbehörde. Das Einreiseformular in vierfacher Ausführung ist schnell ausgefüllt und von den netten Damen vom Zoll abgestempelt. Nun dürfen wir auch offiziell in Union Island an Land gehen.

Zurück an Bord trinken wir Kaffee, dann setz ich mich an den Computer und schreibe Tagebuch. Heute steht nichts Wichtiges an. Abends öffnen wir zwei Dosen Chili, essen dazu Brot aus unseren umfangreichen Beständen. Danach besteigen wir unser Dingi und rudern zu „Lambi’s Restaurant“.

Es ist gar nicht so einfach, hier an Land zu steigen. Der Steg ist hoch und nur mit viel Mühe kann ich mich hochziehen. Im Restaurant nebenan ist es sehr ruhig. Nur wenige hungrige Mäuler warten darauf, dass das Buffet eröffnet wird. Manche Gäste überbrücken die Wartezeit mit einem kleinen Schläfchen. Hier sitzen nur Europäer oder Amerikaner.

Vor elf Jahren landeten wir ebenfalls in „Lambi’s Restaurant“, damals noch in sehr jugendlich ausgelassener Stimmung. Wir hatten zu acht einen Katamaran für vierzehn Tage gechartert und fuhren von Union Island nach Trinidad, wo wir den zweitgrößten Karneval der Welt besuchten, und dann wieder zurück nach Union Island fuhren.

Lambis sind eigentlich Meeresschnecken, die wegen ihrer sehr schönen porzellanartigen Schalen leider schon zu den gefährdeten Tierarten gehören. Und so nennt sich auch der Wirt. Er ist eine stattliche Erscheinung. Fast zwei Meter groß und wahrscheinlich 300 Pfund Lebendgewicht, also einige Pfund zuviel – und davon hat er bis heute nichts verloren. Seine Gemeinsamkeit mit Schnecken ist wahrscheinlich sein Tempo.

Lambi sitzt in seinem Restaurant und genießt gerade sein Abendessen, als wir in ansprechen. Sichtlich kann er sich zumindest oberflächlich an uns erinnern, denn seine Freude, alte Gäste zu begrüßen, scheint wirklich echt zu sein. Wir setzen uns dann noch für eine Stunde an seine Bar und hören die erste Steelband auf unserer Reise. Es ist peinlich zu beobachten, wie ungeniert manche Gäste die Musiker aus allernächster Nähe fotografieren. So richtig ausgelassen geht es heute nicht zu. Daher beschließen wir, an Bord zurück zu kehren und bei einem Bier den Abend zu beenden.

Um wieder an Bord zu gelangen, wählen wir nun eine bequemere Variante. Statt selbst zu rudern lassen wir uns für 20 EC$ von einem Taxi zu unserer Tattoo führen, im Schlepptau unser Dingi. Wir sind auch sehr froh, denn der Wind ist noch stärker geworden und die Strecke bis zu unserem Schiff ist doch einige Hundert Meter lang.


10.01.2009 – Alte Bekannte
Das Frühstück fällt heute sehr üppig aus. Eier mit Speck, Müsli mit Mango, Melone und Orange. Es schmeckt köstlich. Dann erledigen wir unsere Pflichten und montieren den Motor an unser Dingi. Denn damit kommen wir wesentlich einfacher an Land, wenn auch nicht immer ganz trocken.

Wir hängen unser winziges Beiboot an einem Holzsteg an und marschieren in den Ort Clifton. Union Island ist nur etwa 7 km² groß, sehr bergig und grün. 2000 Menschen bewohnen die Insel, wobei der Großteil in den beiden einzigen Orten Clifton und Ashton lebt. Der Rest der Insel ist nur sehr spärlich besiedelt.

Seit unserem letzten Besuch hat sich sehr viel geändert. Der Tourismus ist zur wichtigsten Einnahmequelle für die gesamte Insel geworden. Fast 60% der Bevölkerung leben von Seglern und Tagesgästen, die sich für Ausflüge in die wunderschöne Inselwelt rundherum mit kleinen Flugzeugen einfliegen lassen. In der durch ein breites Riff geschützten Bucht vor Clifton liegen viele Ausflugschiffe, die Touren zu den Tobago Keys, nach PSV oder Palm Island anbieten oder Taucher zu den zahlreichen wunderschönen Korallenriffen führen.

Clifton ist auch gewachsen, die Häuser sind bunt gestrichen und in den Gärten blühen tropische Pflanzen. Die in meiner Erinnerung damals noch ärmlichen Verhältnisse der Insel sind einem bescheidenen Wohlstand gewichen. Nur die Frage, wozu man hier auf Union Island ein eigenes Auto benötigt, kann ich mir bei ca. 10 km Straßenlänge nicht beantworten. Aber diese unwichtige Frage scheint hier auch wirklich niemanden zu beschäftigen, denn Autos sieht man hier genauso viel wie an fast jedem anderen Ort der Welt. Trotzdem wird man in Minutenabständen von vorbeifahrenden Taxilenkern gefragt, ob man nicht mitfahren will.

Wir gehen aber zu Fuß vom Flugplatz über die Hauptstraße in den Ort, als wir plötzlich von einem hiesigen grüßt werden und er sich nach unserem Wohlbefinden erkundigt: All right, Guys?“. Nach kurzer Zeit gibt er sich zu erkennen: „I am Hermann, the German“ so der Spitzname des Boatboys. Auch ihn kennen wir schon von 1997. Gestern fragte ich „Skipper“, wie es „Herman, the German“ geht und heute steht er selbst vor uns. Es geht im sichtlich gut und wir plaudern ein wenig über die Vergangenheit. Dann ein kurzer Gruß und „Herman, the German“ verschwindet mit dem hier so typischen Gruß: Eine Faust mit in die Höhe gestrecktem Daumen.

Eine Tafel mit einem Pfeil nach Links weist zur „Blue Pelikan Bar“. Von dieser Bar hat man einen herrlichen Blick über die gesamte Bucht. Außerdem sind die Stiegen mit Nummern versehen, sodass man sich beim Weg nach Hause nicht verirren kann. Ein New Yorker, seine Name ist Mike, hat diese idyllische gelegene Bar vor ein paar Monaten gemietet und scheint hier nun ein neues und bequemeres Leben als zuvor führen zu wollen.

Wir trinken Cola und unterhalten uns wieder einmal über Amerika und seine Präsidenten. Bush scheint wirklich nicht beliebt gewesen zu sein, auch bei den Amerikanern. Anschließend begeben wir uns in „Erikas Highspeed Internet-Shop“, um wie schon an so vielen anderen Orten unserer Reise den Kontakt zur Heimat herzustellen. Und die Homepage muss auch wieder mit den aktuellsten Neuigkeiten und Bildern „gefüttert“ werden. Ich besorge dann noch Gemüse, Obst und Hühnerfleisch für ein Abendessen.

Nachdem wir unser Huhn aufgetaut, in kleine Teile zerlegt und im Wok gebraten haben, muss es nur mehr verzehrt werden. Es schmeckt herrlich. Vor allem das frische Gemüse dazu – Kartoffel, Melanzani, Staudensellerie, Paprika und Paradeiser sind eine Wohltat. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass es in Ländern mit einem derart fruchtbaren Klima so schwer ist, frisches Gemüse oder Obst zu bekommen. Von den Preisen dafür möchte ich allerdings nicht sprechen, die sind nämlich wirklich extrem hoch. Vielleicht nur für Touristen?

Abends besteigen wir nochmals unser Dingi und legen nochmals in Clifton an. Zunächst besuchen wir die Blue Pelikan Bar. Wir sind die einzigen Gäste und unterhalten uns mit Mike, der das Leben hier zu genießen scheint. Wir wollen gerade aufbrechen, als Stimmen zu hören sind. Sichtlich haben doch auch noch andere die sehr versteckt liegende Bar entdeckt. Zwei ältere Australier, sichtlich schon etwas angeheitert, begrüßen überschwänglich den erfreuten Barkeeper. Mit seiner überheblichen Art nimmt einer der neuen Gäste die Unterhaltung in die Hand. Trotz des seichten Schmähs schätze ich solche Unterhaltungen, denn sie fördern meine Englischkenntnisse. Aber dann haben wir genug an neun Vokabeln gehört, bezahlen und gehen noch in die Twighlight-Bar auf ein Bier.

An Bord legen wir uns bald in unsere Kojen. Draußen pfeift der Wind mit 25 bis 30 Knoten und lässt uns ordentlich auf den Wellen tanzen.


11.01.2009 – Zu den Tobago Cays
Die Tobago Cays sind vier unbewohnte Inseln – Petit Rameau, Petit Beteau, Baradal und Jamesby. Die Ankerplätze zählen zu den Schönsten in der gesamten Karibik.

Wir frühstücken ausgiebig und legen ab, nachdem wir „Skipper“ nochmals 60 EC$ für die zweite Nacht an seiner Boje bezahlt haben. Dann müssen wir noch das Backstag auf der Backbordseite spannen, denn durch die ständige Belastung hat es sich sichtlich etwas gedehnt und nun sind bei starkem Wind Vibrationen im gesamten Schiff zu spüren.

Abgelegt wird knapp nach 11.00 Uhr. Vorsichtig manövriert Werner unserer Tattoo aus der Rifflandschaft von Clifton Harbour. An den aus dem Wasser ragenden Wracks in der Bucht ist zu sehen, dass nicht jeder so vorsichtig war.

Vorbei geht es an winzigen Inselchen, die gerade Platz für eine kleine Strohhütte unter einer Palme und ein paar Tische mit Hockern bieten – eine typische karibische Inselbar. Dann geht es an der privaten Insel Palm Island vorbei und gleich darauf empfangen uns mächtige Wellen. Und nur ein winziger Moment Unaufmerksamkeit sorgt dafür, dass mich eine dieser Wellen aus dem Sitz wirft, direkt in Michis Arme auf der gegenüberliegenden Seite des Cockpits und ich mir dabei den Mittelfinger in der Niedergangstüre einzwicke. Ein kurzer Aufschrei, dann lässt der Schmerz aber auch schon wieder nach.

Nur unter Motor quälen wir uns die kurze Strecke bis zur Einfahrt in die Tobago Cays. Hier muss man mit der so genannten Augapfelmethode navigieren. Anhand der Farben des Wassers hält man sich am besten immer in dunkelblauen Bereich. Dort wo es von Olivgrün bis Braun schimmert, sollte man sich fernhalten – dass sind die gefährlichen Riffe.

In der wunderschönen Bucht ankern etwa vierzig Segler – Werner hat sie gezählt. Michi und ich packen unsere Taucherbrillen ins Dingi und besteigen es. Dann nehmen wir die Ruder in die Hand und rudern wie besessen. Aber wir rudern – nur endlos langsam kommen wir dem weißen Sandstrand näher. Ein guter Mensch in einem motorisierten Schlauchboot scheint die mitleiderregende Szene zu Herzen zu gehen, dass er kurz entschlossen seine Hilfe anbietet und uns an den Strand zieht.

Michi nimmt sofort seine Sachen und springt mit Taucherbrille und Schnorchel in die Unterwasserwelt. Ich erkunde die Insel an der oberen Seite, jedoch ist sie wirklich unbewohnt und es gibt nicht viel zu sehen.

Als Michi zurückkehrt, berichtet er von abgestorbenen Korallenstöcken, wenig bunten Fischen, aber dafür von einer riesigen Schildkröte, die er beobachten konnte. Der Wind ist leider zu stark und das Wasser zu sehr bewegt, sodass sich die Fische wahrscheinlich auch an ruhigeren Plätzen aufhalten.

Abends essen wir Spagetti Carbonara, dann sitzen wir noch im Cockpit und plaudern ein wenig. Der Wind bläst unvermindert heftig und so vereinbaren wir, alle paar Stunden nach dem Anker zu sehen.


12.01.2008 – Auf nach Mayreau
Auch diese Insel ist winzig, ca. 2 km² und von etwa 200 Menschen bewohnt. Sie ist unser heutiges Ziel. Dazu ist auch nur eine sehr kurze Strecke von etwa 4 Nm zurückzulegen.

Die Sonne strahl herab, der Wind pfeift mit unverminderter Stärke, so wie schon die ganze Nacht und die Tage davor. Deshalb habe ich auch wenig geschlafen und immer wieder einen Blick nach außen geworfen, ob sich nicht irgendwo um uns ein Anker gelöst hat. Aber nichts ist geschehen, alle stehen noch am selben Platz wie gestern.

Nach dem Frühstück ziehen wir den Anker hoch und legen ab mit dem heutigen Ziel Salt Whistle Bay im Norden Mayreaus. Wir segeln nur mit einer gerefften Genua und sind nach nicht einmal einer Stunde am Ziel. Ein Ankerplatz in Strandnähe ist auch schnell gefunden. Werner und ich begeben uns an Land, während Michi einen Ausflug mit Taucherbrille und Schnorchel in die umliegenden Riffs macht. Da der Weg an Land nur kurz ist, rudern wir. Mit vereinten Kräften schaffen wir es, doch es ist kein Kinderspiel.

Der Strand ist traumhaft schön. Nur wenige Menschen liegen unter den zahlreichen Kokospalmen. Im Hintergrund stehen aus Stein erbaute Hütten – Liebesnester für Paare, die die Einsamkeit lieben. An der einzigen Bar genehmigen wir uns ein kleines Bier. Ich wandere dann ca. einen Kilometer bis in den Ort der Insel. Die Häuser der Inselbewohner stehen rund um die höchste Erhebung, von wo man einen wunderschönen Blick auf die umliegenden Inseln hat (Union Island, Carriacou, Petit St. Vincent, Petit Martinique, Tobago Cays, Canouan). Das Dorf macht den Eindruck eines lebenden Museums. Überall sieht man Touristen, die wahrscheinlich alle vom Luxusschiff „Club Med“ einen Landausflug machen. Die „Club Med“ ankert derzeit auch vor der Insel.

Abends ist es wieder sehr ruhig. Von den um uns liegenden Booten hört man kaum Stimmen und meist ist es auch finster. Am Strand ist es aber auch totenstill – nur der Wind pfeift unaufhörlich. Wir essen Eierspeise mit Speck, Grammeln und Kartoffeln. Ein wahrlich sehr nahrhaftes Essen. Nach einer Runde „Jolly“ legen wir uns nieder. Der Schlaf wird immer wieder durch heftige Regengüsse unterbrochen. Aufstehen – Luke schließen, und wenn die Regenwolke weiter gezogen ist – Luke öffnen, damit wieder Frischluft in die Kabine rein kann.


13.01.2009 – „Moby Dick“
Die Nacht war unruhig. Die Phasen des Schlafs sind immer wieder durch heftige Windböen und Regenschauer unterbrochen worden. Um acht ist Tagwache. Wir wollen nicht zu spät ablegen, um unser heutiges Ziel, die Insel Bequia, in den Nachmittagsstunden zu erreichen. Auf der Karte beträgt die Strecke etwa 23 Nm.

Aber schon kurz nach der Ausfahrt aus der Salt Whistle Bay empfangen uns hohe Wellen. Und der Wind kommt mit heftiger Stärke aus NO, also genau aus der Richtung, in die wir eigentlich fahren wollen. So müssen wir also den Kurs zunächst einmal auf Nord ändern.

Mit erstem Reff im Großsegel und stark verkleinerter Genua stampfen wir mit 4 Knoten unserem Ziel entgegen. Immer wieder wird das Vorschiff von Brechern überspült. Wir sitzen zum Glück in unserem gut geschützten Cockpit und sind froh, bei diesem Wetter nicht raus zu müssen. Immer wieder hüpft unser Dingi am Heck wie vor Freude in die Höhe und wir wissen, dass es noch nicht verloren gegangen ist. Wahrscheinlich wäre es aber sicherer gewesen, die Luft aus dem Beiboot zu lassen und es an Deck zu holen

Plötzlich sehe ich an der Steuerbordseite eine Wasserfontäne aufsteigen. Zuerst denke ich – eine unterirdische Quelle – so ein Blödsinn – nein – ein Wal, der aber sichtlich nur sehr langsam durch das Wasser schwimmt, oder treibt. Wir beobachten zunächst, ob die Gefahr einer Kollision besteht. Und dann sehen wir, dass dieses riesige Lebewesen die Richtung ändert und nun von uns wegschwimmt. Wir haben den Eindruck, dass der Wal vielleicht nicht gesund sei, denn die Art und Weise, wie er sich nur sehr langsam bewegt hat, sind uns ungewöhnlich vorgekommen.

Wir müssen weiter. Aus den 23 Nm aus der Karte sind dann schlussendlich mehr als 35 Nm geworden, also fast die doppelte Strecke. Wir müssen dreimal wenden, und nur mit Hilfe des Motors erreichen wir knapp vor Einbruch der Dunkelheit die Admirality Bay vor Port Elizabeth. Schon von weitem sind unzählige Maste zu sehen, die in diesem riesigen und wunderschönen Naturhafen vor Anker liegen.

Ein Boatboy empfängt uns, noch bevor wir einen Platz zum ankern gefunden haben und wir nehmen sein Angebot, an einer Boje für 40 EC$ zu übernachten, gerne an.

Wir rudern an Land. Bequia ist das touristische Zentrum der Grenadinen. Die Insel ist bergig und fast durchgehend bewaldet, hat eine Fläche von ca. 18 km² und wird von ungefähr 6000 Menschen unterschiedlichster Herkunft bewohnt.

An Land ist man von vielen Lokalen umgeben und die Entscheidung, welches wir nun besuchen wollen, fällt nicht leicht. Und es ist wirklich Interessant: trotz der vielen in der Bucht liegenden Yachten, es sind sicher weit über hundert Schiffe, sitzen in den Restaurants und Bars nur vereinzelt Gäste. Obwohl von den Schiffen aber auch nur wenig Stimmen zu hören sind, oder kaum ein Lichtschein erkennbar ist – wo sind die denn alle geblieben?

Wir entscheiden uns für ein mexikanisches Restaurant. Die Tortillas, Burittos, Enchiladas, usw. schmecken köstlich. Nach den Tagen der durchaus nicht schlechten Bordküche trotzdem eine willkommene Abwechslung.

An Bord spielen wir dann noch eine Runde Domino. Die Nacht ist heute wieder ruhig und wir können ungestört schlafen.


14.01.2009 – Blue Lagoon
Ich bin schon vor sieben Uhr munter. Erst lese ich „Auszeit“, ein Weihnachtsgeschenk von Pitty, dann setze ich mich an den Computer und schreibe Tagebuch.

„Good Morning“, flüstert eine freundlich klingende Stimme von außen durch meine Luke in der Achterkabine. Ein Boatboy bietet mir frisches Brot und hausgemachten Bananenkuchen an. Für 30 EC$ zwar nicht gerade geschenkt, aber ich gebe ihm das Geld trotzdem gerne, denn das Leben der Menschen hier ist sicher nicht einfach.

Ein Blick auf die Uhr: Viertel neun, Zeit zum Aufstehen! Jetzt wecke ich Werner und Michi. Es gibt Müsli mit Banane, Ananas und dem „berühmten“ Golden Apple – eine Frucht, deren Kern wie ein Kaktus aussieht, aber trotzdem sehr gut schmeckt. Dann erledigen wir flott unsere morgendlichen Pflichten und anschließend rudern wir an Land.

Wir besichtigen das sympathische Port Elizabeth u. beobachten, wie heute hunderte Touristen mit autobusähnlichen Schiffen von einem großen Kreuzfahrtschiff an Land transportiert werden – je Tour etwa 50 Personen. Wir erledigen an Land auch notwendige Besorgungen von Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln. Anschließend schieße ich noch viele Fotos, an Motiven fehlt es hier nicht, während Michi im Internetcafe durch die Welt surft.

Um 13.50 Uhr legen wir ab. Auch heute bleiben uns die „Christmas-Winds“ treu, wie uns Will aus Texas erklärt. Ihn und seine Frau haben wir in der Marina San Sebastian auf La Gomera kennen gelernt. Nun treffen wir uns nach über zwei Monaten auf dieser netten Insel wieder. Die Christmas-Winds sind also die für diese Jahreszeit typischen Passatwinde in der Karibik, die mit 25 bis 30 Knoten anspruchsvolle Bedingungen zum Segeln schaffen.

Sobald wir die gut geschützte Bucht verlassen haben, rollen uns auch schon wieder große und lange Atlantikwellen entgegen. Auch heute müssen wir einen Nordkurs fahren, obwohl das Ziel im Nordosten liegt, die Blue Laagon-Bay auf St. Vincent.

Nach mühevollen 14 Seemeilen und einigen Wenden landen wir in der Blue Lagoon auf St. Vincent. Zum Glück erreichen wir die Einfahrt noch bei Tageslicht, denn in der Nacht wäre das ein gefährliches Manöver gewesen. Die Lichtsignale der Seezeichen funktionieren hier generell nur teilweise. An vielen Bojen liegen Yachten, die hier wahrscheinlich für längere Zeit abgestellt wurden. Die Charterfirma SUNSAIL hat hier auch ihren Stützpunkt.

Wir nehmen uns eine freie Boje in Landnähe und beginnen sofort mit dem Kochen. Heute gibt es Huhn mit Reis und Gemüse. Den Landgang sagen wir dann wegen Müdigkeit kurzfristig ab.


15.01.2009 – Cumberland Bay
Nach dem Frühstück rudern wir auf das Marinagelände der Firma SUNSAIL. Werner hat im Hafenhandbuch gelesen, dass man sich hier gegen Unkostenbeteiligung duschen kann. Die nette Dame in der Rezeption spricht deutsch und erhört unsere Bitte – nach kurzer Überlegung gestattet sie uns die Benützung der Waschräume, und das sogar kostenlos.

Wir plaudern dann mit ihrem Mann, er ist hier der Stützpunktleiter, noch über die Möglichkeiten eines Rücktransportes unserer Tattoo nach Europa. Er mein aber, dass aufgrund der hohen Kosten auch Charterfirmen mittlerweile diese Überführungen nicht mehr durchführen lassen. Andere Möglichkeiten sind aber auch kaum vorhanden. So schwinden unsere Hoffnungen, dass Schiff auf diesem Weg zurück zu bringen, immer mehr. Er ist aber selbst die Route schon gesegelt, und meint daher, nur der richtige Zeitpunkt der Abfahrt ist wichtig.

Nach dieser Plauderei marschieren wir noch kurz in die nächste Ortschaft, um Brot zu besorgen. Zurück an Bord, legen wir ab. Die Strecke in die Cumberland Bay ist ca. 10 Seemeilen lang. Wir segeln vorbei an einer wunderschönen Küste, an einsamen Palmenstränden, jedoch mit schwarzem Sand, denn die Insel ist vulkanischen Ursprungs. Hier an einem dieser Strände wurde der Film „Fluch der Karibik“ mit Jonny Depp gedreht. Man kann sich das durchaus gut vorstellen.

Im Handbuch „Karibik 1“ schreibt der Autor, dass die Cumberland Bay eine der wildesten und schönsten Buchten von St. Vincent sein soll. Er schreibt aber auch, dass in diesem Gebiet die Armut daheim ist. Man wird von alten und jungen Männern in winzigen Booten oder auf Surfbrettern empfangen. Jeder will sein Geschäft machen - Landleine übernehmen, frisches Brot, tropische Früchte, usw.. Auch sollte man sein Schiff immer gut verschließen, wenn man es verlässt, denn Diebstähle sind nicht selten.

Und es ist im ersten Moment genauso, wie im Buch beschrieben wird. Schon an der Einfahrt erwartet uns ein älterer Mann in seinem Boot. Er gestikuliert wild mit seinen Armen, wir können die Handzeichen aber nicht verstehen. Erst nahe genug, verstehen wir, dass er die Landleine übernehmen will. Wir einigen uns dafür auf 15 EC$ - das sei sehr wichtig, um spätere Unstimmigkeiten zu vermeiden, meint der Autor unseres Hafenhandbuches. Dann werfen wir den Anker und fahren nun im Retourgang in Richtung Strand, zwischen eine französische Yacht und einem Katamaran. Unser Helfer bindet die Landleine zu weit links an eine Palme, sodass wir immer näher an die französische Yacht treiben. Erst nachdem die Leine umgelegt ist, können wir den Motor abstellen.

Mittlerweile haben sich fünf Boote und Surfbretter um unsere Tattoo versammelt. Rund um uns kommen Hände mit Orangen, Bananen und anderen tropischen Früchten über Bord. Eine Speisekarte wird uns überreicht. Unser Landleinen-Mann vertritt auch zugleich „Benis Bar & Restaurant“. Wir werfen einen Blick auf die Karte und damit ist die Entscheidung schon getroffen. Heute Abend kehren wir bei „Benis“ ein. Nun sollen wir auch noch entscheiden, was wir heute essen wollen - Schwein vom Grill. So schnell geht das also.

Anschließend füllen wir unsere Bordküche noch mit frischen Früchten. Jedem kaufen wir ein paar Früchte ab. Es ist bedrückend, wie die Menschen hier sichtlich wirklich noch in großer Armut leben, während es z.B. rund um die Blue Lagoon sehr nach Wohlstand aussah. Und dazwischen liegen gerade 10 Seemeilen.

Die Nacht ist die karibischste bisher. Nach einem wunderschönen Sonnenuntergang rundern wir an Land. Es sind nur wenige Schritte zu „Benis Bar & Res“ – wie in bunten Buchstaben an der Holzwand zu lesen ist. Wir sitzen bei Kerzenlicht und warten auf unsere Speisen. Außer uns ist kein anderer Gast zu sehen. In der Hütte probt die Steelband für ihren heutigen Auftritt. Es klingt etwas derb und laut.

Doch dann kommt alles anders. Unsere Teller sind voll mit Fleisch, Gemüse und Reis und es schmeckt herrlich. Währenddessen sind noch Gäste aus Schweden eingekehrt. Die Steelband spielt nun auch schon, und wie. Es ist traumhaft, die Musik kommt aus dem Herzen, wir sind einfach überwältigt und applaudieren fleissig.

Irgendwann hat auch dieser Abend ein Ende. Wir kehren auf unser Schiff zurück und wie schon öfters beginnt es kurz danach zu regnen – es ist Zeit zu schlafen!

Samstag, 10. Januar 2009

04.01. - 08.01.2009 - Grün – grüner – Grenada

04.01.2008 – Eine blühende Insel
Wie vereinbart wartet Joseph mit seinem Toyota-Minibus pünktlich um 09.30 vor der Marina. Martin von der Anima III, sein Freund Clemens aus Wien, der mit dreistündiger Verspätung von Miami in Point Salinas-Flughafen von Grenada erst heute sehr spät in der Nacht angekommen ist und Frieda.

Wir haben den Wecker auf acht gestellt und sind nun knapp vor halb zehn auch schon startbereit. Fast auf die Minute genau besteigen wir den bequemen Bus und Joseph empfängt uns mit einer netten Begrüßung. In kurzen Worten beschreibt er die Tour des heutigen Tages und gibt uns einen Ueberblick ueber die wichtigsten Fakten Grenadas.

110.000 Einwohner auf etwas mehr als ca. 350 km². Unabhängigkeit vom englischen Königreich seit 1974, Diktatur unter Sir Eric Gairy, 1979 friedlicher Putsch unter Führung des Sozialisten Maurice Bishop – er gilt auch heute in Grenada noch als Held. 1983 Ermordung des Kabinetts Maurice Bishop, Invasion von Amerika. Landwirtschaft und Tourismus sorgen heute für relativ ausgewogene soziale Verhältnisse. 2004 wurden fast 95% der Häuser und Kulturflächen vom Hurrikan „Ivan“ zerstört. Der Wiederaufbau ist zwar bis heute noch nicht ganz abgeschlossen – vereinzelt sieht man in St. George, aber auch am Land noch immer Ruinen von Häusern stehen, jedoch wurde seit dem sehr viel erneuert, um die Spuren schnell verschwinden zu lassen.

Joseph erklärt uns die Tour: „Wir fahren zunächst durch die Hauptstadt St. Georg, dann entlang der Westküste bis an die Nordspitze, von wo man die Nachbarinsel Carriacou sehen kann. Dann geht es weiter an der Atlantikküste bis in den Ort Grenville. Von hier biegen wir dann in das Landesinnere. Wir fahren durch den Regenwald des Grand Etang Forrest Reserve, ein Naturschutzgebiet, bis zum Lake Grand Etang in den Bergen. Von diesem Bergsee wird die gesamte Insel mit Trinkwasser versorgt. Dann führt die Straße wieder zurück nach St. George.“

Wir fahren los. Wenige Meilen nach St. George zweigt eine enge und kurvenreiche Straße nach rechts ab. Sie führt steil bergauf durch Plantagen und tropischen Wald. Vorbei geht es an einfachen Hütten und vielen Menschen hinauf zu unserem ersten Höhepunkt, zum Concorde-Wasserfall. Hier endet die Straße. In bunten Holzhütten werden handgemachte Souvenirs zum Verkauf angeboten, Schmuck aus Korallen und andere schöne Arbeiten. Daneben bekommt man einen sehr süßen Juice aus Früchten, die hier überall von den Bäumen hängen. Man fühlt sich fast wie im Schlaraffenland.

Weiter geht es nun entlang der Küste, durch kleine Fischerdörfer, vorbei an Halifax Harbour, wo heute der Müll der ganzen Insel entsorgt wird. In der einstmals schönen Bucht liegen heute die Wracks mehrerer Schiff.

Joseph erklärt, dass die Insel in sieben Bezirke unterteilt ist, wobei die Grenzen jeweils durch Flüsse gebildet werden, die aus den Bergen kommend im Meer enden.

Wir fahren durch Gouyave, das Zentrum der Fischerei auf Grenada, wo freitags immer ein großer Fischmarkt stattfindet. Weiter geht es durch Victoria nach Sauteurs, wo 1651 die letzten Cariben in ihrer hoffnungslosen Lage vor den Britischen Soldaten flüchteten und von einem 35m hohen Felsen in das Meer sprangen – Caribs Leap.

Nun kommen wir an die Ostseite der Insel. Es ist trockener, die Vegetation ist nicht ganz so üppig wie an der Westküste. An einem wunderschönen Strand stoppt Joseph und wir können uns in einer kleinen Hütte mit Huhn und Pommes stärken.

Wir fahren weiter nach Grenville, den zweitgrößten Ort der Insel. Hier verlassen wir die Küste und nun geht’s kurvenreich ins Landesinnere durch den Grand Etang Nationalpark, dessen höchste Erhebung der Mount Qua Qua mit etwas über 707m ist. Am Bergsee Grand Etang bewundern wir die herrliche Landschaft, obwohl auch hier die Spuren des Hurrikans „Ivan“ noch deutlich zu sehen sind.

Am späten Nachmittag treffen wir wieder in der Prickly Bay Marina ein und sind erschöpft. Doch Joseph hat uns wirklich viel von seiner Heimat gezeigt. Grenada ist wunderschön. Und das Vorurteil mit den unfreundlichen Menschen nehme ich hiermit offiziell zurück.


05.01.2008 – Der letzte Tag
In der Früh, Werner und Michi schlafen noch, nehme ich mein Notebook und setzte mich im Marinagelände an einem Tisch unter Bäumen. Hier habe ich einen wesentlich besseren Empfang des Internets und kann nun die Homepage aktualisieren.

Der Platz ist sehr kommunikativ. Zuerst kommt der Amerikaner Capt. Daniel W. Twigg, Master Mariner, aus Boston vorbei, dann der Holländer vom Trimaran „Equinox“. Martin von der Anima III, der heute ablegt, muss noch zum Zoll, um auszuklarieren und anschließend verabschieden wir uns nun wahrscheinlich für längere Zeit. Und plötzlich steht die Crew der O,Flo vor mir, die nun für fünf Wochen heimatlos sind. Der Schiffseigner der O,Flo ist nun selbst mit seinem Katamaran unterwegs. Tobi sucht deshalb einen schönen Platz auf der Insel, wo die sieben für diese Wochen ihre Zelte aufschlagen können. Danach geht es für diese nette Crew dann weiter in den Pazifik.

Neben uns am Steg liegt ARGO, die Segelyacht von Maria-Rose und Gilbert, einem schon etwas älteren Paar aus Frankreich. Gilbert spricht leider nur französisch, Maria-Rose beherrscht aber mehrere Sprachen und zum Glück auch Englisch. Die beiden sind verzweifelt. Ihre technische Ausstattung hat nach und nach den Geist aufgegeben und nun haben sie sich vor einigen Tagen einen neuen Hand-GPS gekauft. Diesen wollen sie nun mit ihrem Notebook verbinden, um damit navigieren zu können.

Maria-Rose spricht mich an, ob ich ihnen dabei helfen könne. Obwohl selbst nicht so sattelfest in diesen Dingen, biete ich meine Unterstützung an. Um es kurz zu machen. Es vergehen Stunden, doch endlich ist der Knoten gelöst und die beiden haben wieder eine funktionsfähige Navigation an Bord. Ich freu mich übrigens auch.

Wir wollen heute auch noch einige Arbeiten erledigen, bevor wir morgen Grenada verlassen. Wichtigster Punkt ist die Reparatur unseres Dingis, das nach wie vor Luft verliert. Da jedoch im einzigen Marineshop hier weit und breit kein Ersatzventil aufzutreiben ist, müssen wir uns selbst helfen. Mit etwas Fett wird das Gummiplättchen des Ventils wieder geschmeidig gemacht und siehe da - es funktioniert, die Luft bleibt drinnen.

Auch unser Herd hat die heftigen Bewegungen der Überfahrten nicht ganz spurlos überstanden. Neue Nieten sorgen nun dafür, dass unser wichtiges Stück wieder fit für die nächsten Etappen ist. Und ein kleines Motorservice ist ebenfalls wieder fällig, sowie noch viele kleine Reparaturen.

Leider muss man sagen, dass die meisten Schäden hier an den Liegeplätzen in den Häfen und Marinas entstehen. Diese sind leider in einem sehr desolatem Zustand. Die Möglichkeiten zum Festmachen der Leinen sind nur beschränkt vorhanden und dann muss man sich mit Tricks helfen. Leider endet das dann manchmal mit einer kaputten Leine, einer zerbrochenen Klüse oder mit einer beschädigten Scheuerleiste wie in Barbados. Gilbert von der ARGO führt mich zum Schiffszubehörhändler, als Dank für den nun wieder funktionierenden GPS, um ein paar Ersatzteile zu besorgen. Als ich zurückkomme ist die Liste aber nur um wenige Punkte kürzer geworden.

Abends wandere ich dann noch zur „Blue Machine“ – das Unternehmen, das Geldautomaten betreibt, nennt sich hier in der Karibik so – um die Bordkasse wieder aufzufüllen. Ein Taxifahrer nimmt mich ein Stück mit. Wir werden uns jedoch über den Fuhrlohn nicht einig, und so drück ich ihm 10 EC$ in die Hand und geh lieber zu Fuß.

Heute essen wir nochmals Pizza, die schmeckt hier wirklich gut. Dann geht’s wieder an Bord, wo wir bald in unseren Kojen liegen und schnarchen.


06.01.2008 – Carriacou – Land der vielen Riffe
Viel zu spät legen wir von der Prickly Bay Marina ab, um noch vor Einbruch der Dunkelheit die Nachbarinsel Grenadas zu erreichen. Obwohl wir schon um acht Uhr aufstehen, frühstücken, den Wassertank füllen, einen aktuellen Wetterbericht einholen, die letzten Vorbereitungen für die nächsten Tage treffen, verlassen wir den Steg erst um 11.00 Uhr. Zunächst kommen wir noch unter Segel bis St. George. Doch dann bläst der Wind direkt auf den Bug und wir müssen den Motor starten, um weiter zu kommen.

Michi ist schon etwas nervös, und das nicht unberechtigt, denn wir werden unser Ziel nicht mehr bei Tageslicht erreichen. Es gibt aber weder Häfen, noch Buchten auf dieser Etappe und so müssen wir unbedingt versuchen, die 38 Nm so schnell wie möglich zurückzulegen.

Wir kämpfen gegen Wind und Wellen. Immer wieder wird zischen neugierige Wellen über das Vorschiff und nur unser sicheres Cockpit schützt uns vor der Nässe. Als wir nur mehr wenige Meilen von Carriacou entfernt sind, versinkt die Sonne hinter dem Horizont.

Wir fahren nur mit Hilfe des Mondes und sechs wachsamen Augen in die Tyrell Bay ein und suchen in der Dunkelheit einen Ankerplatz. Trotz Dunkelheit ist zu sehen, dass wir hier nicht die einzigen sind. Mit viel Glück liegen wir aber bald sicher vor Anker.

Unser heutiges Abendessen ist leider etwas missglückt. Der Fisch, den wir selbst konserviert haben, steht am Speiseplan. Doch leider müssen wir zwei Gläser mit eingekochtem Fisch entsorgen, denn der Geruch ist nicht mehr Vertrauen erweckend. Und der eingesalzene Fisch schmeckt trotz Spülung noch immer total salzig.


07.01.2009 – Im Leihwagen durch Carriacou
Am Ufer der Tyrellbay sitzt ein alter Däne mit seinem Bier. Er lebt hier schon seit einigen Jahren, nachdem seine Yacht während einer Weltumsegelung den Geist hier aufgegeben hat. Wir kommen ins Gespräch. Heute wollen wir die Insel mit dem Leihwagen erkunden. Der alte Mann erhebt sich und wir gehen gemeinsam in Alexis-Supermarket auf der Straßenseite gegenüber. Der Däne spricht kurz mit Merle, die hier arbeitet. Sie nimmt das Telefon und ruft den Chef der Autovermietung an. „Er kommt in fünf Minuten und holt uns von hier ab, dann fährt er mit uns nach Hillsborough zur Polizei, um ein Permit zum Lenken eines KFZs auf Grenada und Carriacou zu lösen und dann bekommen wir einen Suzuki Eskudo für 130 EC$ am Tag.“ Sie gibt den Telefonhörer an Michi weiter um Details zu vereinbaren.

Und genau so läuft es ab. Zehn Minuten später sitzen wir im BMW X5 des Leihwagenunternehmers. Die Klimaanlage ist auf 16°C eingestellt und frierend fahren wir nach Hillsborough zur Polizei und dann anschließend sofort zu seiner Firma, wo wir das Auto übernehmen. Mit einem sehr einfachen Plan der Insel machen wir uns nun am Weg.

Zunächst wollen wir uns orientieren und nehmen dazu den Plan zur Hand. Leider sind die Darstellungen darauf nur sehr ungenau. Außerdem gibt es auf der gesamten Insel weder Verkehrszeichen, noch Wegweiser. So müssen wir uns hier ganz auf unseren Orientierungssinn verlassen.

Die erste Runde führt im Kreis und wir stehen nach kurzer Zeit wieder am Ausgangspunkt. Nun entscheiden wir uns also für die zweite Möglichkeit. Wir fahren nun auf den Mont Royal, wo knapp unterhalb das kleine Dorf Tophill liegt. Hier in dieser Höhe haben auch noch einige Esel viel zu schleppen. denn wer sich kein Auto leisten kann, muss alles am Rücken eines Esels transportieren. In einer kleinen Bar kommen wir mit dem Besitzer ins Gespräch. Wir politisieren ein wenig und seine Freude über die Wahl des neuen Amerikanischen Präsidenten ist unverkennbar. So wie wir dies auch schon an anderen Orten in der Karibik feststellen konnten.

Der Schulbus hält und große und kleine Kinder springen hinaus. Die unterschiedlichen Schuluniformen weisen darauf hin, aus welcher Schule sie kommen. Der Barbesitzer begrüßt seine Kinder, die uns mit großen Augen grüßen. Michi hilft der Tochter bei der Hausübung, während der kleinste in den Armen des Vaters in den Fernseher starrt. Kurz danach werden die beiden älteren Töchter mit dem Schulbus heimgenracht.

Wir verabschieden uns, nachdem wir noch schnell ein paar Fotos geschossen haben und weiter geht die Fahrt. Steil bergab geht es nun zur Ostküste. Wir verlassen die befestigte Straße und fahren nun entlang eines wilden Pfades durch eine mit Strauchwerk und Bäumen bedeckte Landschaft. Plötzlich taucht rechts am Ufer ein scheinbar verlassener Friedhof auf. Man spürt förmlich, dass an den Gräber der Zahn der Zeit genagt hat, viele Grabsteine liegen umgefallen im Gras. Dieser Ort sieht sehr mystisch aus.

Nach einer kurzen Fotopause geht es in dieser Art weiter, bis wir an einer Kreuzung halt machen. Ein großes Schild weist darauf hin, dass hier der Nationalpark beginnt. Ein kleiner Imbiss lädt zu Roti (Teigflade) mit Huhn oder Schaf ein. Es schmeckt nicht schlecht, doch was die Zubereitung von Fleisch betrifft, glaubt man, dass hier nur mit einer Axt auf das tote Vieh eingeschlagen wurde. Egal wo man Fleisch isst, es ist immer durch und durch mit Knochensplittern versetzt.

Ein Bursche mit seinem Hund sitzt vis a vis auf einer Bank und hat neben sich einige Leguane liegen, die meisten tot und verstümmelt. Er erzählt, dass sein Hund diese gefangen hat und er mit dem Fleisch dieser Tiere sein Geld verdient.

Wir fahren weiter und kommen nach Windward, eine kleine Ortschaft, die früher wegen ihrer Schiffsbaukunst bekannt war. Von hier wird die Straße noch um einiges abenteuerlicher, aber unser Suzuki ist für dieses Gelände wie geschaffen. Als wir dann schon glauben, nun geht es wirklich nicht mehr weiter, beginnt die Straße endlich wieder besser zu werden. Wir erblicken Hillsborough und kurz nach der Ortseinfahrt ertönt plötzlich ein Ruf von hinten: „Wir haben die Einbahntafel der Hauptstraße von Hillsborough übersehen“ meint ein aufmerksamer Einwohner. Ein kurzes Stück zurückschieben und für die Aufmerksamkeit einen kleinen Obolus bezahlen – 5 EC$ sind es Wert gewesen.

Hillsborough ist der Hauptort der Insel - Kleine Häuser, viele Menschen und eine sehr gemütliche Atmosphäre. Bevor es dunkel wird, stellen wir unseren Leihwagen in der Tyrell Bay gleich gegenüber vom Alexis-Supermarket ab. Heute gibt es nichts zu essen, denn das Roti war genug.


08.01.2009 – Fender putzen, Rumpf polieren
Mittags müssen wir den Leihwagen wieder zurück bringen, vorher machen wir noch einen kleinen Ausflug nach Hillsborough. Wir besuchen das Heimatmuseum, anschließend erledigen wir ein paar Einkäufe und dann geht’s zurück. Nachdem das Auto abgestellt ist, marschieren wir zu Fuß zur Tyrell Bay.

Für heute Nachmittag wollen wir das Schiff wieder etwas pflegen. Das ist auch notwendig, denn da wir es eventuell schon in der Karibik verkaufen wollen, muss es schon gepflegter aussehen, als es derzeit ist.

Dazu müssen sämtliche Fender gereinigt werden und der Rumpf gehört auch wieder einmal poliert. Eine äußerst mühevolle Arbeit, und als sich dann der Himmel öffnet und es zu regnen beginnt, beenden wir diese Arbeit. Immerhin sind an der Steuerbordseite die letzten Meter fertig poliert. Ganz schwierig zu entfernen waren dabei die Rostflecken der Ösen unseres Spritzschutzes. Diese zu entfernen, war wirklich Schwerarbeit.

Abends rudern wir heute nochmals an Land, in der Hoffnung, ein paar Segler zu treffen. Doch niemand kommt in die Rumbar. Nach zwei Bier und einem heftigen Regenguss sitzen wir wieder im Dingi und rudern heimwärts. Wir sind heute sehr müde – wahrscheinlich von der Arbeit am Schiff.