Dienstag, 30. Dezember 2008

23.12. - 28.12.2008 - Der alte Mann und das Meer

23.12.2008 – Ausreise und Tanken
Es ist nun 01.00 Uhr vorbei, Zeit zum Schlafen. In Wien ist es gerade 06.00 Uhr.

Nach dem Frühstück legen wir von unserer Boje ab, lassen aber das Dingi als Reservierungskennzeichnung an der Boje hängen, um im Fischereihafen den Diesel- und Wassertank zu füllen. Währenddessen begebe ich mich in den Haupthafen, um uns ordnungsgemäß auszuklarieren.

Niemand kann wissen, dass wir verbotener Weise noch länger auf Barbados bleiben. Denn laut Gesetz müssten wir spätestens nach 24 Stunden die Insel verlassen haben. Da aber am 24. Dezember die Tankstelle geschlossen ist, müssen wir heute alles erledigen, dafür können wir zollfrei tanken. Der Liter Diesel kostet hier ca. 50 Cent, jedoch nicht zollfrei.

Es kommt aber dann doch anders. Wir legen an der Tankstelle in zweiter Reihe an einem Fischerboot an. Die beiden Anwesenden an Bord des Fischerbootes übernehmen unsere Leinen und wollen uns anhängen. Da treibt ihr Schiff plötzlich von der Mole weg. Schnell muss nun eine zweite Leine her, um den abtreibenden Fischer zu sichern. Hektisches Hin und Her, dann wird der Fischer langsam wieder zur Mole gezogen und diesmal wirklich festgemacht.

Endlich an Land. Ich sprinte sofort in den Haupthafen zum Hafenmeister. Dieser sah mir ins Gesicht und meinte, es sei unglaubwürdig, am 24. Dezember auszureisen, da wird doch gefeiert, und wenn man erwischt wird, dann muss man nochmals die „Barbados-Benützungabgabe“ bezahlen, also nochmals 100 BB$ (Barbados-Dollar). Ich kehre also unverrichteter Dinge in den Fischereihafen zurück.

Währenddessen liegt die Tattoo an der Seite einer dänischen Yacht, mit vollen Tanks, Kanistern und gereinigtem Schiff. Ich steige an Bord und wir legen nach kurzer Fahrt wieder an unserer Boje in der Carlistle Bay an. Dann gehen wir unseren privaten Verpflichtungen nach: Briefe schreiben, Tagebuch schreiben, schlafen, usw. Michi will um 16.00 Uhr im Internetcafe sein, Gabi sitzt in Wien in einem Internetcafe und wartet auf Michis Signal.

Wir packen unsere Sachen, ich nur mit einer Badehose bekleidet, führe meine Kleidung in einem Sackerl mit, um sie vor Spritzwasser zu schützen. Als wir uns dann am Strand ankleiden wollen, merke ich zu meinem Entsetzen, dass ich mein Leiberl vergessen habe. Zurück zur Tattoo will ich aber nicht mehr. Doris von der Red Man Bar ist meine Retterin. Aus einer Kollektion der aktuellen Sommermode suche ich mir ein Hemd im Hawaii-Look aus. Sehr bunt!

Nach dem obligatorischen Besuch im Internetcafe holen wir uns nochmals etwas Nahrhaftes von Chicken Barns. Gehobene Fast-Food-Küche. In der Red Mans Bar wird heute schon für den Weihnachtstag geprobt. Keyboarder und Vokalist singen bekannte und unbekannte Weihnachtslieder, zeitweise vom Publikum mit Gesang unterstützt. Wir verlassen die Runde heute aber nicht zu spät, denn morgen wird es sicher später werden. Heute wirklich ausklarieren. Proviant für die nächsten Tage besorgen. Aus dem Internetcafe daheim anrufen, die letzten Emails vor Weihnachten versenden.

Und abends große Weihnachtsparty in der Red Mans Bar. Die Engländer kommen, die Schweizer kommen, die Holländer kommen, die Deutschen kommen und wir kommen auch.


24.12.2008 – Weihnachten in Barbados
Der Tag beginnt um 08.00 Uhr. Es gibt nur ein kleines Frühstück. Um 09.30 stehen wir alle an Land und wollen uns umziehen. Wir fahren nur mehr in der Badehose bekleidet im Dingi, denn man wird unweigerlich nass.

Oje. Mir fehlt etwas. Doch diesmal kann ich Doris nicht bemühen. Eine Hose in passender Größe hat sie sicher nicht. Ich rudere zurück an Bord – der Motor wollte nicht anspringen – hole meine Hose aus der Kabine und nun springt der Motor nach dem ersten Zug an und ich lande nach wenigen Minuten wieder am Strand in feinstem weißen Sand.

Nun eile ich quer durch die Stadt, treffe am Weg zum Hafen Lucy und die anderen von der O’Flo, wir sehen uns heute abends bei Doris und dann gehe ich zuerst zum Hafenkapitän, die erste Station des offiziellen Ausreisens. Dort bittet mich wieder einer der Anwesenden, für ihn noch schnell vor der Ausreise Wodka und Cognac aus dem Duty-Free-Shop zu besorgen. Kein Problem. Er drückt mir unauffällig das abgezählte Geld in die Hand und ich verabschiede mich wieder.

Als ich zurückkehre sind alle Papiere ausgefüllt. Ich zahle meine Gebühr und wünsche ein schönes Weihnachtsfest. Der zweite Weg geht zum Zoll. Hier wartet schon eine kleine Gruppe Franzosen auf die Einreisebewilligung. Nun merke ich erst, dass der Hafenkapitän in die Ausreisepapiere die Anzahl der Crewmitglieder irrtümlich mit vier Personen eingetragen hat. Eine Person zuviel. Kiesl. Leider nicht mehr bei uns! Also nochmals in das Büro des Hafenmeisters, er muss ein neues Formular ausstellen, ist aber kein Problem. Nochmals schöne Weihnachten.

Am Zoll geht aber dann alles sehr flott und freundlich über die Bühne. Dann noch in das Einwanderungsbüro und jetzt dürfen wir noch 24 Stunden im Land bleiben.
Ich gehe den gleichen Weg zurück, den ich gekommen bin. Er führte mich am Volksmarkt vorbei, wo vor allem Obst und Gemüse von den Bauern Barbados angeboten wird.

Ich besorge hier unser Obst - Bananen, Äpfel, Weintrauben und eine frische Ananas. Brot.

Dann ein letztes Mal in unser Internetcafe. Der Besitzer kennt unsere Homepage auch schon. Ich habe ihm die Bilder von Barbados gezeigt und er hat mir dazu ein paar Informationen gegeben.

Als ich schon etwas spät zur Red Mans Bar zurückkehre, steht natürlich kein Dingi mehr am Strand. Ich stelle meine Sachen ab, schwimme an Bord, wo Klaus gerade auf einen Plausch vorbei gekommen ist. Werner holt mit mir meine Sachen an Bord.

Dann breiten wir unsere kleine Bordweihnachtsfeier vor. Es gibt Original Plumpuddig von meiner Mutter mit Puddingsauce. Die Zubereitung der Puddingsauce übernimmt Werner, während ich ein Foto von Doris aus der Red Mans Bar ausdrucke und rahme, als kleines Weihnachtsgeschenk für den heutigen Abend. Ich hatte das Glück, Doris gestern Abend in guter Laune ablichten zu können.

Wir stellen den seefesten-Weihnachtsbaum von Pitty auf, darunter liegen Geschenke für mich! Von wem wohl? Werner hat auch Geschenke von daheim. Von Michi ein Geschenk für Werner und mich. Nur Michi geht leer aus. Dafür haben Michi und Werner im Anglerladen Köder und eine neue Angelleine gekauft. Dieses liegt auch unter dem Baum.

Wir genießen den Plumpudding mit Kaffee, anschließend müssen wir etwas rasten, die Puddingcreme war sehr üppig. Um 18.00 legen wir mit dem Dingi ab. Ziel ist die Weihnachtsparty in der Red Mans Bar. Wir sind einer der Ersten. Nach und nach treffen eine Menge Menschen ein, die meisten von den Segelyachten, die ebenso in der Carlisle Bay ankern. Am Holzofengrill liegt ein Spanferkel und Kartoffel, daneben warten Gemüse und Reise auf hungrige Mäuler.

Es ist ein lustiges Fest. Wir unterhalten uns mit den Engländern von der O’Flo – Tobi, Lucy, Tammy (www.oflo.co.uk), Scott, Maggie und Kyron aus Neuseeland, mit der Schweizer Familie aus der Nähe von Bern – Markus und Franzi, Remo und …?, mit Klaus, mit den beiden Deutschen von der „Ausreisser“, mit Cecil, die uns ein Buch über Wien geschenkt hat, und und und. Zirka um drei treffen wir auf der Tattoo ein.

Es war ein sehr schöner Abend, aber Weihnachten daheim kann er nicht ersetzen!


25.12.2008 – Der Tag danach
Aufstehen um 10.00 Uhr – muss das sein. Ja, das muss sein, wir müssen heute ausreisen und wollen morgen in Tobago sein. Nur ein ganz spartanisches Frühstück gönnen wir uns heute.

20 Minuten nach zwölf sind wird soweit und lösen die Leinen von unserer Boje. Auf nach Tobago. Schon nach wenigen Seemeilen werden die Wellen sehr hoch, wir schätzen zwischen 4 und 5 Meter, manchmal kommt auch eine heran, die noch höher ist. Der Wind pfeift mit 20 bis 25 Knoten aus Nordost.

Die neue Angelleine muss noch auf die alte Spule. Der Köder wird angehängt und gleich darauf spult Michi die Angelleine von der Spule.

Es ist vielleicht gerade eine Stunde vergangen, als plötzlich ein Ziehen an unserem Bissanzeiger zu sehen ist. Der Dehnung des Gummibandes nach zu schließen, muss es sich um etwas Größeres handeln. Schnell wird alles vorbereitet. Totschläger, Entschupper, Messer, Kübel, usw. Michi holt die Leine langsam ein und Werner rollt sie vorsichtig auf. Immer wieder unterbrochen durch kräftiges und ruckartiges Ziehen an der Leine, je kürzer die Leine wird, umso stärker wird das Zerren, hin und her, nach oben und unten und dann entdeckt Michi die Beute zum ersten Mal. Sprachlosigkeit. Eine Sensation. Ein Blauer Marlin. Dieser kämpft um sein Leben. Michi muss sich mit aller Kraft dagegen stemmen, damit ihm der tobende Fisch die Leine nicht aus der Hand reißt.

Michi nimmt den Totschläger (Holzknüppel in der Form eines verkleinerten Baseballschlägers, den Werner im Zuge seiner Ausbildung an der HTL für Maschinenbau in der Lehrwerkstatt offiziell herstellen durfte – sein Lehrer war auch Fischer) und holt nun zum entscheidenden Schlag aus, nach dem dritten oder vierten ist der grausame Kampf vorbei. Mit einer Schlinge um den Kopf zieht Michi den Riesenfisch an Bord. Ein Kraftakt.

Länger 1,90m, Gewicht geschätzte 30 bis 35kg, Gewicht des reinen Fleisches 20kg (gewogen). Dieses neue Angelzeug ist ein Wahnsinn. Eigentlich sind wir etwas ratlos, was wir mit dieser Riesenmenge Fisch machen sollen. Einkochen? Trocknen? Verschenken?

Zunächst wird der Marlin geschuppt. Im Cockpit sieht es aus wie am Fischmarkt von Mindelo. Überall Schuppen und Blut. Der Schädel mit dem langen dolchartigen Schnabel, die Innereien, die Flossen und Knochen übergeben wir wieder dem Ozean. Das Fleisch wird in große Teile zerlegt und vorerst in Plastik gehüllt und im Kühlschrank gelagert.

Heut Abend gibt’s Blue Marlin-Steaks mit Reis. Wir schneiden uns schöne dicke Steaks von einem der Fleischteile. Mit Olivenöl, Zwiebel und Knoblauch braten wir die Steaks in der Pfanne. Vorher werden diese mit etwas Mehl bestäubt. Die Zubereitung ist anstrengend und kraftraubend, denn das Schiff macht heute die wildesten Bewegungen. Das Fleisch ist jedoch so köstlich und fest, dass auch einige Fluchtversuche vom Teller erfolglos enden.

Dann Nachtwache. Werner hat heute die Wache von 22.00 bis 00.00 Uhr. Dann Michi bis 02.00 Uhr. Dann ich bis 04.00. Und so weiter.


26.12.2008 – Squalls
Unser Radar ist ein sehr wichtiges Instrument. Heute zeigt es uns zwar keine Schiff auf unserem Kurs an, sondern die als Squalls bekannten und gefürchteten winzigen, aber sehr heftigen Gewitterzellen, die für das Auge in der Nacht unsichtbar über den Atlantik ziehen. Man hört sie förmlich näher kommen, am Radar sieht man einen gelb-blauen Lichtpunkt, der sich sehr schnell von hinten annähert.

Dann beginnt der Wind zu heulen. Der Windanzeiger steigt plötzlich auf 20 bis 30, 35, ja sogar bis über 40 Knoten an und es wird rundherum fürchterlich laut. Das Schiff beschleunigt von 2,5 auf 5 Knoten, wir haben die Segelfläche rechtzeitig reduziert, und dann beginnt es zu regnen. Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei. Es ist heute stockfinstere Nacht. Kein Mond ist zu sehen. Und immer wieder nähern sich wie aus dem Nichts diese Squalls.

Ich sitze vor dem Steuerstand mit Regenjacke, Schwimmweste bekleidet und mit dem Lifebelt angegurtet im Cockpit, unter dem schützenden Verdeck und warte, dass meine Wache vorbei ist. An Schlaf ist aber heute sowieso nicht zu denken. Ich lese, drehe das Licht aus, versuche zu schlafen, aber es geht nicht. Diesen Vorgang wiederhole ich mehrmals erfolgreich.

Zweite Wache von 08.00 bis 10.00. Noch immer ziehen Squalls über uns. Die Wellen sind fast noch höher als gestern. Immer wieder muss ich den Kurs manuell korrigieren, denn die Windfahne kommt mit den ständig wechselnden Windstärken nicht zurecht.

Nach einem kleinen Frühstück, angepasst an die unveränderte Situation – Wind und Wellen – planen wir die weitere Fahrt nach Tobago. Wir haben noch etwa 40 Meilen vor uns. Es wird wahrscheinlich schon Nacht sein, wenn wir die Hauptstadt von Tobago, Scarborough erreichen.

Gegen 12.30 entdecken wir die Konturen von Tobago am Horizont. Es ist bewölkt und die Sicht ist nicht gut. Aber die grünen Kuppen dieser wunderschönen Insel kommen rasch näher. Ich kenne Tobago schon von meiner ersten Karibikreise vor zehn Jahren und freue mich ungemein, die Insel wieder zu sehen.

Kurz vor 19.00 Uhr erreichen wir den Hafen Port of Scarborough der Hauptstadt Tobagos. Wir werfen neben zwei anderen Yachten den Ankern und freuen uns schon auf das Abendessen: Blue-Marlin, chinesisch im Wok zubereitet.

Gute Nacht. Ich bin nach diesen letzten Nächten wirklich müde.


27.12.2008 – Offizielle Einreise
Wir haben heute viel vor. Zuerst müssen die Einreiseformalitäten erledigt werden. Unseren Fisch müssen wir konservieren oder verschenken, bevor er verdirbt und kleine Einkäufe sind auch noch zu erledigen. Michi übernimmt diesmal die Prozedur der Einreise - kehrt aber nach kurzer Zeit vom Einwanderungsbüro zurück und teilt Werner und mir mit, dass wir auch umgehend vor der Beamtin der Einwanderungsbehörde aufscheinen müssen. Wir waren gerade mitten in den Vorbereitungen zum Einkochen unseres Marlins beschäftigt.

Schnell in die Wäsche hüpfen, alles notwendige Einstecken und mit dem Dinge an Land rudern. Nun sind wir wirklich in der Karibik. Michi hat schon vor der Rückkehr an Bord Kontakte zu Fischern hergestellt. Wir nehmen einen Teil unserer Beute mit an Land und übergeben diese einem netten Burschen mit langen schwarzen Haaren. Er liegt auf einem der Fischerboote und wir bitten ihn, ein Auge auf unser Dingi zu werfen. Seine Freude ist wirklich groß und er zeigt die Fleischstücke herum. Wir haben ihn allerdings nachher nie wieder gesehen.

Der Weg zur Behörde führt entlang eines Flussbettes, an dem sich die Ärmsten der Insel in einfachen Blechhütten, Rohbauten ohne Strom und Fenster einquartiert haben. Mit der hier sehr wichtigen Autowäsche verdienen sie sich ein wenig zum Leben. Tobago ist ein tropischer Genuss – überall üppiges Grün, riesige Bäume mit überdimensionalen Blättern, alles ist bunt, überall hängen Früchte von Bäumen, für jedermann zu ernten! Nicht ganz so tropisch ist es im Emigrationsbüro. Hier müssen wir zuerst eine Unmenge an Formularen ausfüllen, z.B. wie wir bis jetzt den Müll auf unserem Schiff entsorgt haben, usw. Dann müssen wir noch schwören, ja nicht in einer Bucht zu ankern – das ist verboten – die in unserem Hafenführer empfohlen werden.

Anschließend geht’s zum Zoll. Der Zöllner sieht aus wie Jerry Luis. Sehr höflich begrüßt er uns nach allen Einreiseformalitäten in seiner Heimat Tobago. Nun haben wir Teil eins unseres Programms abgeschlossen. Zur Belohnung gönnen wir uns ein Bier in der Pizzeria „Ciao“. Hier gibt es sensationellerweise das Bier in 0,5l-Gläsern.

Claudio aus Mailand ist hier der Koch, allerdings nur mehr bis zum 11. Jänner. Er meint, dass wir unseren Plan, in Trinidad Silvester zu feiern, nochmals überlegen sollten. „The people are very bad in Trinidad!“ Wir sind unschlüssig.

Nachdem wir noch ein paar Lebensmittel im Supermarkt besorgt haben, kehren wir an Bord zurück. Nun muss der Marlin eingekocht werden. Vorher entkeimen wir die Gläser, indem wir sie auskochen. Anschließend wird das würfelig geschnittene Fleisch in die Gläser gefüllt und nun muss jedes Glas im Kochtopf 20 Minuten garen. Dann verschließen und abkühlen lassen.

Endlich können wir an Land gehen. Die Sonne ist mittlerweile untergegangen. Wir rudern in den Fischereihafen von Scarborough, hängen das Dingi an einem verwitterten Eisenring am Betonsteg an und begeben uns in die Stadt. Sobald wir von der Zufahrtsstraße zum Fischereihafen in die Küstenstraße abbiegen, suchen wir zunächst ein Internetcafe.

Jason sieht uns und versucht uns zu helfen, aber heute am Samstagnachmittag haben fast alle Geschäfte schon geschlossen. Nach einer kurzen Runde entschließen wir uns, wieder in die Pizzeria zu gehen. Wir plaudern mit einem Schweizer Paar, die schon seit zwei Wochen Urlaub auf Tobago machen und uns einige interessante Informationen über die Insel geben können.

Es ist schon relativ spät, als wir zu unserem Dingi zurückkehren. An der Stelle, wo die Armen von Scarborough leben, ist heute noch einiges los. Auf der einen Straßenseite kocht sich einer gerade über einem schwachen Feuer eine Suppe aus Wurzeln und einer Brotfrucht. Auf der anderen Seite, wo die Autos gewaschen werden, sitzen Antony und Lennard und laden uns zu sich ein. Wir kommen ins Gespräch. Für Morgen haben wir geplant, die Insel näher kennen zu lernen. Antony kennt da jemanden, der uns mit seinem Auto über die Insel führen kann und ruft ihn an. Und wirklich, nach 10 Minuten erscheint Richard mit seinem Wagen. Nach kurzen Verhandlungen werden wir uns einig und vereinbaren, dass wir morgen am Vormittag anzurufen und er kommt dann in wenigen Minuten, wo wir uns heute getroffen haben. Antony meint, den Anruf erledigt er.

Wir schenken den beiden als Dank für ihre Hilfe unser letztes Stück vom Fisch und sind froh, denn der Geruch nach Fisch an Bord wurde zusehends strenger.


28.12.2008 – Mit Richard quer durch Tobago
Um 07.30 läutet der Wecker. Zeit zum Aufstehen. Ein kleines Frühstück, alles Notwendige einpacken und an Land rudern. Lennard, er bewohnt die Blechhütte an der Flussmündung, hat uns vom Ufer schon zugerufen und gewunken, damit wir rechtzeitig an Land kommen.

Sicherheitshalber ziehen wir unser Dingi an Land und lassen es unter Lennards Aufsicht – das kostet uns 10 TT$ (Trinidad-Tobago-Dollar = ca. 1,50 Euro). Lennard sagt, Antony habe Richard schon angerufen und so warten wir an der Einmündung zur Hauptstraße auf unser Taxi schon gerufen – aber es kommt keines. Nach einer knappen Stunde Warten meint auch Antony, er habe keine Ahnung, wo Richard steckt. Nun rufen wir selbst an, und siehe da, nach wenigen Minuten biegt der weiße Nissan von Richard in die Hauptstraße und bleibt vor uns stehen.

Nun beginnt die Inselrundfahrt. Wir haben gestern schon mit Richard vereinbart, was es kostet und was wir sehen wollen. Zuerst geht es quer über die Insel nach Plymouth, in die ehemalige Inselhauptstadt. Von Fort James aus hat man einen wunderschönen Blick in die Great Courland Bay – benannt nach den Kurländern, die aus dem Baltikum kamen und die Gründer der Stadt sind – ein traumhaft schöner Sandstrand mit Palmen, wie wir aber noch einige andere Strände sehen werden.

Die Fahrt geht über sehr enge und kurvenreiche Straßen an der Küste entlang weiter vorbei an Castara Bay zum Englishman’s Bay, wo wir eine Pause einlegen. Hier waren Michi und ich vor zehn Jahren während unserer damaligen Karibikreise. Es hat sich in der Zeit bis jetzt aber nichts verändert, außer dass nun eine kleine Hütte hier steht, wo selbst hergestellter Schmuck und Kleidung, sowie Speisen verkauft werden. Angeblich hat hier Daniel Defoe’s Robinson Crusoe gelebt. Ich kann es mir gut vorstellen.

Tobago ist mit Ausnahme des Südwestens, wo es relativ flach ist, über und über mit tropischem Wald bedeckt. Auf den wenigen Wiesen weiden Kühe, Schafe oder Ziegen. In den kleinen Dörfern am Weg stehen weit verstreut bunte Holzhütten und kleine Läden, wo man die Dinge des täglichen Bedarfs erhält.

Wir erreichen den Regenwald. Hier hängen auch an Tagen, wo der Himmel sonst wolkenlos ist, immer dunkle Wolken. So auch heute und Richard meinte, wenn es im Regenwald regnet, dann ist der Boden so weich, dass man unweigerlich bis zu den Knöcheln versinkt. Glücklicherweise regnet es nicht, doch der Boden im Wald ist trotzdem total aufgeweicht. Es ist aber phantastisch. Wir gehen eine gute Stunde durch dichtesten Wald. Hindurch unter einem riesiges Blätterdach geht es steil nach oben, dann wieder abwärts, durch kleine Flüsse, und danach sofort wieder in die Höhe. Etwas lehmverschmiert erreichen wir wieder unser Taxi. Leider konnten wir fast keine Tiere sehen, nur einige Vögel waren zu hören.

In Charlotteville haben wir den nördlichsten Punkt unserer Tour erreicht. Hier essen wir Huhn mit Reis und Gemüse. Die Stimmung dieses Ortes ist herrlich. An der Wand im Lokal läuft im Fernsehen gerade ein Spiel der englischen Fussballmeisterschaft und wenige Meter darunter tobt das Meer. Hohe Wellen überschlagen sich kurz vor dem Ufer und ziehen immer wieder tonnenweise Sand mit sich in das Wasser, den sie dann sofort wieder ausspucken.

Fischer kommen mit ihren kleinen Booten ganz nahe ans Ufer, wo sie dann mit aller Kraft verhindern müssen, dass ihr wichtigstes Gut nicht aus dem Wasser geworfen wird. Ein Zweiter hilft beim Ausladen der Beute. Daneben in der kleinen Fischhalle ist reges Treiben und jeder will der Erste sein. Wir fahren nun weiter bis nach Speyside, von wo man mit kleinen Schiffen auf die vorwiegend mit Vögeln bewohnte Insel Little Tobago gelangt.

Der Rückweg führt dann durch etwas dichter besiedeltes Gebiet entlang der Atlantikküste. Wir erreichen Scarbourogh am späten Nachmittag und bedanken uns zum Abschied bei Richard für diese wirklich beeindruckende Inselrunde.

Und dann kehren wir wieder in die Pizzeria ein. Es ist aber leider kaum Auswahl vorhanden, außer KFC oder Chicken-Church. Scarborough ist ein verschlafenes Nest. Wir lernen eine deutsche Familie kennen, die hier auf Tobago ein Haus besitzen. Sie laden uns für morgen zum Duschen ein und wir nehmen dankend an. War der Geruch wirklich nicht mehr zum Aushalten?

Keine Kommentare: